Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingliederungshilfe. Übernahme von Fachleistungsstunden für ambulant betreutes Wohnen. seelische Störung. Dokumentation der Leistungen
Orientierungssatz
1. Die Zugehörigkeit zum berechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe (§ 53 Abs 1 S 1 SGB 12) ist gegeben, wenn nach schlüssigen Feststellungen eines Gutachtens eine seelische Störung im Sinne des § 3 Nr 2 und 4 der Verordnung nach § 60 SGB 12 - Eingliederungshilfeverordnung (EinglHV) vorliegt, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit zur Folge haben kann.
2. Das Ziel der Hilfe beim ambulant betreuten Wohnen ist umfassend in der Verselbständigung der Lebensführung des behinderten Menschen in seinem eigenen Wohn- und Lebensumfeld zu sehen.
3. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln, vgl. LSG Essen, Urteil vom 25.06.2015 - L 9 SO 24/13 -
4. Es kommt für die rechtliche Beurteilung nicht auf die beabsichtigten, sondern die tatsächlich erbrachten Leistungen bzw. Hilfen an, so dass auf die Betreuungsdokumentationen und Tätigkeitsberichte abzustellen ist. Fehlt es an hinreichend dokumentierten Leistungen, sind diese nach dem zivilrechtlichen Vertrag nicht abrechnungsfähig und können nicht von dem Leistungsträger im Wege des Schuldbeitritts übernommen werden.
5. Hilfeempfänger dürfen nach § 52 Abs 5 in Verbindung mit Abs 2 SGB 12 nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.01.2016 abgeändert und der Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 08.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2013 verurteilt, dem Kläger Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens für die Zeit vom 09.09.2011 bis 15.11.2011 in Höhe von 2.683,80 EUR zu bewilligen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen des ambulant betreuten Wohnens in der Zeit vom 09.09.2011 bis zum 15.11.2011 sowie vom 04.05.2012 bis zum 02.01.2013.
Für den am 00.00.1970 geborenen Kläger ging im September 2011 bei dem Beklagten eine Aufnahmeanzeige des beigeladenen Leistungserbringers ein, in der es u.a. heißt, dass der Kläger seit dem 09.09.2011 im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens betreut werde. Zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen bestanden im streitigen Zeitraum eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gemäß §§ 75 ff. des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für den "Leistungsbereich Ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" vom 19.06.2006 sowie Vergütungsvereinbarungen vom 22.10.2010 und 10.08.2012, für deren Einzelheiten auf Bl. 188 ff, 208 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen wird. Der Kläger bezog im Zeitpunkt der Aufnahmeanzeige Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II und erklärte gegenüber dem Beklagten, nicht über Vermögen oberhalb der Freigrenze von 2.600 EUR zu verfügen. Ferner übersandte er u.a. eine fachärztliche Stellungnahme des Psychiaters Dr. I, in der ausgeführt wird, dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer depressiven Störung leide. Ferner wurde eine Betreuungsvereinbarung mit dem Beigeladenen vom 15.09.2011 sowie eine individuelle Hilfeplanung vom 30.09.2011 für die Zeit vom 09.09.2011 bis zum 31.08.2012 übermittelt, die einen Hilfebedarf von insgesamt 4,5 Stunden wöchentlich auswies. Für die inhaltlichen Einzelheiten wird auf Blatt 27 ff., 32 f. Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Im November 2011 wurde der Kläger infolge eines Kokainfundes vorläufig festgenommen und bei ihm Untersuchungshaft angeordnet. Aus dieser wurde er am 03.05.2012 entlassen. In der Zeit vom 03.01.2013 bis 02.04.2014 befand sich der Kläger als Folge des o.a. Drogenfundes auch in Strafhaft.
Mit Schreiben vom 07.12.2011 bat der Beigeladene den Beklagten um Überprüfung, ob die Kosten für die bis zur Inhaftierung des Klägers geleisteten Fachleistungsstunden übernommen würden und gab einen Überblick über die dem Kläger bisher erbrachten Leistungen. Die Inhaftierung sei in der Nacht vom 12.11.2011 auf den 13.11.2011 erfolgt. Über die Inhaftierung sei er am 15.11.2011 telefonisch informiert worden. Übersandt wurden Nachweise über in der Zeit vom 09.09.2011 bis 23.11.2011 geleistete Fachleistungsstunden. Für die Einzelheiten wird auf Bl. 38 ff. der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Der Beklagte führte in einer an den Beigeladenen gerichteten E-Mail vom 09.03.2012 hierzu aus,...