Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung. Geldzufluss aus Pflichtteilsanspruch. horizontale Berechnungsmethode. einmalige Einnahme. sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. teilweise Aufhebung des Verwaltungsakts
Orientierungssatz
1. Ein Geldzufluss aus einem Pflichtteilsanspruch ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 S 1 SGB 2. Bei der Gutschrift auf dem Konto handelt es sich nicht um einen Zufluss aus einer Erbschaft iS des § 1922 Abs 1 BGB, sondern um die Realisierung eines Pflichtteilsanspruchs iS von § 2317 BGB.
2. Nach gefestigter Rechtsprechung ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB 2 grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl BSG vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 17). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung (vgl BSG vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R).
3. Innerhalb der Bedarfsgemeinschaft ist der individuelle Anspruch des einzelnen Partners auf Arbeitslosengeld II nach dem Verhältnis seines Bedarfs zum Gesamtbedarf zu berechnen (horizontale Berechnungsmethode, vgl BSG vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R = SozR 4-4200 § 9 Nr 4).
4. Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung einer Leistungsbewilligung ist § 40 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 2 iVm § 330 Abs 3 SGB 3, § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 03.09.2010 geändert. Die Klage des Klägers zu 1) wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die Aufhebung der Leistungsbewilligung durch den Bescheid vom 03.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2007 in Höhe von 357,30 EUR und dessen Erstattung wendet. Die Klage der Klägerin zu 3) wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die Aufhebung der Leistungsbewilligung durch den Bescheid vom 03.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2007 in Höhe von 176,76 EUR und dessen Erstattung wendet. Die Klage der Klägerin zu 4) wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die Aufhebung der Leistungsbewilligung durch den Bescheid vom 03.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2007 in Höhe von 110,89 EUR und dessen Erstattung wendet. Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin zu 2) und des Klägers zu 5) in beiden Rechtszügen. Die Beklagte trägt 1/10 der Kosten des Klägers zu 1) sowie 1/5 der Kosten der Klägerinnen zu 3) und zu 4) in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind die Aufhebung und die Rückforderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für Mai 2007 streitig.
Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) sind verheiratet. Seit dem 01.01.2005 bezogen sie zusammen mit ihren drei Kindern - dem am 00.00.1989 geborenen Kläger zu 5), der am 00.00.1991 geborenen Klägerin zu 3) und der am 00.00.2003 geborenen Klägerin zu 4) - durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Jahr 2007 erhielt der Kläger zu 1) für seine drei Kinder Kindergeld in Höhe von insgesamt 462,00 EUR mtl ... Im Mai 2007 betrug die Grundmiete der von den Klägern gemeinsam genutzten Wohnung, C Straße 00, N 292,97 EUR; des weiteren fiel eine Betriebskostenvorauszahlung von 190,00 EUR sowie eine Heizkostenvorauszahlung von 115,52 EUR an. Im Jahr 2007 belief sich der Beitrag des Klägers zu 1) zur Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung auf 103,74 EUR halbjährlich; der Beitrag der Klägerin zu 2) zu einer staatlich geförderten Altersvorsorge "Riester-Rente" betrug 7,50 EUR mtl.
Durch Bescheid vom 28.12.2006 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 1.558,09 EUR mtl. für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.05.2007. Sie gewährte dem Kläger zu 1) Leistungen in Höhe von insgesamt 430,65 EUR mtl., der Klägerin zu 2 ) in Höhe von insgesamt 430,66 EUR mtl., der Klägerin zu 3) und dem Kläger zu 5) jeweils in Höhe von 241,66 EUR mtl. sowie der Klägerin zu 4) in Höhe von 172,66 EUR. Des weiteren bewilligte sie der Klägerin zu 2) einen Beitragszuschuss zur Rentenversicherung nach § 26 SGB II in Höhe von 40,80 EUR.
Am 22.06.2003 verstarb der Vater der Klägerin zu 2). Alleinerbin war dessen Ehefrau. Am 22.05.2006 erhob die Klägerin zu 2) zusammen mit zwei Geschwistern vor dem Landgericht C, 4 U 86/06, eine Stufenklage auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses sowie auf Auszahlung des Pflichtteils. Im Rahmen des Klageverfahrens schlossen die drei Geschwister mit der Alleinerbin einen außergerichtlichen Vergleich, in der sich die Alleinerbin u.a. verpflichtete, an die Klägerin zu 2) einen Betrag von 2.000,00 EUR als Pflichtteil auszuzahlen. Die Auszahlung des Betrages erfolgte an den Prozessbevollmächtigten der Geschwister. Nach Abzug von 454,22 EUR Rechtsanwalts- und Gerichtsko...