Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Erfüllung der Anwartschaftszeit. sonstiger Versicherungspflichtiger. Bezug von Erwerbsminderungsrente. Begriff der Unmittelbarkeit. Unterbrechung zwischen zwei Versicherungspflichttatbeständen. Monatsfrist. Einheit der Rechtsordnung
Leitsatz (amtlich)
Unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig im Sinne von § 26 Abs 2 SGB III ist nur derjenige, dessen Versicherungspflicht vor maximal einem Monat geendet hat.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.09.2014 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.
Die Beklagte bewilligte der im Jahre 1964 geborenen Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 01.10.2010 mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen. Wegen Anspruchs der Klägerin auf Krankengeld hob die Beklagte die Bewilligung ab dem 18.10.2010 auf, bewilligte Arbeitslosengeld ab dem 18.03.2011 weiter, stellte die Zahlung von Arbeitslosengeld wegen eines Rehabilitationsaufenthalts der Klägerin ab dem 18.10.2011 erneut ein und bewilligte zuletzt der Klägerin ab dem 16.11.2011 Arbeitslosengeld weiter, dies mit einer Restanspruchsdauer von 149 Tagen.
Mit Bescheid vom 15.02.2012 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, beginnend am 01.05.2012 und befristet bis zum 31.12.2013. Daraufhin hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 08.03.2012 auf mit der Begründung, dass die Klägerin nicht (mehr) mindestens 15 Stunden wöchentlich arbeiten könne und daher der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt bestand noch ein Restanspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von 37 Tagen.
Am 05.12.2013 meldete sich die Klägerin mit Wirkung zum 01.01.2014 erneut arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld, nachdem die Deutsche Rentenversicherung Rheinland den Antrag der Klägerin auf Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente abgelehnt hatte. Mit Bescheid vom 02.01.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld beginnend am 01.01.2014 für die Dauer von 37 Tagen.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein. Der Widerspruch richte sich gegen die festgestellte Anspruchsdauer. Gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) seien Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung, wenn sie bis zum Beginn der Rentenzahlung ebenfalls versicherungspflichtig gewesen seien. Sie habe durch den Bezug der Rente wegen voller Erwerbsminderung einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwirtschaftet, der bei der Dauer des jetzt gewährten Arbeitslosengeldes zu berücksichtigen sei. In der Zeit vom 08.03.2012 bis zum 30.04.2012 habe sie zwar keine versicherungspflichtigen Leistungen erhalten. Die von § 26 Abs. 2 SGB III geforderte Unmittelbarkeit sei aber nicht so auszulegen, dass Versicherungspflicht bis zum Tag vor der ersten Rentenzahlung bestanden haben müsste. Die Klägerin verwies dabei auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31.03.2011 unter dem Az. L 1 AL 43/10. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Innerhalb der Rahmenfrist vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2013 sei die Klägerin nicht versicherungspflichtig gewesen. Die Zeit des Bezugs von Erwerbsminderungsrente begründe keine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung, insbesondere liege kein Fall des § 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB III vor. Es mangele an der erforderlichen Unmittelbarkeit des Bezugs der laufenden Entgeltersatzleistung nach dem SGB III vor dem Bezug der Erwerbsminderungsrente. Das Merkmal der Unmittelbarkeit sei dann nicht erfüllt, wenn - wie hier - der Zeitraum von einem Monat überschritten werde. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung zu § 28a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB III.
Die Klägerin hat am 28.04.2014 Klage beim Sozialgericht Aachen erhoben. Sie hat auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren verwiesen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2014 zu verurteilen, ihr ab 01.01.2014 Arbeitslosengeld für 240 Kalendertage zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat auf Entscheidungen der Landessozialgerichte Hessen und Berlin-Brandenburg hingewiesen, wonach der Begriff der Unmittelbarkeit eine Frist von einem Monat zum Ausdruck bringe. Die Beklagte hat zudem erneut auf die Gesetzesbegründung zu § 28a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB III verwiesen.
Mit Urteil vom 18.09.2014 hat das Sozialgericht Aachen der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Abänderung des streitgegenständlichen Bescheides verurteil...