rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Detmold (Entscheidung vom 15.11.2000; Aktenzeichen S 2 RJ 59/00)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 15.11.2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Verrechnung im Insolvenzverfahren.

Die Klägerin ist durch Beschluss des Amtsgerichts (AG) Bielefeld vom 28.07.1999 (Az.: 00 JL 000/99) zur Treuhänderin des Vermögens des X O (Versicherter) ernannt worden, der seit dem 01.07.1999 eine Altersrente von der Beklagten in Höhe von monatlich netto 2.106,46 DM zuzüglich Zuschuss zur Krankenversicherung von 110,25 DM und zur Pflegeversicherung von 17,91 DM (insgesamt: 2.234,62 DM) erhält. Aufgrund eines rechtskräftigen Urteils des AG Halle/Westfalen vom 21.09.1983 (Geschäfts-Nr. 0 D 000/83) schuldet X O der beigeladenen Innungskrankenkasse (IKK) Ostwestfalen-Lippe einen Betrag von 3.155,28 DM nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 11.08.1983. Zur Erfüllung dieser Forderung hatte die Beigeladene die Beklagte mit Schreiben vom 06.11.1984 um Verrechnung mit einer möglichen Leistung ersucht. Das Verrechnungsersuchen wurde im Versicherungskonto des X O vorgemerkt. Nachdem die Beklagte dem Versicherten mit Schreiben vom 22.07.1999 Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, teilte sie ihm durch Bescheid vom 20.08.1999 mit, dass der Anspruch der Beigeladenen in Höhe von 3.155,28 DM vom 01.09.1999 an in Höhe von 151,50 DM und ab 01.10.1999 in Höhe von monatlich 141,50 DM bis zur Tilgung der Forderung nach § 52 Sozialgesetzbuch I (SGB I) in Verbindung mit (i.V.m.) § 51 Abs. 2 SGB I mit der Rente verrechnet werde. Nach Kenntnis über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherten X O und Bestellung der Klägerin zur Treuhänderin gemäß § 313 Insolvenzordnung (InsO) erklärte die Beklagte mit Bescheid an die Klägerin vom 10.11.1999, dass sie die mit der Rente des Versicherten begonnene Verrechnung weiterhin in Höhe des pfändbaren Betrages von monatlich 141,50 DM zur Tilgung der Forderung der Beigeladenen verrechne, so dass lediglich ein Betrag von 1.964,96 DM/Monat ausgezahlt werde. Da es sich bei der Altersrente um eine Lohnersatzleistung handele, dürfe gemäß § 114 Abs. 2 InsO auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Aufrechnung (Verrechnung) für die Zeit von bis zu drei Jahren ab Beginn des Insolvenzverfahrens vorgenommen werden.

Mit dem am 19.11.1999 eingelegten Widerspruch wandte die Klägerin ein, dass § 114 Abs. 2 InsO hier nicht anwendbar sei. Denn wie sich aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergebe, sei die Aufrechnung (Verrechnung) nur gestattet, wenn der Verpflichtete eine Forderung gegenüber dem Schuldner habe (Personenidentität). Im konkreten Fall habe aber nicht die Beklagte eine Forderung gegenüber dem Versicherten; vielmehr treibe sie lediglich einen Anspruch der Beigeladenen ein. Deshalb müsse der Pfändungsbetrag weiterhin an sie (die Klägerin) ausgezahlt werden; sie werde auch den bereits überwiesenen pfändbaren Anteil der Rente nicht zurückzahlen.

Durch Bescheid vom 22.03.2000 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die gemäß § 80 InsO zur Beschlagnahme des massezugehörigen Schuldnervermögens führe, habe unter den Voraussetzungen des § 114 InsO keinen Einfluss auf die Zulässigkeit einer bereits begonnen Verrechnung. Da es sich bei der Altersrente des Versicherten um eine Lohnersatzleistung handele, unterliege sie der besonderen Regelung des § 114 Abs. 2 InsO. Danach sei eine Aufrechnung (Verrechnung) mit der Rente zulässig, soweit sie sich auf künftige Leistungen für die Zeit vor Ablauf von drei Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beziehe. Die hier streitige Verrechnung im Sinne des § 52 SGB I setze als eine besondere Form der im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelten Aufrechnung keine Personenidentität zwischen dem Schuldner der Sozialleistungen (Hauptforderung) und dem Gläubiger der Gegenforderung voraus. Dieser aus dem Gedanken der Einheit der Sozialleistungsträger abgeleitete Rechtsgrundsatz beinhalte eine erweiterte Aufrechnungsbefugnis für den Fall, dass ein anderer Sozialleistungsträger als derjenige, der die Leistung erbringt, im Besitz einer Forderung gegen den Leistungsberechtigten ist. Der in der InsO verwendete Rechtsbegriff "Aufrechnung" schließe die Verrechnung nach § 52 SGB I ein. Hiergegen hat die Klägerin am 11.04.2000 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass sich die Beklagte zu Unrecht auf die Vorschrift des § 52 SGB I berufe. Denn wie das Bundessozialgericht (BSG) entschieden habe, richte sich die Aufrechnung im Insolvenzverfahren ausschließlich nach zivilrechtlichen Grundsätzen (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1994, 12 RK 69/93). In der Insolvenz werde die Gläubigergleichbehandlung allein durch das Insolvenzrecht bestimmt. Da die Beklagte keine Forderung gegen den Versicherten (Schuldner) habe (...

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