Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücküberweisung von für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf dessen Konto überwiesenen Rentenleistungen durch das Geldinstitut bei durchgehend im Soll befindlichen Konto und Gewährung eines Dispositionskredits. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Bei einem durchgehend im Soll befindlichen Konto stellt die Gutschrift einer Rentenzahlung eine Verwendung zur Befriedigung eigener Forderungen iS von § 118 Abs 3 S 4 SGB 6 dar (vgl BSG vom 13.12.2005 - B 4 RA 28/05 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 2 und BSG vom 9.12.1998 - B 9 V 48/97 R = BSGE 83, 176 = SozR 3-2600 § 118 Nr 4).
2. § 118 Abs 3 S 4 SGB 6 stellt keinen Ausnahmetatbestand zu § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 dar (Entgegen BSG vom 1.9.1999 - B 9 V 6/99 R = BSGE 84, 259 = SozR 3-2600 § 118 Nr 5).
3. § 118 Abs 3 SGB 6 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl LSG Essen vom 22.8.2005 - L 3 R 98/05 und LSG Essen vom 25.10.2006 - L 8 R 139/05).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 06.10.2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin einen Betrag von 325,23 EUR nach § 118 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu erstatten hat.
Die Versicherte N T (Versicherte) bezog von der Klägerin eine Rente in Höhe von zuletzt 401,93 EUR netto. Sie unterhielt bei der Beklagten ein Girokonto mit der Kontonummer 001. Die Beklagte hatte der Versicherten einen Dispositionskredit in Höhe von 1.300,00 EUR eingeräumt. Die Versicherte verstarb am 00.01.2004.
Am 30.01.2004 ging die Rente für Februar 2004 in Höhe von 401,93 EUR auf das Girokonto der Versicherten ein. Nach Angaben der Beklagten belief sich der Kontostand nach der Gutschrift der Rente auf 281,04 EUR Soll. Die Kontoauszüge wiesen für die Zeit vom 20.01. - 17.02.2004 folgende Einträge auf:
Buch Wert Vorgang Umsatz
Kontostand 644,38 -
20.01: Lastschrift 23,97 - 20.01: Auszahlung 300,00 - 26.01: Gutschrift 8,16 + 29.01: Gutschrift 39,20 + 30.01: Lastschrift C-AG 49,69 - 30.01: Gutschrift 287,71 + 30.01: Rente 401,93 + 02.02: Lastschrift K Fernsehdienst 17,20 - 02.02: Lastschrift N T 315,54 - 03.02: Lastschrift C Breitbandnetz 8,07 - 17.02: Lastschrift U Buchhaltung 21,07 - 17.02: Lastschrift Diakoniezentrum 15,54 -
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Kontoauszüge Bezug genommen (S. 170-173 GA).
Mit Schreiben vom 11.02.2004 forderte der Renten Service der Deutschen Post als überweisende Stelle die Beklagte zur Zurücküberweisung eines Betrages in Höhe von 395,21 EUR auf. Bei Eingang des Rückforderungsverlangens am 19.02.2004 betrug der Kontostand nach Angaben der Beklagten 658,46 EUR Soll. Mit Schreiben vom 24.05.2004 forderte die Klägerin von der Beklagten einen Betrag von 395,21 EUR unter Berufung auf § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI zurück. Die Beklagte zahlte an die Klägerin einen Betrag von 69,98 EUR (43,67 EUR Kontoführungsentgelt 31.03.2004+ 26,51 EUR Kontoführungsentgelt 11.05.2004) zurück. Des weiteren teilte die Beklagte die Namen der Empfänger der Abbuchungen für die Zeit vom 02.02. bis zum 17.02.2004 unter Angabe der Bankverbindung und der Adressen, soweit bekannt, mit. Sie berief sich auf den Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI, da bis zum Eingang des Rückforderungsverlangens anderweitige Verfügungen in Höhe von 427,11 EUR vom Konto der Versicherten erfolgt seien.
Am 20.09.2004 hat die Klägerin Leistungsklage erhoben.
Sie hat vorgetragen, nach Mitteilung der Beklagten habe sich das Konto der verstorbenen Versicherten nach der Gutschrift der Rente für Februar 2004 im Soll befunden. Die Beklagte sei nach § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI erstattungspflichtig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein Geldinstitut in den Fällen, in denen die Rente auf ein im Soll stehendes Konto überwiesen werde, in jedem Fall erstattungspflichtig. Es handele sich dabei um eine unzulässige Befriedigung einer eigenen Forderung (§ 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI). Es sei deshalb unerheblich, dass nach dem Eingang der Rente wirksam über das Konto verfügt worden sei und Dritte Beträge aus dem Konto erhalten hätten.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Zahlung eines Teilbetrages beruhe auf einem Versehen. Ein Rechtsgrund für die Zahlung habe nicht bestanden. Die Beklagte hat sich auf sich auf den Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI berufen. Sie hat sich auf die Entscheidung des 9. Senats des BSG (Urteil vom 09.12.1998, - B 9 V 48/97 R -) gestützt und die Auffassung vertreten, dass die bloße Verbuchung einer Rentenzahlung auf ein debitorisches Konto einer Rentenbezieherin keine Verwendung zur Befriedigung einer eigenen Forderung im Sinne § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI darstelle. Auch stehe die Vorschrift des § 55 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) in...