Entscheidungsstichwort (Thema)

Das Ablehnungsgesuch gegen einen vom Gericht ernannten Gutachter ist unmittelbar an das Gericht, nicht an den Sachverständigen zu richten

 

Orientierungssatz

1. Bei Bestehen eines Adenoms der Nebenschilddrüse, einer Pankreaszyste, einer Osteoporose, einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz, einer Minderung der Muskelkraft und Ausdauer, einer arteriellen Hypertonie, einer Daumensattelgelenksarthrose, einer chronisch-venösen Insuffizienz mit Stauungsdermatose und Ödembildung, einer sensiblen Polyneuropathie, einer Meralgia paraesthetica und einer Sigmadivertikulose beträgt der Gesamt-GdB 60.

2. Ein Ablehnungsgesuch des Klägers gegen einen Sachverständigen ist bei dem Gericht, von dem der Sachverständige ernannt ist, zu stellen, § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich der Kläger lediglich an den Sachverständigen, nicht jedoch unmittelbar an das Gericht gewandt hat.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.12.2021; Aktenzeichen B 9 SB 42/21 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 30.06.2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Feststellung eines GdB von 100 für die Zeit ab 01.01.2005 in Anspruch.

Der 1956 geborene Kläger leidet im Wesentlichen unter einem Zustand nach Hypophysenteilresektion (aufgrund eines Hypophysentumors) mit daraus resultierender Hypophyseninsuffizienz sowie unter einem Zustand nach Exstirpation der Nebenschilddrüsen. Darüber hinaus wurden u.a. eine Polyneuropathie, eine Muskelschwäche, ein Wirbelsäulensyndrom, eine Hüftdysplasie sowie ein Bluthochdruckleiden diagnostiziert.

Am 05.04.2012 beantragte der Kläger die Feststellung eines GdB für die Zeit ab 01.01.2005. Die Beklagte holte daraufhin einen Befundbericht von dem Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie Dr. T ein, der mitteilte, dass der Kläger unter rascher Ermüdbarkeit und anhaltenden Gewichtsproblemen leide, allerdings übersubstituiert sei. Eine von der Beklagten veranlasste gutachterliche Stellungnahme vom 03.06.2012 gelangte zu der Einschätzung, dass der Gesamt-GdB des Klägers mit 30 anzusetzen sei. Gestützt auf diese Stellungnahme stellte die Beklagte bei dem Kläger für die Zeit ab 05.04.2012 einen GdB von 30 fest (Bescheid vom 12.06.2012).

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger unter Vorlage von Befund- und Behandlungsberichten geltend, dass der bei ihm vorhandene gutartige Tumor mit einem GdB von 50 zu bewerten sei. Unter Berücksichtigung weiterer Leiden sei ein Gesamt-GdB von mindestens 80 festzustellen. Die Beklagte holte ein Gutachten von dem Arzt Dr. T1 ein, der unter dem 22.08.2012 nach ambulanter Untersuchung des Klägers ausführte, dass bei dem Kläger ein nicht operabler Resttumor der Hirnanhangdrüse, ein Zustand nach Nebenschilddrüsen-Operation einschließlich hormoneller Störungen (Einzel-GdB 50) sowie eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei Fehlstellung und sekundärer Osteoporose (Einzel-GdB 40) zu diagnostizieren seien. Der Gesamt-GdB belaufe sich auf 70. Diesem Vorschlag folgend stellte die Beklagte bei dem Kläger für die Zeit ab 01.01.2005 einen GdB von 70 fest (Teilabhilfebescheid vom 24.08.2012). Sodann wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 18.10.2012).

Mit seiner hiergegen am 19.11.2012 bei dem SG Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger an seinem Begehren festgehalten und seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren ergänzt und vertieft. Die Beklagte habe die Beeinträchtigungen durch den nicht operablen Resttumor der Hirnanhangsdrüse, die Nebenschilddrüsenoperation sowie die bestehenden hormonellen Störungen unzulässigerweise zu einer einzigen Beeinträchtigung zusammengefasst und mit einem Einzel-GdB von 50 bewertet. Vielmehr handele es sich um voneinander unabhängige und jeweils mit entsprechenden Einzel-GdB zu bewertende Teilhabebeeinträchtigungen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 12.06.2012 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 24.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 zu verurteilen, bei ihm einen Gesamt-GdB von 100 festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das SG hat von Amts wegen von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S, dem Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin Dr. P und dem Facharzt für Orthopädie Dr. E Gutachten eingeholt.

Der Sachverständige Dr. S hat in seinem Gutachten vom 15.01.2013/10.03.2014 eine Polyneuropathie (Einzel-GdB 20), eine Muskelschwäche (Einzel-GdB 20) sowie eine Läsion des Nervus cutanus (Einzel-GdB 10) diagnostiziert. Insgesamt ist er auf seinem Fachgebiet zu einem Einzel-GdB von 20 gelangt und hat diesbezüglich die Auffassung vertreten, dass sich die Muskelschwäche nicht erhöhend auswirke. Zentrale neurologische Ausfallerscheinungen hätten sich nicht gezeigt.

In seinem G...

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