Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus einer privaten Versicherung. befreiende Kapitallebensversicherung. betriebliche Altersversorgung
Orientierungssatz
Die befreiende Kapitallebensversicherung stellt keine Rente der betrieblichen Altersversorgung iSv § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5 dar.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.03.2008 abgeändert.
Die Bescheide der Beklagten vom 23.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2007 sowie vom 02.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.05.2006 sowie vom 07.12.2005 und 27.03.2007 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), ob die Beklagte zu Recht Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung von einer Kapitalzahlung aus einer befreienden Lebensversicherung erhoben hat.
Der am 00.00.1940 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.04.1963 krankenversichert. Er arbeitete vom 02.05.1966 bis 31.12.1985 bei der Firma W in B. Von 1986 bis zum Eintritt in den Ruhestand war er für die Firma N in J tätig.
Als der Kläger in den Außendienst versetzt wurde, schloss er bei der Q Lebensversicherungsanstalt von Westfalen zum 01.09.1967 eine Kapitallebensversicherung mit Überschussbeteiligung ab. Durch die Lebensversicherung wollte er einerseits seine Familie besser absichern. Zum anderen beabsichtigte der Kläger, sich mittels der Lebensversicherung ab dem 01.01.1968 von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen. In dem Vertrag wurde die Fälligkeit für den 01.09.2005 vereinbart. Als Versicherungsnehmer wurde der Kläger eingesetzt; im Falle seines Todes sollte seine Ehefrau die Versicherungsleistung erhalten. Die anfängliche Versicherungssumme betrug 88.235,- DM, sie erhöhte sich durch Dynamisierung während der Laufzeit auf zuletzt 207.201,- Euro.
Die Firma W übernahm 30 Prozent der monatlichen Beiträge zur Kapitallebensversicherung des Klägers; eine Beitragsbeteiligung an der Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung erfolgte nicht. Ab 1986 trat die Firma N in diese Vereinbarung ein.
Mit Bescheid vom 26.02.1968 wurde der Kläger von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit. Auch danach zahlte der Kläger bis zum Renteneintrittsalter die Mindestbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung ein.
Nach Vollendung des 65. Lebensjahres erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, er beziehe seit dem 01.11.2005 von der (damaligen) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine monatliche Altersrente in Höhe von 177,44 Euro brutto. Von der Firma W erhalte er monatlich als betriebliche Altersversorgung 47,- Euro, aus seiner betrieblichen Direktversicherung bei der LVM Lebensversicherungs-AG 54,58 Euro. Die Kapitallebensversicherung bei der Westfälischen Q Lebensversicherungs-AG sei am 01.09.2005 in Höhe von 411.033,- Euro (Garantiesumme und Überschussbeteiligung) ausgezahlt worden. Er gehe weder einer selbständigen noch abhängigen Beschäftigung nach.
Mit Bescheiden vom 02.11.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er von der Kapitalleistung der Q Lebensversicherungs-AG Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen habe, da diese als Versorgungsbezug anzusehen sei. Zur Berechnung der Beiträge sei die Kapitalleistung auf 10 Jahre zu verteilen. In diesem Zeitraum gelte monatlich jeweils 1/120 des Gesamtbetrages als Ausgangswert für die Beitragsberechnung. Bei einem allgemeinen Beitragssatz von 13,8%, einem besonderen Beitragssatz von 0,9% und einem monatlichen beitragspflichtigen Versorgungsbezug von 3.347,56 Euro habe er ab dem 01.11.2005 monatlich 492,09 Euro für die Kranken- und 56,90 Euro für die Pflegeversicherung zu zahlen.
Der Kläger widersprach dem "Beitrag zur Krankenversicherung". Seine private Lebensversicherung sei mit einer betrieblichen Altersversorgung nicht zu vergleichen. Dies ergebe sich schon aus den Versicherungsbedingungen. Er habe eine damals rechtlich zulässige Form der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gewählt. Die vierzig Jahre gültigen Vertragsbedingungen nun durch eine Gesetzesänderung außer Kraft zu setzen, verstoße gegen Treu und Glauben.
Mit weiteren Bescheiden vom 07.12.2005 erhöhte die Beklagte mit Wirkung ab dem 01.01.2006 den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag auf 497,60 Euro und den Pflegeversicherungsbeitrag auf 57,54 Euro. Hintergrund war die Änderung der Beitragsbemessungsgrenze für 2006.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Bei krankenversicherungspflichtigen Rentnern seien nach §§ 237 und 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) auch rentenvergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht zur Krankenversicherung zuzuordnen. Dazu gehört...