Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Leistungspflicht der Krankenkasse für eine biologische Krebstherapie bei Ovarialkarzinom
Orientierungssatz
1. Bei der sog. biologischen Krebstherapie handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode, zu der der Gemeinsame Bundesausschuss nach §§ 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, 135 Abs. 1 S. 1 SGB 5 noch keine positive Empfehlung abgegeben hat.
2. Bei der Behandlung eines Ovarialkarzinoms mit der biologischen Krebstherapie liegt auch kein Systemversagen bzw. kein sog. Seltenheitsfall vor.
3. Mit der Chemotherapie (Caboplatin/Paclitaxel) steht der Versicherten eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung. Damit hat die Versicherte auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98 keinen Anspruch auf Kostenübernahme.
4. Steht eine anerkannte Therapie zur Verfügung, so ist eine Kostenerstattung auch unter dem Gesichtspunkt einer palliativen Behandlung ausgeschlossen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.04.2015 wird zurückgewiesen.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme für eine alternative Krebstherapie streitig.
Der Kläger ist der Ehemann und Alleinerbe der im Jahr 1965 geborenen und am 00.11.2007 verstorbenen N O (Versicherte), die bei der Beklagten als Beamtin freiwillig krankenversichert war. Daneben bestand für die Versicherte eine subsidiäre Beihilfeberechtigung seitens des Beigeladenen aufgrund ihrer Tätigkeit für das Land Hessen.
Bei der Versicherten war im Januar 2005 ein bereits metastasiertes Ovarialkarzinom diagnostiziert worden. Deswegen unterzog sie sich im September 2005 einer Operation, bei der zwei Tumore, die Eierstöcke, die Eileiter, die Gebärmutter sowie die Gallenblase entfernt wurden. Im Oktober 2005 fand die erste Chemotherapie mit Taxol und Carboplatin (palliativ) statt. Jedenfalls seit November 2005 war die Versicherte bei dem Arzt für Naturheilverfahren und Chirotherapie P in Frankfurt am Main in Behandlung und begann am 12.12.2005 mit einer "biologische Krebstherapie".
Mit Schreiben vom 18.12.2005 beantragte die Versicherte bei der Beklagten unter Berufung auf den sogenannten Nikolaus-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98) die Kostenübernahme einer alternativen postoperativen Heilbehandlung. Sie werde die palliative Chemotherapie aufgrund der erheblichen Nebenwirkungen nicht fortführen, zumal sie schulmedizinisch austherapiert sei. Sie beabsichtige, eine Heilbehandlung bei dem Arzt P durchzuführen. Die von ihm verwendeten Medikamente seien nach schulmedizinischen Maßstäben umstritten bzw. die verwendeten Heilmethoden seien schulmedizinisch nicht wissenschaftlich anerkannt. Sie führten allerdings nachweislich bei einem höheren Prozentsatz von Patienten als bei der konventionellen Behandlung zum Erfolg. Die fehlende wissenschaftliche Anerkennung der verwendeten Methoden stehe nach bisheriger Rechtslage einer Kostentragung durch eine gesetzliche Krankenkasse entgegen, dies dürfe sich indes durch den Beschluss des BVerfG in der Sache 1 BvR 347/98 geändert haben. Beigefügt war dem Antrag ein "Vorschlag und Kostenplan" für eine wöchentliche Behandlung bestehend aus Ozontherapie, Vitamin-C-Infusionen, aktiver Fiebertherapie, Ukrain-Infusionen, lokaler Hyperthermie, Laertile-Infusionen, darin hieß es: "Nach Ende der 7-wöchigen Therapie sind weitere Nachbehandlungen notwendig. Diese sollten durchschnittlich 2x/Monat durchgeführt werden."
Mit Schreiben vom 19.12.2005 übersandte die Versicherte einen um Ganzkörperhyperthermie ergänzten Kostenvoranschlag und beantragte Kostenerstattung gemäß § 13 SGB V begrenzt auf ambulante Behandlungen, beginnend mit dem 01.12.2005.
Unter dem 30.04.2006 stellte sie einen weiteren Antrag auf Kostenübernahme und legte einen Kostenplan des Arztes P ab April 2006 vor, nach dem die dort genannten Behandlungen bei ihr vorerst dreimal wöchentlich so lange durchgeführt werden sollten, bis der Tumormarker unter die Höchstgrenze fällt. Die Beklagte teilte der Versicherten mit Bescheid vom 02.05.2006 mit, dass die Kosten für die Ozon-Sauerstofftherapie nicht von ihr übernommen werden könnten, da diese nicht zu den vertraglich anerkannten Leistungen gehöre. Der behandelnde Arzt möge den beigefügten Fragebogen ausfüllen, damit geprüft werden könne, welche Behandlungsmethode in ihrem Fall geeignet sei. Die in der Praxis des Arztes P tätige Ärztin R übersandte mit Schreiben vom 23.05.2006 den ausgefüllten Fragebogen. Danach sei schulmedizinisch nur noch palliativ behandelt, nun aber ein kurativer Behandlungsansatz ergriffen worden. Es liege ausweislich von Einzelfällen in der Literatur und in ihrer Praxis eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung vor. In jedem Fall wirke sich die alte...