Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung psychischer Gesundheitsstörungen als Folgen eines Arbeitsunfalls

 

Orientierungssatz

1. Die Gewährung einer Verletztenrente setzt nach § 56 SGB 7 voraus, dass eine MdE des Versicherten durch eine Beeinträchtigung seines körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens gegeben ist, dass diese Beeinträchtigung in Folge des Arbeitsunfalls eingetreten ist und über einen längeren Zeitraum andauernde Unfallfolgen vorliegen.

2. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs genügt Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht.

3. Zur Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge ist Voraussetzung die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern, und zwar aufgrund der anerkannten Diagnosesysteme unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen. Die Feststellung muss nachvollziehbar sein (Anschluss BSG Urteil vom 9. 5. 2006, B 2 U 40/05 R).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 30.07.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung einer höheren und über den 28.02.2006 hinaus zu gewährenden Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 26.06.2003 sowie die Übernahme von Kosten für eine weitere psychotherapeutische Behandlung.

Der am 00.00.1950 geborene Kläger bezieht wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 07.02.1968 (Wegeunfall) Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v. H.

Am 26.06.2003 war er als Beschäftigter in der Stadt-Sparkasse E, Filiale B, anwesend, als es gegen 15:44 Uhr zu einem bewaffneten Raubüberfall kam. Ausweislich des Polizeiberichtes vom 26.06.2003 sowie des Ergebnisses der Zeugenbefragungen hatte eine männliche Person die Herausgabe von Bargeld durch den Kassierer gefordert. Zunächst bedrohte der Täter die Kassiererin der ersten Kasse, indem er durch den Schlitz unterhalb des Sicherheitsglases die Pistole auf sie richtete und "Überfall" rief. Nachdem die Kassiererin der ersten Kasse diese schließen und den Kassenbereich verlassen konnte, wandte der Täter sich einer zweiten Kasse zu. Er schob nochmals die Hand mit der Pistole durch den Schlitz unterhalb des Sicherheitsglases hindurch in Richtung des Kassierers und forderte Geld. Sodann zog er die Hand wieder heraus und schoss an die Decke. Danach schob er eine Tüte durch den Schlitz des Sicherheitsglases und richtete die Waffe wieder auf den Kassierer, ohne sie erneut durch den Spalt zu schieben. Nachdem er die Tüte mit dem Geld bekommen hatte, verließ der Täter die Sparkasse.

Zum Tatzeitpunkt hatte der Kläger seinen Schreibplatz vom Eingang aus gesehen in der hinteren linken Ecke des Raumes hinter einer Trennwand. Nach eigenen Angaben arbeitete er zunächst dort, wollte aber unabhängig vom Geschehen ohnehin gerade aufstehen, um sich hinter den Kassen vorbei über einen Treppenaufgang in den Aufenthaltsraum im ersten Obergeschoss zu begeben. Dabei hörte er, dass jemand "hau ab" bzw. "raus" rief, wobei er nicht an einen Überfall dachte, sondern an einen störenden Hund. Nachdem er hinter der Trennwand hervorgekommen war, nahm er den Täter an der Kasse wahr. Er ging jedoch nicht zurück an seinen Arbeitsplatz, sondern weiter hinter der Kasse vorbei, weil er dachte, dass ihm hinter den schusssicheren Scheiben nichts passieren könne. In dem Moment, als er hinter den Kassen war, fiel der Schuss. Der Kläger ging weiter zu dem Treppenaufgang ins erste Obergeschoss und verständigte von dort über ein Handy die Polizei.

Unter dem 05.08.2013 erstattete die Stadt-Sparkasse E Unfallanzeige. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Rheinische Gemeindeunfallversicherungsverband (im Folgenden: Beklagte), bot dem Kläger mit Schreiben vom 22.08.2013 an, falls er sich durch die Unfallfolgen beeinträchtigt fühle, sich an die beratende Psychologin Frau I aus E zu wenden. Der Kläger nahm dieses Angebot am 29.09.2003 wahr. Unter dem 12.10.2003 erstattete Frau I einen Bericht an die Beklagte, in welchem sie die Diagnosen "F. 43.1 Posttraumatische Belastungsstörung (Retraumatisierung)" und "V.a. Persönlichkeitsveränderung i.R. einer lang andauernden Belastung" stellte. Nach eigenen Angaben sei der Kläger 1968 in einen Verkehrsunfall verwickelt gewesen, ferner sei er im März und im Oktober 1979 bereits Opfer bewaffneter Überfälle bei der Sparkasse gewesen. Wegen einer Bluttransfusion sei er außerdem 1983 an Hepatitis C erkrankt.

Zu den Überfällen im Jahr 1979 konnte die Sparkasse auf Anfrage der Beklagten keine Auskunft mehr erteilen. Gegenüber Sachverständigen berichtete der Kläger später hierzu, dass er bei dem Überfall 03/1979 mit einer Pistole auf der Brust vom Täter per Handzeichen hinauskomplimentiert worden s...

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