Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. multimodale Schmerztherapie. Krankenhausbehandlung. stationäre Rehabilitation. Abgrenzung

 

Orientierungssatz

Zwischen der stationären Behandlung in einem Akutkrankenhaus und einer solchen in einer Rehabilitationseinrichtung besteht kein Stufenverhältnis. Es handelt sich vielmehr um eine Aliud-Leistung. Die Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlung und stationärer medizinischer Rehabilitation sind fließend. Deshalb kann eine Unterscheidung im Wesentlichen nur nach der Art der Einrichtung, den Behandlungsmethoden und dem Hauptziel der Behandlung getroffen werden, die sich auch in der Organisation der Einrichtung widerspiegeln (vgl BSG vom 20.1.2005 - B 3 KR 9/03 R = BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4).

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 03.07.2020 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 4.398,09 Euro nebst Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.06.2014 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird endgültig auf 4.398,09 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Kosten einer vollstationär durchgeführten Krankenhausbehandlung.

Der Beklagte ist Träger der nach §§ 108, 109 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenen Klinik für Manuelle Therapie in I. In der Zeit vom 11. bis zum 30. November 2013 wurde dort die bei der Klägerin gesetzlich versicherte, 1967 geborene und als Altenpflegehelferin tätige Patientin E (Versicherte) aufgrund sich seit 2012 verstärkender Schmerzen im Lumbalbereich zur Durchführung einer multimodalen Schmerztherapie vollstationär aufgenommen (Verordnung vom 28. Oktober 2013).

Als Aufnahmediagnose hielt der Beklagte ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom bei Chondrose L4/L5, arthromuskulärer Dysbalance in der LBH Region, eingeschränkter Hüftrotation rechts, druckschmerzhaftem ISG rechts, Facettendruckschmerz L4/L5 und L3/4, spinaler Enthesiopathie L4/5 und L3/4 sowie ein chronisches Cervikobrachialsyndrom, eine Omarthrose bds. und als Nebendiagnose das Von-Willebrand-Syndrom Typ l fest. Es wurde eine Schmerzanamnese durchgeführt. Die Versicherte gab als bereits durchgeführte Therapien Eigensport, Cortison, Diclofenac, Infusionen, Krankengymnastik, Streckbehandlung, Massagen und Fango an. Bei ihr wurde zudem seit dem 24. September 2013 die Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Im Rahmen der Eingangsuntersuchung wurde festgehalten, dass eine "hohe Chronifizierungsgefahr bzw. eine chronische Schmerzerkrankung" bei "V.a. oder Vorhandensein psychosozialer Einflussfaktoren" bestehe. Zudem wurde die "Lebensqualität und/oder Alltagsfähigkeit (als) signifikant beeinträchtigt" eingeschätzt. Es wurde eine Labordiagnostik, ein EKG sowie eine Funktionsdiagnostik (Stabilometrie, Laufband), eine Ultraschalluntersuchung und eine radiologische Funktionsaufnahme der Schulter angeordnet. Ausweislich der interdisziplinären Teambesprechung anlässlich der Aufnahme lag die Therapierelevanz vorrangig auf der psychologischen und sozialen Ebene. Ab der 2. Woche sollte wöchentlich eine Psychotherapie (1x60 Min) stattfinden. Zudem wurden verschiedene Gruppenbehandlungen, Elektrotherapie und Kombinationstherapien angeordnet. Ferner sollten Diclofenac 75mg bei Bedarf und Celebrex (2x100mg/Tag in den ersten 10 Tagen) gegeben werden.

Bei der Versicherten konnte eine Besserung bereits nach einer Behandlungswoche erzielt werden (interdisziplinären Teambesprechung vom 21. November 2013). Der psychotherapeutische Fokus wurde auf die Förderung eines biopsychosozialen Krankheitsverständnisses und die Vermittlung schmerzbezogenen Wissens gelegt (Abschlussbericht der Abteilung Psychotherapie vom 26. November 2013). Darüber hinaus wurde das Krankheitsverständnis unter dem Aspekt der Selbstfürsorge reflektiert worden. Empfohlen wurde die Integration entspannungsfördernder Aktivitäten in den Alltag.

Im Entlassungsbericht vom 30. Dezember 2013 wurden ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom bei Chondrose L4/L5, muskulärer Dysbalance in der LBH Region, eingeschränkter Hüftrotation rechts, druckschmerzhaftem ISG rechts, arthroligamentären Überlastung mit Facettenreiz und interspinöser Enthesiopathie L4/5 und L3/4, Störung der Tiefenstabilisation und Bewegungskoordination und eine Omarthrose bds. als Diagnosen benannt. Es sei eine Schmerzlinderung um ca. 55% gegenüber der Ausgangslage eingetreten. Es bestehe auch eine funktionelle Besserung gegenüber dieser (z.B. Treppensteigen). Zudem wurden Empfehlungen zur Stabilisierung des Heilerfolges gegeben.

Im Anschluss stellte der Beklagte der Klägerin am 5. Dezember 2013 unter Zugrundelegung der Diagnosis Related Group (DRG) I42Z (Multimodale Schmerztherapie bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) 4.398,09 EUR für die erbrachten Leistungen in Rechnung (Schriftsätze vom 2...

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