Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung einer Hepatitis C als Berufskrankheit nach Nr. 3101 der BKV

 

Orientierungssatz

1. Die Hepatitis C ist eine Infektionskrankheit i. S. der BKV Anlage Nr. 3101. Zu deren Anerkennung als BK muss der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Erkrankung wahrscheinlich sein.

2. Eine Hepatitis-C-Infektion erfolgt durch die Inokulation von Blut. Ein oberflächlicher Hautkontakt mit infektiösem Material reicht nicht aus, um eine stattgefundene Infektion zu begründen.

3. Auch nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Beweiserleichterungen bei der BK 3101 ist der Nachweis erforderlich, dass der Betroffene einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen ist.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. November 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

In dem Rechtsstreit geht es um die Feststellung einer Hepatitis C als Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war - (BK 3101).

Die 1942 geborene Klägerin kam 1972 aus Marokko in die Bundesrepublik und arbeitete zunächst in einer Metall- und dann in einer Schokoladenfabrik. Seit 1978 ist sie als Reinigungskraft in den V-Kliniken E beschäftigt. Als Stationsreinigungskraft hatte sie bis 1984 alle anfallenden Reinigungsarbeiten in der Kieferklinik und in der Hautklinik zu verrichten. Seit November 1984 bestand ihre Aufgabe bis 1989 ausschließlich im Auffüllen von Einmalartikeln wie Handtuchspendern, Desinfektionsmitteln, Handwaschmitteln und Toilettenpapier. Für diese Tätigkeit wurden ihr wie auch in der Folgezeit, in der sie Nachttische zu reinigen hatte, Handschuhe zur Verfügung gestellt.

Am 06.03.1991 verletzte sich die Klägerin beim Putzen eines Nachttisches mit einer Stecknadel, die in dem Nachttisch lag. Am 07.03.1991 wurde eine 5 mm lange Kunststoffnadel entfernt (Durchgangsarztbericht vom 07.03.1991).

1997 wurde bei der Klägerin erstmals eine Hepatitis-C-Virusinfektion nachgewiesen und im Mai 2000 von der V-Klinik in E als Berufskrankheit angezeigt. Die Beklagte zog daraufhin über die Klägerin vorliegende medizinische Unterlagen bei. Die V-Klinik E teilte im September 2001 mit, dass keine konkreten Arbeitsabläufe nachgewiesen werden könnten, bei denen die Klägerin unmittelbar Kontakt mit Blut oder anderen potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten hätte haben können; die durchzuführenden Arbeiten hätten grundsätzlich nur mit Schutzhandschuhen durchgeführt werden dürfen.

Die Beklagte veranlasste eine Überprüfung der Gefährdung der Klägerin am Arbeitsplatz durch einen Bediensteten, der nach Befragen der Klägerin, der Sicherheitsfachkraft, der Betriebsärztin, des Personalrats und der dienstlichen Vorgesetzten der Klägerin zu dem Ergebnis kam, die Klägerin habe keine gefährdenden Tätigkeiten ausgeführt, die es wahrscheinlich machten, dass sie sich bei ihrer beruflichen Tätigkeit infiziert habe.

Unter dem 23.07.2003 erstattete Dr. U, Landesanstalt für Arbeitsschutz NRW, ein Zusammenhangsgutachten und kam zu dem Ergebnis, aus arbeitstechnischer und arbeitsmedizinischer Sicht ergäben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer BK 3101. Reinigungspersonen in medizinischen Einrichtungen arbeiteten erfahrungsgemäß unter einem geringen Infektionsrisiko und seien daher in die Kategorie II b der Beweiserleichterungskriterien einzuordnen. Diese Kategorien erforderten zur Bejahung eines erhöhten Infektionsrisikos zusätzlich den Nachweis einer Inokulation mit Blut von einer an Hepatitis C erkrankten Person und eines erhöhten Verletzungsrisikos während der Tätigkeit sowie die Dokumentation des Übertragungsereignisses. Der Beweis einer Inokulation von Blut einer an Hepatitis C erkrankte Person habe nicht erbracht werden können, die Tätigkeitsanalyse habe auch kein erhöhtes Verletzungsrisiko der Klägerin während der einzelnen Arbeiten ergeben. Eine Stecknadel unbekannter Herkunft sei kein Gegenstand, der als potenziell kontaminiert anzusehen sei wie beispielsweise Injektionsnadeln oder Verweilkanülen. Somit bleibe der Infektionsweg ungeklärt und lasse sich nicht ausreichend mit der beruflichen Tätigkeit begründen. Insgesamt sei festzustellen, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer Berufskrankheit nicht erfüllt seien. Arbeitsmedizinischerseits sei festzuhalten, dass erfahrungsgemäß eine Hepatitis C in der Mehrzahl der Fälle jahrelang stumm verlaufe und die Diagnose häufig einen Zufallsbefund darstelle. Es sei daher möglich, dass sich die Klägerin Jahre vor dem Auftreten der Symptome infiziert habe. Eine Eingrenzung des Infektions...

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