Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Anspruch auf Grundsicherungsleistung bei Absolvierung einer Berufsausbildung im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

 

Orientierungssatz

Erfolgt eine Berufsausbildung im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 97 ff. SGB 3, so bleibt daneben auch im Falle der Gewährung eines Ausbildungsgeldes ein Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB 2 bestehen. Die Ausschlussregelung in § 7 Abs. 5. S. 1 SGB 2 kommt insoweit nicht zur Anwendung (Anschluss LSG Hamburg, Beschluss vom 6. Juli 2011 - L 5 AS 191/11 B ER).

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Aachen vom 01.09.2010 neu gefasst. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2010 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2010 verurteilt, dem Kläger im Zeitraum vom 20.01.2010 bis 31.10.2010 Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen als Zuschuss zu bewilligen. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) während einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben (vom 20.01. bis zum 31.10.2010) als Zuschuss anstelle eines Darlehens.

Der am 00.00.1986 geborene, vermögenslose Kläger steht unter Betreuung. Eine bei der E Gesellschaft für Arbeitsförderung im September 2006 begonnene Ausbildung zum Friseur brach er am 15.01.2008 wegen gesundheitlicher Probleme ab. Seit Februar 2008 bewohnt er eine 45 qm große Wohnung in E. Seit dem 16.02.2009 ist bei ihm wegen eines Anfallsleidens und einer Persönlichkeitsstörung ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Er bezieht von dem Beklagten laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 01.09.2009 hatte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum von Oktober 2009 bis März 2010 zunächst monatliche Gesamtleistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 520,00 Euro als Zuschuss bewilligt. Änderungsbescheide ergingen unter dem 29.09.2009 für den Zeitraum von Oktober 2009 bis Januar 2010 sowie unter dem 23.11.2009 für Dezember 2009 bis März 2010. Mit weiterem Bescheid vom 15.12.2009 in der Fassung des (Änderungs-)Bescheides vom 28.12.2009 änderte der Beklagte die Leistungen ab Dezember 2009 wiederum der Höhe nach ab. Der Bescheid vom 28.12.2009 enthielt den Hinweis, dass der Bewilligungszeitraum von Oktober 2009 bis März 2010 unverändert bleibe.

Am 20.01.2010 nahm der Kläger im Berufsförderungswerk (Bfw) L der Diakonie N e.V. eine zweijährige Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen auf, die er am 13.01.2011 krankheitsbedingt abbrach. Während seiner Ausbildung hielt sich der Kläger wochentags in dem Internat des Bfw, wegen dessen Schließung an mindestens zwei Wochenenden pro Monat sowie während der Ferien jedoch in seiner Unterkunft in E auf. Für die Zeit der Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen vom 20.01.2010 bis zum 17.01.2012 (= voraussichtliches Ende der Ausbildung) bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 97 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 33 und §§ 44 ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Dabei gewährte sie ihm neben der Übernahme von Lehrgangskosten, Reisekosten für Familienheimfahrten in Höhe von monatlich 26,00 Euro sowie Einmalzahlungen für den Tag der An- und Abreise in Höhe von jeweils 6,50 Euro ein Ausbildungsgeld in Höhe von 102,00 Euro pro Monat.

Mit Bescheid vom 18.03.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger daraufhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 20.01.2010 (= Beginn der Ausbildung) bis zum 31.03.2010 in Höhe von 92,17 Euro für den Monat Januar 2010 und in Höhe von 398,00 Euro für Februar und März 2010 lediglich noch in Form eines Darlehens. Im Rahmen der Bedarfsberechnung brachte der Beklagte den (für Januar 2010 um 167,58 Euro gekürzten) monatlichen Regelsatz von 359,00 Euro, ferner Kosten der Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Miete für die Wohnung des Klägers in E (in Höhe von 250,00 Euro) sowie entstandener Heizkosten in Höhe von 45,00 Euro abzüglich des um die Versicherungspauschale (in Höhe von 30,00 Euro) bereinigten Ausbildungs- und geleisteten Kindergeldes (in Höhe von 184,00 Euro) in Ansatz. Ferner gewährte er Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 116,25 Euro monatlich. Den Kalendermonaten Februar und März 2010 der Höhe nach entsprechende Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom gleichen Tag auch für den Folgezeit...

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