Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausträger. Teilnahme am strukturierten Behandlungsprogramm zur Verbesserung der Versorgungssituation von Brustkrebspatientinnen

 

Orientierungssatz

1. Mit dem Disease-Management-Programm (DMP) zur Verbesserung der Versorgungssituation von Brustkrebspatientinnen ist ein verbindlicher Behandlungs- und Betreuungsprozess vorgegeben, der gleichermaßen die teilnahmebereiten Krankenhausträger in ihrem Anspruch auf Marktzugang als auch die Krankenkassen in ihrer Auswahlentscheidung bindet. Der DMP-Vertrag gibt ein verbindliches Anforderungsprofil vor.

2. Für eine Teilnahmeberechtigung des Krankenhausträgers ist der Nachweis einer bestehenden Kooperationsvereinbarung zur Erfüllung der Strukturvoraussetzungen mit niedergelassenen Vertragsärzten oder mit anderen stationären Einrichtungen erforderlich. Eine bloße Erklärung zur Kooperationsbereitschaft ist nicht ausreichend.

3. Sind die notwendigen medizinischen Strukturanforderungen auf Seiten des Krankenhausträgers weder allein noch in Kooperation mit anderen erfüllt, so verstößt die Ablehnung der Teilnahme weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG noch gegen das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit des Art 12 Abs 1 GG.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) bis 7) wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 13. September 2005 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt nur noch die Feststellung, dass die von den Beklagten ausgesprochene Ablehnung ihrer Teilnahme an dem strukturierten Behandlungsprogramm zur Verbesserung der Versorgungssituation von Brustkrebspatientinnen rechtswidrig war.

Die Klägerin ist Trägerin des nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhauses St. D Hospitale T in P. Das Krankenhaus ist im Krankenhausbedarfsplan des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) mit einer Soll-Bettenanzahl von ua 105 (Chirurgie), 33 (Frauenheilkunde), 20 (Geburtshilfe) und 83 (Innere Medizin) aufgenommen (Feststellungsbescheid Bezirksregierung Düsseldorf vom 02.06.2004, Aktenzeichen (Az): 000).

Das damalige Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit (MFJFG) NRW erließ unter dem 31.07.2002 "Rahmenbedingungen für eine Anerkennung als Brustzentrum" (Rahmenbedingungen); wobei ua als Kernleistungen operative Leistungen, bildgebende diagnostische Verfahren, histologische Untersuchungen, Bestrahlung und Chemotherapie gefordert werden (Punkt 1.1 Abs 2 Rahmenbedingungen). Auf der Grundlage der mit den in der 3. Anlage zum 01.07.2002 in Kraft getretenen 4. Risikostrukturänderungsverordnung (4. RSA-ÄndV) vom 27.06.2002 (Bundesgesetzblatt (BGBl) I, 2286) Anforderungen für die Zulassung eines "Disease-Management-Programms" (DMP) für Patientinnen mit Brustkrebs, schlossen die Beklagten am 11.10.2002 einen Vertrag "über ein strukturiertes Behandlungsprogramm (DMP) zur Verbesserung der Versorgungssituation von Brustkrebspatientinnen" (DMP-Vertrag Brustkrebs). In Ergänzung des aktuellen Versorgungsangebotes sollte dadurch " eine interdisziplinäre, berufs- und sektorenübergreifende Behandlung in einer integrierten Versorgungsform mit dem notwendigen logistischen Hintergrund" gewährleistet werden (Präambel DMP-Vertrag Brustkrebs). Krankenhausträger sollten diesem Vertrag beitreten können, soweit die stationären Einrichtungen " die Anforderungen an die Strukturqualität nach Anlage 2 DMP-Vertrag Brustkrebs (Regelungen zur fachlichen, personellen und insbesondere interdisziplinären Zusammenarbeit)" erfüllten (§ 2 Abs 3 in Verbindung mit (iVm) §§ 4 und 9 DMP-Vertrag Brustkrebs). Parallel zu den Kernleistungen der Rahmenbedingungen für ein Brustzentrum führte Anlage 2 DMP-Vertrag Brustkrebses unter Punkt 1 als notwendige medizinische Strukturvoraussetzungen die operative Therapie, die bildgebende Diagnostik, die histologische Befundung, die strahlentherapeutische Behandlung und die medikamentöse (insbesondere onkologische) Behandlung auf. Sofern eine stationäre Einrichtung die vorgenannten Strukturen nicht selbst sicherstellen könne, sei eine entsprechende Kooperation (Kooperationszentrum) mit stationären Einrichtungen oder mit niedergelassenen Vertragsärzten möglich und nachzuweisen (Abschnitt 1.1 Sätze 1 und 2 Anlage 2 DMP-Vertrag Brustkrebs). Ebenfalls inhaltsgleich zu den Rahmenbedingungen sollten die stationären Einrichtungen mindestens pro Jahr 150 Erstoperationen bei Neuerkrankungen und mindestens 50 Operationen pro Operateur durchführen, wobei Punkt 2 Anlage 2 DMP-Vertrag Brustkrebs diesen Nachweis "nach Ablauf eines Jahres" verlangte. Am 17.04.2003 beantragte die Klägerin sowohl über die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen (Verbände) die Anerkennung als Brustzentrum als auch über die Beklagte zu 1) bei den Beklagten die Teilnahme am DMP-Vertrag Brustkrebs (Schreiben vom 15. und 17.04.2003, Eingang bei der Beklagten zu 1) am 22.0...

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