Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütungsanspruch eines Krankenhauses. Erforderlichkeit der stationären Behandlung bei Einweisung aufgrund eines Unterbringungsbeschlusses zur Feststellung des Gesundheitszustandes. Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5. kein Ausschluss bei Anspruch auf Krankenhilfe nach dem SGB 12. vorangegangene Hilfe bei Krankheit der Sozialhilfe und Gesundheitsfürsorge bei Strafvollzug genügt dem Erfordernis "zuletzt gesetzlich krankenversichert" gewesen zu sein

 

Orientierungssatz

1. Die für den Vergütungsanspruch eines Krankenhauses erforderliche Krankenhausbehandlung iS des § 39 Abs 1 SGB 5 liegt auch dann vor, wenn die Krankenhauseinweisung aufgrund eines Unterbringungsbeschlusses zur Feststellung des Gesundheitszustandes erfolgt (vgl LSG Chemnitz vom 9.6.2004 - L 1 KR 55/03, vgl auch BSG vom 13.5.2004 - B 3 KR 18/03 R = BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2).

2. Ein Anspruch auf Krankenhilfe nach dem Fünften Kapitel des SGB 12 ist von vornherein kein "anderweiter Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" im Sinne von § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 (vgl ua BSG vom 27.1.2010 - B 12 KR 2/09 R = SozR 4-2500 § 5 Nr 10).

3. Die Krankenversicherungspflicht von Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben (sog Auffangpflichtversicherung) und "zuletzt" gesetzlich krankenversichert waren, besteht auch dann, wenn diese Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung der (fraglichen) Auffangpflichtversicherung nicht unmittelbar voranging, sondern zwischenzeitlich eine anderweitige Absicherung gegen Krankheit außerhalb der privaten Krankenversicherung erfolgte. Hierzu zählen ua Hilfe bei Krankheit der Sozialhilfe und Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz (juris: StVollzG), vgl BSG vom 21.12.2011 - B 12 KR 13/10 R = SozR 4-2500 § 5 Nr 15.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.10.2012 geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger 15.283,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 28.12.2011 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 15.283,84 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 15.283,84 EUR.

Der Kläger ist Träger des LVR-Klinikums E, in dem der 1961 geborene K C (im Folgenden: C) in der Zeit vom 23.05.2007 bis 07.08.2007 in der Psychiatrie vollstationär behandelt wurde.

C war von 1983 bis zum Ende 1994 und vom 31.01.2008 bis 31.03.2010 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Bezogen auf den Zeitraum vom 01.01.1995 bis 30.01.2008 ist der Versichertenstatus zwischen den Beteiligten nicht geklärt. C war in dieser Zwischenzeit für einige Jahre obdachlos. Aus der JVA E wurde C aus einer Untersuchungshaft wegen räuberischer Erpressung seit 17.03.2007 am 23.05.2007 entlassen. Auf dem Entlassungsschein wurde vermerkt: "o.f.W. oder nicht gemeldet". C wurde durch Beschluss des Amtsgerichts E (98 XVII B 000) vom 22.05.2007 unter gesetzliche Betreuung gestellt. In der Vergangenheit war er wegen einer paranoid-schizophrenen Psychose zweimal (in der Zeit 30.12.2000 bis 02.01.2001 und im Jahr 2003) im Klinikum des Klägers in stationärer Behandlung. Die Kosten trug jeweils der überörtliche Sozialhilfeträger.

Die Aufnahme (geschlossene Unterbringung) in dem Klinikum erfolgte aufgrund Beschlusses des Vormundschaftsgerichts (98 XII B 000) vom 22.05.2007 bis längstens zum 21.08.2007 wegen der Notwendigkeit der Heilbehandlung unter Verweis auf ein Sachverständigengutachten der Oberärztin X vom 18.05.2007.

Das Klinikum stellte unter dem 24.05.2007 einen Kostenübernahme-Antrag gemäß § 25 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) bei der Beigeladenen.

Am 13.06.2007 zeigte C - auf Veranlassung des Klinikums - eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) zur Beklagten an. Mit Schreiben vom 15.08.2007 teilte der Betreuer des C mit, vor der Untersuchungshaft habe dieser ca. 10 Jahre als Obdachloser auf der Straße gelebt. Er habe keinerlei Einkommen. Ein Antrag auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sei gestellt worden. Der Antrag sei bisher nicht abschließend bearbeitet worden, weil noch klärungsbedürftige Fragen zurzeit nicht geklärt werden könnten, da sich der Betreute trotz Unterbringungsbeschlusses in die geschlossene Abteilung bis zum 21.08.2007 am 07.08.2007 der weiteren Behandlung entzogen habe. Bisher sei er untergetaucht. Die polizeiliche Fahndung laufe.

Auf Anfrage des Klinikums teilte die JVA E unter dem 17.09.2007 telefonisch mit, Angaben zu einem Wohnort vor der Inhaftierung, Sozialhilfeanträgen sowie einer Krankenkasse seien nicht möglich. Das Bundesamt für Justiz nannte in Schreiben vom 25.09.2008 und 13.11.2008 als Anschrift des C, L-straße 00, E.

Unter dem 02.11.2007 übersandte der...

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