Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Verfassungsmäßigkeit des Rechnungsabschlags nach § 8 Abs 9 KHEntgG

 

Orientierungssatz

Der im Krankenhausbereich eingeführte Abschlag in Höhe von 0,5% des Rechnungsbetrages gem § 8 Abs 9 S 1 KHEntgG idF des GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 2007, 378) ist sowohl formell als auch materiell verfassungskonform.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.04.2010; Aktenzeichen B 3 KR 10/09 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18. Dezember 2008 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin (Kl) begehrt nur noch Restvergütungsansprüche über zusammen 13,92 EUR für drei Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten (Bekl) im Zeitraum zwischen dem 10.09. und dem 24.10.2007. Umstritten ist nur, ob die Kl auf ihren Rechnungen einen mit Wirkung vom 01.01.2007 eingeführten Rechnungsabschlag in Höhe von 0,5 % des Rechnungsbetrages als sog "Krankenhaus-Sanierungsbeitrag" nach § 8 Abs 9 Satz 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in der Fassung (idF) des Art 19 Nr 2 des "Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl I, 378) vorzunehmen und diesen auszuweisen hatte.

Die Kl ist Trägerin des nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Evangelischen Krankenhauses in V. Sie ist Mitglied der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), die wiederum Mitglied der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) ist. Die Beteiligten haben zwecks Versorgung der gesetzlich krankenversicherten Mitglieder der Bekl mit stationären Krankenhausleistungen einen Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V geschlossen (Vertrag vom 06.12.1996 idF des Änderungsvertrages vom 19.08.1998, vgl Bl 158 f der Gerichtsakte (Sicherstellungsvertrag)), der trotz zwischenzeitlicher Kündigung aufgrund einer Vereinbarung zwischen der KGNW und den Verbänden der Krankenkassen, deren Mitglied die Bekl ist, vorläufig bis zur Neuregelung des Vertragsverhältnisses weiter gilt (vgl die vom Senat eingeholte Auskunft der KGNW vom 24.02.2009). Danach richtet sich die Rechnungslegung einschließlich der Zuzahlungen gemäß § 39 Abs 4 SGB V nach der Datenübermittlungs-Vereinbarung gemäß § 301 Abs 3 SGB V in der jeweils aktuellen Fassung.

Auf Bundesebene vereinbarte die DKG mit den Verbänden der Krankenkassen ("Empfehlungsvereinbarung zur Umsetzung der Abschlagsregelung nach § 8 Abs 9 KHEntgG" vom 04.04.2007 idF des Nachtrags vom 13.04.2007), dass der oben genannte (og) Sanierungsbeitrag nach § 8 Abs 9 KHEntgG als Abschlag zur Fortschreibung der Anlage Datenübermittlungs-Vereinbarung gemäß § 301 Abs 3 SGB V auf jeder Rechnung ausgewiesen werden solle. Dabei machte die DGK ausdrücklich folgenden Vorbehalt geltend (Schreiben an den Verband der Angestellten-Krankenkassen eV (VdAK) vom 12.04.2007):

"Der in § 8 Abs 9 KHEntgG geregelte Sanierungsbeitrag, dessen technische Realisierung ein wesentlicher Bestandteil des Nachtrags vom 13.04.2007 ist, ist nach Einschätzung der DKG verfassungswidrig. Er wird daher unberechtigt erhoben und von uns nicht akzeptiert. Die Nachtragsregelung zur technischen Durchführung und entsprechende Rechnungskürzungen erkennen wir daher nur vorläufig und unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Klärung der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Sanierungsbeitrages an."

Dieser Rechtsauffassung schloss sich die KGNW mit Schreiben an die Landesverbände der Krankenkassen in Nordrhein-Westfalen (NRW) vom 04.07.2007 voll inhaltlich an. Mit Schreiben der Kl an die Bekl vom 02.05.2007 behielt sich die Kl aufgrund des von ihr ebenfalls als verfassungswidrig erachteten Sanierungsbeitrages "alle weiteren Rechte" ausdrücklich vor, insbesondere:

" die Geltendmachung der Rückerstattung der einbehaltenen bzw zu Unrecht gekürzten Mittel."

Für den Zeitraum vom 12.07.2007 bis 17.01.2008 übermittelte die Kl der Bekl für erbrachte Krankenhausleistungen auf der Grundlage der Bundesempfehlungen nach der Datenübermittlungs-Vereinbarung nach § 301 Abs 3 SGB V zusammen 35 Schlussrechnungen (Rechnungslegung im Zeitraum 12.07.2007 bis 17.01.2008; Anlage 6 der Klageschrift vom 29.01.2008 vgl. Beiheft zur Gerichtsakte). Zu Gunsten der Bekl wies sie dabei jeweils einen Abschlag von 0,5 % des jeweiligen Rechnungsbetrages nach § 8 Abs 9 KHEntgG von zusammen 552,04 EUR aus und erhielt von der Bekl die entsprechend gekürzte Vergütung ausgezahlt.

Am 29.02.2008 hat die Kl vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund in diesen 35 Behandlungsfällen Klage gegen die Bekl auf Zahlung von Restvergütungsansprüchen in Höhe von noch 552,04 EUR erhoben und sich zur Begründung auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. T aus Juni 2007 (Anlage zum KGNW-Rundschreiben Nr 204/2007 vom 09.07.2007) berufen, wonach die Vorschrift des § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG verfassungswidrig sei.

Die Kl hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 552,04 EUR nebst Zinsen in Höhe ...

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