Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Bestimmung des Klagegegners. Sozialhilfe. stationäre Krankenhausbehandlung. Eilfall. Nothelfer. Erstattung von Aufwendungen Anderer. Antragstellung innerhalb angemessener Frist. vorsorgliche Anmeldung. keine Sicherung des Erstattungsanspruchs
Orientierungssatz
1. Richtiger Klagegegner für den Erstattungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger ist der beklagte Kreis als materiell-rechtlich verpflichteter Rechtsträger und nicht der Landrat (Abweichung von BSG vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 8/06 R = SozR 4-1300 § 44 Nr 11). Aus § 3 SGGAG NW iVm § 70 Nr 3 SGG ergibt sich keineswegs, dass der zunächst beklagte Landrat auch der richtige Klagegegner ist. Denn eine der Vorschrift des § 78 Abs 1 Nr 2 VwGO vergleichbare Regelung zur Bestimmung des richtigen Klagegegners fehlt im SGG. Dies gilt für das Land NRW ebenso hinsichtlich einer § 5 Abs 2 VwGOAG NW entsprechenden Norm. Es ist daher für die Bestimmung des richtigen Klagegegners weiterhin von dem den öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen konzeptionell einheitlich zu Grunde liegenden Rechtsträgerprinzip auszugehen (vgl LSG Essen vom 25.2.2007 - L 20 SO 31/07 = Breith 2008, 709).
2. Die vorsorgliche Anmeldung eines Erstattungsanspruchs durch ein Krankenhaus als Nothelfer gem § 25 S 1 SGB 12 bzw § 121 S 1 BSHG gegenüber dem Sozialhilfeträger ist grundsätzlich geeignet, dem Erfordernis einer Antragstellung in angemessener Frist nach § 25 S 2 SGB 12 bzw § 121 S 2 BSHG gerecht zu werden.
3. Die vorsorgliche Anmeldung eines Erstattungsanspruchs sichert den Erstattungsanspruch allerdings dann nicht, wenn dabei auf die zeitgleiche Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Krankenkasse hingewiesen wird mit dem Zusatz, man komme gegebenenfalls auf den Anspruch zurück, und die nächste Äußerung erst eineinhalb Jahre danach folgt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 31.05.2007 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Erstattung von stationären Krankenhauskosten in Höhe von 3.768,50 Euro.
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus in I. Am 20.08.2003 wurde die Zeugin N (im Folgenden Zeugin), geb. 00.00.1981, mit den Aufnahmediagnosen Salpingitis und Oophoritis akut (Eileiter- und Eierstockentzündung) zur stationären Behandlung aufgenommen und verblieb bis zum 30.08.2003 im Krankenhaus.
Die Zeugin, die bis zum 10.4.2003 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) von der Stadt I bezogen hatte (Einstellung wegen Arbeitsunwilligkeit mit Bescheid vom 10.4.2003), erklärte bei ihrer Aufnahme, sie sei gesetzlich bei der AOK Rheinland krankenversichert.
Mit Telefax vom 29.8.03 übermittelte die Klägerin dem Versicherungsamt der Stadt I unter Bezugnahme auf § 37 BSHG eine "vorsorgliche Anmeldung", in der ausgeführt wurde:
"Für oben genannte Patientin wurde ein Kostenübernahmeschein nicht vorgelegt, auch der bestimmungsgemäße Vorschuss nicht geleistet. Eine Abweisung war ohne erhebliche Gefahr für die Patientin nicht möglich. Unter Bezugnahme auf § 37 BSHG erfolgt die vorsorgliche Anmeldung. Eine Kostenübernahme durch die AOK Rheinland ist noch nicht geklärt. Im Falle der Ablehnung kommen wir ggf. auf diese Angelegenheit zurück."
Der Anmeldung beigefügt war ein an die AOK Rheinland gerichteter Antrag auf Erteilung einer Kostenbewilligung.
Mit Schreiben vom 18.09.2003 teilte die Stadt I der Klägerin mit, der Antrag werde zuständigkeitshalber an den Beklagten zur Entscheidung weitergeleitet, von dort erfolge weitere Nachricht. Rückfragen seien an den Beklagten zu richten.
Ende März 2004 wurde der Vorgang bei der Beklagten im Archiv mit dem Vermerk: "kein Antrag eingegangen" abgelegt.
Unter dem 2.3.2005 übersandte die Klägerin der Stadt I - ohne Anschreiben - per Telefax eine Rechnung vom 11.9.2003 über die Kosten der stationären Behandlung der Zeugin in Höhe von 3.768,50 EUR.
Mit Bescheid vom 05.04.2005 lehnte der Beklagte die Übernahme entsprechender Kosten ab. Eine Kostenübernahme scheide wegen nicht erfolgter Antragstellung und ungerechtfertigter Fristversäumnis aus. Eine Frist zur Vorlage des Kostenübernahmeantrages von 3,5 Monaten sei als angemessen zu betrachten. Die Klägerin habe unter dem 29.8.2003 eine vorsorgliche Anmeldung eingereicht und mitgeteilt, sie komme im Falle der Kostenablehnung durch die AOK auf die Angelegenheit zurück. Ein Kostenübernahmeantrag nach der Ablehnung der Kostenübernahme durch die AOK Rheinland sei zu keinem Zeitpunkt eingereicht worden. Erst nach 1 1/2 Jahren habe die Klägerin eine Rechnungskopie vom 11.9.2003 bei der Stadt I eingereicht, offensichtlich mit der Absicht, die Kosten erstattet zu bekommen.
Mit Widerspruch vom 14.04.2005 verwies die Klägerin auf eine Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.5.2000 (22 A 1560/97). Danach reiche eine vorsorgliche Anmeldung aus. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung...