Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen von Unfallversicherungsschutz bei Teilnahme an einer schulischen Veranstaltung
Orientierungssatz
1. Ein unfallbringendes Ereignis steht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8b 1. Alt. SGB 7 als Schul-Arbeitsunfall unter Unfallversicherungsschutz, wenn es dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule unterfällt. Dies ist der Fall, wenn eine Veranstaltung in den konkret geltenden Lehrplan aufgenommen worden ist (BSG Urteil vom 26. 11. 2019, B 2 U 3/18 R).
2. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so ist entscheidend, ob es sich um eine organisatorisch von der Schule als Schulveranstaltung getragene Unternehmung handelt. Maßgeblich ist dabei das Gesamtbild der Veranstaltung unter Berücksichtigung ihrer Planung, Ankündigung und Durchführung.
3. Ist eine Schulpflegschaftsveranstaltung, ausgehend von der Einladung zu einem Eltern-Kind-Nachmittag erkennbar ausschließlich dem rein privaten elterlichen Verantwortungsbereich zuzuordnen, so steht eine solche Veranstaltung nicht unter dem Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 8b SGB 7. Vielmehr handelt es sich um eine private Freizeitveranstaltung.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 18.12.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der 2005 geborene Kläger am 25.06.2016 einen versicherten Schul-/Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) erlitten hat.
An diesem Tag fiel der Kläger auf dem Bauernhof der Eltern eines Klassenkameraden aus der Kabine eines anfahrenden Traktors mit dem Gesicht auf die Deichsel des Anhängers. Dabei erlitt er u. a. Gesichtsverletzungen und -frakturen, Zahnschädigungen und eine Querfortsatzfraktur des LWK 4.
Die Krankenkasse des Klägers meldete am 25.07.2017 bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch an. Es werde angenommen, dass der Kläger wegen eines Arbeitsunfalls erkrankt sei. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt Schüler der Realschule A gewesen. Unfallbetrieb sei die Schülerpflegschaftsveranstaltung der Realschule auf dem Hof F, F-Straße 1, T gewesen. Der Kläger sei bei einer privat organisierten Schulveranstaltung vom Trecker gefallen.
Der Veranstaltung war eine "Einladung zum Eltern-Kind-Nachmittag" (ohne Briefkopf der Schule) vorhergegangen, mit folgendem Inhalt:
"Liebe Eltern der Klasse 5c und Herr N nebst Familie!
Wie bereits angekündig möchten wir mit euch am Samstag den 25.06.2016 ab 15:00 Uhr, einige nette Stunden verbringen.
Wir beginnen mit Kaffee und Kuchen, danach würden wir gerne einige Spiele für die Kinder und Erwachsenen machen und den Nachmittag dann mit Würstchen grillen, Salate etc. ausklingen lassen.
Kalte Getränke und Würstchen besorgen wir und würden diese dann einzeln umlegen. Kaffee koche ich (Silvia) hier bei mir (den sponser ich natürlich). Alles andere, wäre super, wenn jeder etwas mitbringt, Tragt euch dazu bitte unten ein und gebt euren Kindern den Abschnitt möglichst schnell wieder mit. Sie können den Abschnitt U F geben.
Ansonsten sollte jeder sein eigenes Geschirr, Tasse, Becher etc. dabei haben.
Wir freuen uns auf ein paar tolle Stunden mit euch!!!!!
Silvia und Tanja!!!!"
Auf Anfrage der Beklagten teilte die stellvertretende Schulleiterin V der Realschule mit, bei der Veranstaltung vom 25.06.2016 habe es sich nicht um eine Schulveranstaltung gehandelt. Dies hätte sie bereits dem Beigeladenen (Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G. (LVM)) mitgeteilt. Daraufhin teilte die Beklagte der Krankenkasse mit, vor dem Hintergrund der Aussage der stellvertretenden Schulleiterin werde der Erstattungsanspruch nicht beglichen.
Mit Schreiben vom 13.03.2018 meldete sich der Beigeladene bei der Beklagten und gab an, anlässlich des Schadensereignisses mit einer bei dem Beigeladenen versicherten landwirtschaftlichen Zugmaschine sei nach ihrer Auffassung die Zuständigkeit der Beklagten gegeben. Der Unfall habe sich im Rahmen eines Klassentreffens ereignet. Während die Eltern mit Bier und Würstchen beschäftigt gewesen seien, sollten die Kinder mit einem älteren Traktor (dem bei dem Beigeladenen versicherten Fahrzeug) und Anhänger eine Rundfahrt machen. Der Kläger habe sich im Führerhaus befunden, dessen Heckfenster geschlossen worden sei. Als das Gespann gerade angefahren sei, habe der Kläger das Heckfenster geöffnet, weil er seinen Klassenkameraden etwas zurufen wollte. Durch die Bewegung des Fahrzeuges beim Anfahren habe er seinen Halt verloren und sei aus dem Heckfenster mit dem Gesicht auf die Deichsel des Anhängers gestürzt. Nach Auffassung des Beigeladenen habe es sich um eine schulische Veranstaltung gehandelt. Der Nachmittag sei von den Elternpflegschaftsvorsitzenden organisiert worden, von denen eine die Ehefrau des Versicherungsnehmers, die andere die Mutter des Klägers gewesen sei. Eingeladen worden seien (nur) die S...