Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der Klage bei fehlendem Rechtschutzbedürfnis des Klägers
Orientierungssatz
1. Jede Rechtsverfolgung setzt ein Rechtschutzbedürfnis voraus. Daran fehlt es, wenn die Rechtsverfolgung dem Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (BSG Urteil vom 8. 5. 2007, B 2 U 3706 R).
2. Ist der Kläger nicht mehr bei der beklagten Krankenkasse versichert, so ist mangels eines Sachleistungsanspruchs gegen die Beklagte auch das Bescheidungsinteresse des Klägers und damit das für eine Untätigkeitsklage erforderliche Rechtschutzbedürfnis entfallen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 16.08.2019 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Bescheidung von Anträgen im Rahmen einer Untätigkeitsklage.
Die 2011 geborene Klägerin war bis zum 31.05.2020 über ihren Vater bei der Beklagten familienversichert. Dieser beantragte mit Schreiben vom 13.09.2018 die Übernahme der Kosten für ein "Kompetenzgutachten" für genetische Krankheiten und zur Abklärung der Ursachen für einen Unfall vom 07.04.2017. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.09.2018 ab. Die anschließende Untätigkeitsklage wies das Sozialgericht Köln mit Gerichtsbescheid vom 09.11.2018 als unzulässig ab (Az. S 21 KR 1515/18: L 16 KR 781/18). Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2018 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.09.2018 zurück. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2018 ab (Az. S 23 KR 3548/18: L 16 KR 10/19).
Am 04.06.2019 hat der Vater der Klägerin in deren Namen weitere Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Köln erhoben mit dem Vortrag, es sei bereits im Jahr 2013 sowohl für ihn selbst als auch für die Klägerin ein Antrag auf Kostenübernahme für eine Arzneimittelversorgung mit Leukonom und auf Einholung eines "Generalgutachtens" gestellt worden. Über diese Anträge habe die Beklagte bis heute nicht entschieden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihren Antrag aus dem Jahr 2013 zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, für die Klägerin sei ein Antrag auf Kostenübernahme einer Arzneimittelversorgung mit Leukonom weder aus dem Jahr 2013 noch aus Folgejahren bekannt. Lediglich der Vater der Klägerin habe sich bezüglich seiner Arzneimittelversorgung an sie gewandt. Auch sei kein die Klägerin betreffender Antrag auf Einholung eines Generalgutachtens aus 2013 bekannt. Erstmals am 13.09.2018 habe der Vater für die Klägerin einen Antrag auf Kostenübernahme eines Kompetenzgutachtens gestellt, über den mit Bescheid vom 21.09.2018 entschieden worden sei. Eine Untätigkeit sei damit nicht nachvollziehbar. Die Klage sei zudem unzulässig, weil der das Verfahren betreibende Vater der Klägerin das elterliche Sorgerecht für die Klägerin derzeit nur gemeinsam mit der Mutter ausüben könne. Eine Zustimmung der Mutter zu dem Verfahren liege offensichtlich nicht vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.08.2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Untätigkeitsklage sei unzulässig. Die Klage für die minderjährige Klägerin sei ohne gesetzliche Vertretung erhoben worden (Hinweis auf Beschluss des Senats vom 28.05.2019 - L 16 KR 10/19 - / - L 16 KR 11/19 B -; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020 § 71 Rn. 7 m.w.N.). Eine Zustimmungserklärung der sorgeberechtigten Mutter habe der Vater der Klägerin auch nach Aufforderung des Gerichts (Schreiben vom 11.07.2019) nicht vorgelegt; ebenso keine Bevollmächtigung zur Klageerhebung.
Auch fehle es an dem für die Zulässigkeit einer Klage nach § 88 Abs. 1 SGG erforderlichen vorherigen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes bezüglich der Kostenübernahme für eine Arzneimittelversorgung mit Leukonom aus dem Jahr 2013. Ein solcher Antrag sei für die Klägerin bei der Beklagten nicht gestellt worden. Auch die weitergehende Untätigkeitsklage auf Bescheidung eines Antrages aus dem Jahr 2013 auf Einholung eines Generalgutachtens sei unzulässig. Ein solcher Antrag sei für die Klägerin nicht gestellt worden. Es fänden sich weder Antragsunterlagen aus 2013 in den Verwaltungsakten noch seien entsprechende Unterlagen von der Klägerin vorgelegt worden.
Gegen den am 21.08.2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Vater der Klägerin in deren Namen am 22.08.2019 Berufung eingelegt. Er hat darauf hingewiesen, dass er beim Amtsgericht die Zustimmung zur Untersuchung - wohl im Sinne des beantragten Gutachtens - beantragt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 16.08.2019 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihren Antrag aus dem Jahr 2013 zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuw...