Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung der Höhe des während einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewährenden Übergangsgeldes
Orientierungssatz
1. Bei der Berechnung des Übergangsgeldes nach § 68 SGB 9 ist für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Leistungsempfänger derjenigen Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die dessen beruflicher Qualifikation entspricht, § 68 Abs. 2 S. 1 SGB 9.
2. Zur Bestimmung der Qualifikationsgruppe ist die Anlage 13 zum SGB 6 heranzuziehen.
3. Entsprechend der letzten Tätigkeit des Versicherten als Wirtschaftfachwirt ist dieser der Qualifikationsgruppe 2 zuzuordnen. Diese Gruppe umfasst den Personenkreis, der sich nach abgeschlossener Ausbildung weitergebildet und einen weiteren Abschluss erworben hat.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30.10.2020 geändert und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des während einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewährenden Übergangsgeldes streitig.
Der am 00.00.1969 geborene kinderlose Kläger ist bei der Beklagten rentenversichert. Er war nach einer abgeschlossenen Ausbildung zum Kaufmann für audiovisuelle Medien im Vertrieb (08/1997 bis 06/2000), zuletzt seit Mai 2013 bei der Firma R GmbH und Co.KG in A versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 24.05.2014 gekündigt. Bereits ab dem 07.04.2014 war der Kläger arbeitsunfähig und bezog bis zum 05.10.2015 Krankengeld, ab dem 02.10.2015 war der Kläger arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld I. Er bestand am 30.06.2015 die Prüfung zum Wirtschaftsfachwirt vor der Industrie- und Handelskammer (IHK) Düsseldorf. Dieser Abschluss ist im Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmen (DQR bzw. EQR) dem Niveau 6 zugeordnet.
Am 16.02.2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Mit Bescheid vom 16.06.2016 wurden ihm diese Leistungen dem Grunde nach bewilligt. Mit weiterem Bescheid vom 28.07.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Integrationsmaßnahme "Büro-Sachbearbeiter" bei der Firma Z in U, an der der Kläger in der Zeit vom 19.07.2016 bis zum 31.08.2016 teilnahm. Hierfür wurde ihm aufgrund eines im Bemessungszeitraum vom 01.06.2016 bis zum 30.06.2016 erzielten tariflichen Arbeitsentgeltes von 4861,04 Euro brutto gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung des Gesetzes vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046, ein Übergangsgeld in Höhe von 71,34 Euro kalendertäglich bewilligt (Bescheid vom 06.10.2016). Im Anschluss an die Integrationsmaßnahme nahm der Kläger am 01.09.2016 eine Tätigkeit als Sachbearbeiter bei der Firma Z auf. Der hierfür in Aussicht gestellte Eingliederungszuschuss wurde nicht beantragt. Der Kläger erhielt von seinem Arbeitgeber nach eigenen Angaben kein Arbeitsentgelt; das Arbeitsverhältnis kündigte der Arbeitgeber zum 31.01.2017. Der Kläger ließ sich deshalb im Berufsförderungswerk B beraten. Ihm wurde eine Umschulung zum Informatikkaufmann empfohlen. Mit Bescheid vom 09.05.2017 bewilligte die Beklagte ihm zur Abklärung der diesbezüglichen beruflichen Eignung eine sechswöchige Arbeitserprobung im Berufsförderungswerk B vom 21.08.2017 bis zum 29.09.2017, im Anschluss daran eine weitere Arbeitserprobungsmaßnahme für eine Qualifizierung zum Verwaltungsfachangestellten (Auswahlverfahren für Schwerbehinderte) vom 22.01.2018 bis zum 26.01.2018 (Bescheid vom 21.11.2017). Übergangsgeld erhielt der Kläger während dieser Maßnahmen nicht. Ihm wurde von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld I gewährt. Der Kläger wurde als nicht geeignet beurteilt und deshalb für die Qualifizierungsmaßnahme nicht vorgeschlagen.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 27.02.2018 eine Weiterbildung für den Beruf des Sozialversicherungsfachangestellten als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, die voraussichtlich vom 25.6.2018 bis zum 24.06.2020 dauern sollte, sowie einen vorab durchzuführenden Reha-Vorbereitungslehrgang vom 19.03.2018 bis zum 24.06.2018. Für den Vorbereitungslehrgang bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 29.03.2018 ein Übergangsgeld in Höhe von 44,87 Euro brutto (abzüglich Beitragszuschlag zur Pflegeversicherung in Höhe von 44,67 Euro netto) kalendertäglich. Dabei legte die Beklagte ein fiktives Arbeitsentgelts nach der Qualifikationsgruppe 2 zugrunde. Die fiktive Berechnung erfolgte, weil die Anforderung von Entgeltbescheinigungen bei der Firma Z und beim Kläger erfolglos blieb. Der Kläger legte gegen den Bescheid am 12.04.2018 Widerspruch ein: Es sei das bei der Firma R GmbH und Co. KG erzielte Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, weil er den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bereits am 16.02.2016 gestellt habe. Die zeitliche Verzögerung bei der Bewilligung dürfe sich für i...