Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Aufhebung des § 70 Abs 3 SGB 6 durch Art 1 Nr 13 WFG. Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung. Bewertung der ersten 48 Kalendermonate
Orientierungssatz
Die Aufhebung des Art 70 Abs 3 SGB 6 durch Art 1 Nr 13 WFG verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 und Art 14 Abs 1 GG.
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere Altersrente; streitig ist, welche Fassung des 6. Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB VI) anzuwenden ist.
Der 1931 geborene Kläger beantragte im September 1996 die Gewährung einer Regelaltersrente ab vollendetem 65. Lebensjahr. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 20.01.1997 diese Leistung in Höhe von 799,60 DM ab dem 01.01.1997. Der Rentenberechnung legte sie das SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.09.1996 zugrunde. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.07.1997).
Mit der am 14.08.1997 beim Sozialgericht Dortmund erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat geltend gemacht: Nach einer Rentenauskunft vom September 1996 hätte seine Rente 884,30 DM monatlich betragen sollen. Für seine Rente dürfe nicht das WFG zur Anwendung kommen, denn er habe bereits im Dezember 1996 das 65. Lebensjahr vollendet und damit die Rentenanwartschaft erfüllt gehabt. Selbst wenn die Berechnung den gesetzlichen Bestimmungen entspräche, seien nach seiner Ansicht Anpassungszeiten in keiner Weise berücksichtigt worden. Zudem sehe er eine Ungleichbehandlung in der Rentenbemessung bei gleichem Versicherungsverlauf und nur geringfügigen Altersunterschied.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 06.03.1998 die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung eines Zuschusses zur Krankenversicherung neu berechnet. Sie hat im übrigen ihre Bescheide für rechtmäßig gehalten und darauf hingewiesen, daß die im September 1996 erteilte Rentenauskunft nicht rechtsverbindlich gewesen sei.
Durch Urteil vom 28. Mai 1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Rente des Klägers sei zutreffend berechnet worden. Aus der Rentenauskunft vom September 1996 könne er keinen Anspruch auf eine höhere Rente herleiten, weil die Rentenauskunft kein Verwaltungsakt und nicht rechtsverbindlich sei (§ 109 Abs. 4 SGB VI).
Zu Recht habe die Beklagte auch die ab 01.01.1997 geltende Fassung des SGB VI ihrer Berechnung zugrundegelegt. Dies folge aus den §§ 300 Abs. 1 und 2, 306, 99 SGB VI. Danach habe der Kläger bis zum Inkrafttreten des WFG nämlich keinen Anspruch auf Zahlung einer Altersrente gehabt. Eine solche Rente sei erst von dem Kalendermonat an zu leisten, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Zu Beginn des Monats Dezember 1996, das bedeute, 01.12.1996, 0.00 Uhr, habe er das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt und es seien deshalb die Anspruchsvoraussetzungen noch nicht erfüllt gewesen. Ein Anspruch auf Zahlung einer Rente habe ihm daher erst mit Beginn des Folgemonats, des Monats Januar 1997 zugestanden.
Die damit anzuwendende Regelung des SGB VI in der ab 01.01.1997 geltenden Fassung des WFG verstoße nicht gegen die Verfassung. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) sei nicht verletzt. Die Änderung der Bewertung der ersten 48 Kalendermonate habe nur die Bewertung betroffen, die über die Anrechnung der geleisteten Beiträge hinausgegangen sei. Mit der Neuregelung habe der Gesetzgeber sich im Rahmen seines Rechts, Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts zu bestimmen, bewegt. Mit dem WFG habe eine Sicherung des Rentenversicherungssystems durch notwendig gewordene Anpassung an veränderte demographische Werte gewährleistet werden sollen. Insbesondere das frühe Austreten aus dem Erwerbsleben, die steigende Lebenserwartung und die dadurch bedingt längere Rentenlaufzeit auf der einen Seite und die sinkende Geburtenhäufigkeit auf der anderen Seite hätten die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung gefährdet. Es habe daher im öffentlichen Interesse gelegen, die Struktur der gesetzlichen Rentenversicherung, auch durch Stärkung der Beitragsbezogenheit, sicherzustellen. Die Regelungen des WFG seien auch geeignet, zu einer Konsolidierung der angespannten Finanzlage der Rentenversicherung und damit der Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage des Sozialstaates beizutragen. Die prognostizierten Einspareffekte durch die Regelung des WFG insgesamt seien nicht unerheblich. Diese Ziele seien nicht auf weniger einschneidende Weise ebenso erreichbar gewesen. Die vom Kläger beanstandete Veränderung der Bewertung der ersten Jahre seien somit im öffentlichen Interesse erlassen worden. Für den einzelnen Versicherten seien die damit verbundenen Eingriffe weder unzumutbar noch außer Verhältnis. Grundsätzlich seien zwar bei schwerwiegenden Eingriffen in eigentumsgeschützte Rechtspositionen schonende Übergangsregelungen vorzusehen. Hier jedoch sei kein bes...