Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots

 

Orientierungssatz

1. Voraussetzung des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses nach §§ 109 Abs. 4 S. 3 SGB 5, 7 KHEntgG, 17b KHG ist, dass der Versicherte während der Dauer des Krankenhausaufenthalts der stationären Krankenbehandlung bedurfte. Dies richtet sich allein nach medizinischen Erfordernissen im konkreten Einzelfall.

2. Waren bei einer Wirbelsäulenerkrankung des Versicherten die ambulanten Behandlungsansätze nicht ausgeschöpft und wäre eine multimodale Schmerztherapie durchzuführen gewesen, so hat eine Indikation für eine stationäre Behandlung nicht bestanden.

3. Die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots verlangt, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind. Wählt das Krankenhaus einen unwirtschaftlicheren Behandlungsweg, so kann es allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre (BSG, Urteil vom 28.3.2017, B 1 KR 29/16 R).

4. Stellt sich die vom Krankenhaus gewählte Schmerztherapie aber als nicht indizierte Methode dar, so ist ein Vergütungsanspruch des Krankenhauses ausgeschlossen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 03.12.2018 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.968,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2015 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auf 1.968,39 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig sind stationäre Behandlungskosten i.H.v. 1.968,39 EUR.

Der bei der Klägerin versicherte F T, geb. am 00.00.1960 (im Folgenden: Versicherter), befand sich auf Grund einer Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 15. Januar 2014 durch die den Versicherten behandelnden Orthopäden Dr. B. K, Dr. R. P, R. F1, Dr. Th. G und Dr. C. N/Solingen (Einweisungsdiagnosen: Postlaminektomie-Syndrom bei Z.n. Spondylodese L4/5) in der Zeit vom 10. bis 14. März 2014 in vollstationärer Behandlung im Krankenhaus der Beklagten.

Die Aufnahme am 10. März 2014 in der Klinik der Beklagten erfolgte "vereinbarungsgemäß zur weiteren Diagnostik und Therapie", nachdem zuvor am 18. Februar 2014 und 4. März 2014 jeweils eine ambulante Vorstellung erfolgt war. Im Aufnahmebogen vom 10. März 2014 werden seit 4 Monaten bestehende, ins Gesäß und linke Bein ausstrahlende Schmerzen ("Gluealgie", "lat. OS+US bis Fußaußenrand") sowie Gefühlsstörungen ("brennender Schmerz", "unter der Fußsohle li ob eine Beule unten wäre") angegeben, welche durch eine bestehende Schmerzmedikation ("Tramal 100 1-0-1", "Tilidin 200/16 bei Bedarf") und das Antikonvulsivum Pregabalin ("Lyrica hat nicht geholfen") nicht hätten beherrscht werden können.

Vom 11. bis 13. März 2014 erfolgte eine interventionelle Schmerztherapie und -diagnostik. In den OP-Berichten der Eingriffe finden sich die Diagnose "Lumboischialgie re., Lumbosacrale Übergangsstörung letzte freie Etage, Zustand nach Spondylodese L3-L5, Nearthros L5 li." und die jeweils durchgeführte Operation "Interventionelle Schmerztherapie und -diagnostik L1/L2, L2/L3 bds.: Arthrographie und Stimulation Zygoapophysealgelenke, selektive Screeningsblockade Zygoapophysealgelenke, schmerztherapeutische Periduralanästhesie" bzw. "Interventionelle Schmerztherapie und -diagnostik L4/L5, L5/S1: Neurostimulation mit ventraler Epidurographie und Radikulographie, intradiskale Therapie, schmerztherapeutische Periduralanästhesie".

Der Entlassungsbericht der Beklagten vom 13. März 2014 führte folgende Diagnosen auf:

Lumboischialgie rechts

lumbosacrale Übergangsstörung letzte freie Etage

Zustand nach Spondylodese L3 - L5

Nearthros L5 links

Neurologie: Lumboischialgie links, S1 - Syndrom links im Sinne einer Sensibilitätstörung im Kenndermatom und einem erloschenen ASR. Keine motorischen Defizite. S1 - Neuralgie links.

In therapeutischer Sicht seien folgende Maßnahmen durchgeführt worden: diagnostische Abklärung, interventionelle Schmerztherapie und -diagnostik, analgetische Medikation, Infusionstherapie, krankengymnastische Übungsbehandlung, balneo-physikalische Therapiemaßnahmen.

Die stationäre Aufnahme sei vereinbarungsgemäß erfolgt zur weiteren Diagnostik und Therapie der seit Dezember 2013 aufgetretenen Glutealgien mit Ausstrahlung in den lat. Oberschenkel und Unterschenkel bis in den Fußaußenrand. Es bestehe ein Zustand nach zweimaliger endoskopisch interlaminärer Nukleotomie der letzten freien Etagen von April 2011 sowie vom November 2011, jeweils linksseitig, wovon der Versicherte bis Februar 2012 gut profitiert habe. Es bestehe ein Zustand nach Spinalkanalerweiterung und Spondylodese der letzten zwei freien Etagen im Februar 2013, wovon der Versicherte bis September 2013 sehr...

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