Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Weitergewährung einer bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung
Orientierungssatz
1. Nach bewilligter Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB 6 ist der auf Weiterbewilligung dieser Rente gerichtete Antrag abzulehnen, wenn der Versicherte in der Lage ist, arbeitstäglich sechs Stunden leichte körperliche Arbeiten zu verrichten und die Wegefähigkeit gegeben ist.
2. Dabei hat die Beurteilung des vom Gericht bestellten Sachverständigen Vorrang vor derjenigen der behandelnden Ä'rzte des Versicherten bzw. der Beurteilung der Ärzte einer Reha-Klinik.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.8.2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Weiterzahlung einer Erwerbsminderungsrente.
Der am 00.0.0000 geborene Kläger absolvierte die Hauptschule, erlernte den Beruf des Gärtners und schulte zum Bauzeichner um. Eine weitere Umschulung im IT-Bereich schloss er nicht ab. Die erste Ehe des Klägers, aus der drei Kinder hervorgingen, wurde 2009 geschieden. Seit 2014 ist der Kläger in zweiter Ehe verheiratet.
2001 wurde der Kläger an der Wirbelsäule operiert. Er war verschiedentlich in schmerzmedizinischer und psychiatrischer Behandlung. Bis 2014 konsumierte er Drogen, u.a. Chrystal Meth.
2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte ließ ihn vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie K. sowie vom Internisten und Sozialmediziner Z. untersuchen. K. diagnostizierte eine schwere depressive Episode sowie eine Persönlichkeitsstörung. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten. Z. führte aus, die psychische Problematik stehe im Vordergrund. Die Beklagte gewährte dem Kläger ab März 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet zunächst bis November 2010. Auf wiederholte Weiterzahlungsanträge und jeweils nach Einholung von Befundberichten gewährte die Beklagte wiederholt eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, letztlich bis Januar 2018.
Im Mai 2017 stellte der Kläger erneut einen Weiterzahlungsantrag. Die Beklagte holte Befundberichte ein und ließ den Kläger am 20.12.2017 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie W. untersuchen. Dieser diagnostizierte eine Somatisierungsstörung, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert und ein LWS-Syndrom. Es bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen geklagten Beschwerden und erhobenen Befunden. Der Kläger könne bei gewissen qualitativen Leistungseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch körperlich mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr ausüben. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 16.1.2018 die Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente ab Februar 2018 ab. Der Kläger legte am 1.2.2018 Widerspruch ein. W. habe ihn nicht ernst genommen und seine Angaben falsch wiedergegeben. Die Beklagte holte weitere Befundberichte ein, ließ diese beratungsärztlich auswerten und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.2018 zurück.
Der Kläger hat am 29.10.2018 beim Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Er hat sein Widerspruchsvorbringen wiederholt und vertieft. In seiner Kindheit sei es zu sexuellem Missbrauch durch den Großvater und Misshandlungen durch den Vater gekommen. Außerdem habe er im Heim gelebt. Er habe in erheblichem Umfang Alkohol und Drogen konsumiert.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.1.2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2018 zu verurteilen, ihm ab 1.2.2018 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen weiter zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat Befundberichte vom Facharzt für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde S., vom Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Klinikums V., dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie B., von der Allgemeinärztin F. und Behandlungsunterlagen von der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie des Klinikums V. eingeholt bzw. beigezogen.
Das Sozialgericht hat außerdem von Amts wegen Sachverständigengutachten aufgrund ambulanter Untersuchung am 16.3.2020 vom Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie U. sowie am 23.4.2020 von der Ärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Ärztin für Allgemeinmedizin, Sozialmedizin D. eingeholt.
Der Kläger hat U. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, da dieser sich in vorherigen Verfahren negativ über seine Bevollmächtigten geäußert habe. Das Sozialgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 12.2.2020 zurückgewiesen.
U. hat eine rezidivierend depressive Störung mit So...