Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c SGB 5 nicht bei Abschluss der Krankenhausbehandlung vor dem 01.04.2007
Orientierungssatz
Die Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c SGB 5 kann nicht beansprucht werden, wenn die Krankenhausbehandlung vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift am 01.04.2007 abgeschlossen worden ist. Die Vorschrift hat keine Rückwirkung. Das ergibt sich aus dem Regelungsinhalt und dem Sinn und Zweck der Norm (Abweichung von LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.05.2009, L 11 KR 5231/08).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 17.03.2009 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 100,- Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 100,- Euro.
Die Klägerin ist Trägerin des St. K Hospitals in U. Dort wurde der bei der Beklagten versicherte I. N. (Versicherter) in der Zeit vom 14.03. bis 15.03.2007 stationär behandelt. Unter Zugrundelegung der DRG G 67 E stellte die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 02.05.2007 für die Behandlung des Versicherten insgesamt 411,73 Euro in Rechnung. Die Beklagte veranlasste daraufhin unter dem 21.05.2007 eine Überprüfung der Notwendigkeit der stationären Behandlung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Nachdem Dr. Q (MDK Nordrhein) die Abrechnung nach Kenntniserlangung von den Nebendiagnosen Tetraparese und Adipositas als ordnungsgemäß erachtet hatte und die Rechnung vollumfänglich beglichen worden war, stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 26.09.2007 eine Aufwandspauschale in Höhe von 100,- Euro in Rechnung, die seitens der Beklagten jedoch nicht beglichen wurde.
Am 07.12.2007 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben und vorgetragen, die Regelung bezüglich der Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs. 1c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der ab 01.04.2007 geltenden Fassung finde auf alle Fälle Anwendung, in denen die Rechnung hinsichtlich der stationären Behandlung nach dem Inkrafttreten der Vorschrift zugegangen sei. Da der Gesetzgeber bei der Neuregelung auf den Zeitpunkt der Abrechnung abstelle, sei es unerheblich, dass der stationäre Aufenthalt des Versicherten vor dem Inkrafttreten der Regelung gemäß § 275 Abs. 1c SGB V erfolgt sei. Die Zahlungspflicht habe der Gesetzgeber ausschließlich an die Minderung des Abrechnungsbetrages gebunden, so dass es auch nicht darauf ankomme, wodurch eine Überprüfung veranlasst worden sei, sondern nur mit welchem Ergebnis sie abgeschlossen worden sei. Es liege deshalb auch keine unzulässige Rechtsausübung vor.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 100,- Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, § 275 Abs. 1c SGB V sei nur anwendbar, sofern das Aufnahmedatum bezüglich der stationären Behandlung nach dem 01.04.2007 liege. Mit der Vorschrift habe der Gesetzgeber auf die Krankenkassen einwirken wollen, ihr Fallmanagement umzustellen und Einzelfallprüfungen gezielter und zeitnah einzuleiten. Das Fallmanagement beginne jedoch nicht mit der Rechnungsstellung, sondern mit der stationären Aufnahme des Versicherten, gegebenenfalls sogar früher, falls auf Antrag vorab über die Kostenübernahme zu entscheiden sei. Die Neuregelung könne nur den vollständigen Fall erfassen, der in der Regel mit der Aufnahme beginne. Außerdem könnten die Krankenhäuser das Datum der Rechnungsstellung beeinflussen. Schließlich stelle die Geltendmachung der Aufwandspauschale im vorliegenden Fall eine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Klägerin sei nämlich ihrer Pflicht zur vollständigen und korrekten Übermittlung der Daten nach § 301 SGB V nicht nachgekommen. Sie habe es versäumt, die maßgeblichen Neben-diagnosen - Tetraparese und Adipositas - zu melden. Bei einer korrekten Datenübermittlung habe die Beklagte keine Veranlassung gehabt, die Erforderlichkeit der stationären Behandlung in Zweifel zu ziehen.
Durch Urteil vom 17.03.2009 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Aufwandspauschale, denn § 275 Abs. 1c SGB V finde nur Anwendung auf ab dem 01.04.2007 begonnene Behandlungsfälle. Aus Gründen der Rechtsklarheit und Praktikabilität könne grundsätzlich nur die zur Zeit der Aufnahme eines Versicherten geltende Rechtslage zur Anwendung kommen. Bei einem alleinigen Abstellen auf den Zeitpunkt der Abrechnung nach dem 01.04.2007 werde überdies dem Krankenhaus eine einseitige Steuerungs- bzw. Missbrauchsmöglichkeit eröffnet. Im Übrigen könne die Klage auch deshalb keinen Erfolg haben, weil es nicht sachgerecht sei, wenn im Fall einer - wie hier - aufgrund unvollständiger Daten ausgelösten Überprüfung das Krankenhaus für den durch die unvollständige Übermittlung ausgelösten Verwaltungsaufwand durch eine Aufwandspauschale entlohnt werde.
Gegen das ihr am 15.04.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.05.2009 Berufung eingelegt....