Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung

 

Orientierungssatz

1. Vom Grundsicherungsträger sind lediglich die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB 2 zu übernehmen, die sich aus dem Produkt von Wohnfläche und Wohnstandard zuzüglich der angemessenen Betriebskosten und der Heizkosten zusammensetzen.

2. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich nach den Werten, welche die Länder aufgrund von § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13. 9. 2001 festgelegt haben.

3. Zu ermitteln ist sodann die angemessene Miete für Wohnungen einfachen Standards, d. h. die Referenzmiete in dem maßgeblichen Vergleichsraum.

4. Der Grundsicherungsträger soll nach § 22 c SGB 2 zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten auf einen qualifizierten bzw. einfachen Mietspiegel oder auf Mietdatenbanken zurückgreifen. Dabei ist maßgeblich, ob dieser auf einer ausreichenden Datengrundlage basiert, die nach statistischen Kriterien ausgewertet worden ist, sodass die tatsächlichen Gegebenheiten des Wohnungsmarktes abgebildet werden.

5. Maßgeblich für die Bestimmung der abstrakten Angemessenheit ist nicht allein die Nettokaltmiete. Entscheidend ist vielmehr das Produkt aus Wohnungsgröße und Wohnungsstandard zuzüglich der kalten Betriebskosten, vgl. BSG, Urteile vom 19. August 2010 - B 14 AS 2/10 R, 17. Dezember 2009 - B 4 AS 29/09 R.

6. Der als abstrakt angemessen festgestellte Mietpreis ist auch konkret, bezogen auf den Einzelfall des Hilfebedürftigen, als angemessen anzusehen, wenn keine Gründe ersichtlich sind, dass diesem bei tatsächlich höheren Kosten ein Umzug unmöglich oder unzumutbar wäre.

7. Voraussetzung für die Absenkung der Unterkunftskosten auf das angemessene Maß ist nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB 2 die Durchführung eines Kostensenkungsverfahrens. Die tatsächlichen höheren Unterkunftskosten sollen regelmäßig für eine maximale Dauer von sechs Monaten übernommen werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 02.04.2014; Aktenzeichen B 4 AS 18/14 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 27.09.2012 geändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 17.08.2011 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 31.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2011 in Gestalt des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 10.05.2012 sowie unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses vom 27.09.2012 verurteilt, der Klägerin im Zeitraum vom 01.10.2011 bis 31.03.2012 Unterkunftskosten in Höhe von weiteren 33,86 EUR monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 35 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Unterkunfts- und Heizkosten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012. Die Klägerin ist am 00.00.1954 geboren. Sie bewohnte im streitigen Zeitraum gemeinsam mit ihrer am 00.00.1987 geborenen Tochter in dem Haus T-straße 00 in F eine 4-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 86 m².

Die Klägerin verfügt nicht über eigenes Vermögen. Ab dem 01.11.2011 erhielt sie Einkommen aus einer abhängigen Beschäftigung i.H.v. 180 EUR monatlich, das ihr jeweils im laufenden Monats zufloss. Die Tochter der Klägerin nahm ab dem 01.10.2011 ein Studium der Fachrichtung Sozialarbeit auf, welches voraussichtlich bis zum 30.09.2014 andauern wird. Sie erhält für die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG) grundsätzlich förderungsfähige Ausbildung kein BaföG, da es sich um die zweite Ausbildung handelt und sie eine erste Ausbildung abgebrochen hatte. Soweit ersichtlich verfügte sie im streitigen Zeitraum nicht über Einkommen, das über eine geringfügige Grenze hinausging.

Die Unterkunftskosten beliefen sich im streitigen Zeitraum auf 493,40 EUR Grundmiete zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung einschließlich Heizkosten i.H.v. 117,26 EUR monatlich; insgesamt entstanden Kosten i.H.v. 610,66 EUR monatlich. Nach den von der Klägerin im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben entfielen bei der monatlichen Nebenkostenvorauszahlung 58,88 EUR auf die Heizkosten und 58,38 EUR auf die Betriebskosten.

Die Klägerin bezog gemeinsam mit ihrer Tochter zunächst bis zum 30.05.2008 Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten Der Leistungsbezug endete durch die Aufnahme einer den Bedarf deckenden Erwerbstätigkeit der Klägerin. Ab dem 06.10.2010 standen die Klägerin und ihre Tochter erneut im Leistungsbezug bei der Beklagten. Bei der Gewährung der Leistungen berücksichtigte die Beklagte die Kosten der Unterkunft und Heizung ab Oktober 2010 in der von ihr als angemessen erachteten Höhe von 400,01 EUR monatlich. Bereits mit Schreiben vom 25.04.2006 hatte die Beklagte die Klägerin zur Senkung der Unterkunftskosten aufgefordert und mitgeteilt, dass für einen Zweipersonenhaushalt nur eine Grundmiete von 282,75 EUR monatlich zzgl. der tatsächlichen Betriebs- und Heizkosten angemessen...

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