Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistung. Eingliederungsverwaltungsakt. zulässiger Inhalt. Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Geltungsdauer
Orientierungssatz
1. Die durch Eingliederungsbescheid auferlegte Verpflichtung, innerhalb von sechs Monaten 30 schriftliche Bewerbungen (fünf je Monat) oder 60 Bewerbungen per E-Mail (zehn je Monat) vorzunehmen und jeweils am ersten Werktag des Folgemonats nachzuweisen, ist weder nach ihrer Art noch nach der aufgegebenen Frequenz der Bewerbungen zu beanstanden.
2. § 15 Abs 1 S 3 SGB 2 gilt trotz des in § 15 Abs 1 S 6 SGB 2 erfolgten Verweises auf lediglich § 15 Abs 1 S 2 SGB 2 auch im Falle eines Eingliederungsbescheides (vgl BSG vom 14.2.2013 - B 14 AS 195/11 R = BSGE 113, 70 = SozR 4-4200 § 15 Nr 2). Ein Eingliederungsbescheid ist rechtswidrig, wenn die gesetzlich vorgesehene Geltungsdauer ohne Ermessenerwägungen überschritten wird (vgl BSG vom 14.2.2013 - B 14 AS 195/11 aaO).
3. Eine Auslegung, wonach die Geltungsdauer des Bescheides sechs volle Kalendermonate zuzüglich der Tage des Monats, in dem der Bescheid bekannt gegeben wurde, umfassen soll, ist mit dem Wortlaut des § 15 Abs 1 S 3 SGB 2 vereinbar.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.05.2014 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakts.
Der Kläger bezieht von dem Beklagten seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Im Rahmen eines am 07.12.2012 geführten Gespräches zwischen einem Sachbearbeiter des Beklagten und dem Kläger weigerte sich der Kläger, mit dem Beklagten eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen.
Mit Bescheid vom 07.12.2012 ersetzte der Beklagte die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt (im folgenden Eingliederungsbescheid). Als Geltungszeitraum wurde die Zeit vom 07.12.2012 bis zum 30.06.2013 festgelegt. Der Kläger wurde mit dem Bescheid u.a. verpflichtet, Termine im Rahmen des Projektes 50plus einzuhalten und monatlich jeweils am ersten Werktag unaufgefordert Nachweise über Eigenbemühungen bzw. Bewerbungsnachweise einzureichen. Der Kläger wurde verpflichtet, monatlich mindestens fünf Bewerbungsnachweise in schriftlicher Form oder zehn Bewerbungsnachweise per E-Mail vorzulegen. Er habe sich zeitnah, d.h. spätestens am dritten Tag nach Erhalt des Stellenangebotes, auf Vermittlungsvorschläge, die er von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter erhalte, zu bewerben. Der Beklagte verpflichtete sich u.a., dem Kläger die Teilnahme am Projekt 50plus zu ermöglichen und die Kosten für schriftliche Bewerbungen und die Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen auf vorherige Antragstellung und Nachweis zu übernehmen. Der Bescheid enthielt eine Belehrung über die Rechtsfolgen, die bei einem Verstoß gegen die geregelten Pflichten eintreten würden. Der Kläger wurde u.a. darauf hingewiesen, dass im Falle des erstmaligen Verstoßes gegen die festgelegten Eingliederungsbemühungen das Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von 30 Prozent des für ihn maßgebenden Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II gemindert werde. Wegen des weiteren Inhalts wird auf den Eingliederungsbescheid verwiesen.
Am 27.12.2012 erhob der Kläger gegen den Eingliederungsbescheid vom 07.12.2012 Widerspruch. Sein existenznotwendiger Bedarf müsse stets sichergestellt sein. In dem Bescheid würden unter bestimmten Bedingungen die Kürzung des Arbeitslosengeldes II und der vollständige Wegfall angedroht. Diese angedrohten Sanktionen seien an ein Verhalten von ihm geknüpft. Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums sei jedoch allein seine Bedürftigkeit. Sanktionen dürften nicht zu einer Unterschreitung des menschenwürdigen Existenzminimums führen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen von § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II lägen vor. Inhaltlich seien die Bemühungen, die der Widerspruchsführer unternehmen solle, nicht zu beanstanden. Die Rechtsfolgenbelehrung entspreche den Vorgaben des Bundessozialgerichts. Die Möglichkeit der Absenkung der Leistungen nach dem SGB II sei verfassungsgemäß.
Am 12.02.2013 erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger einen weiteren Eingliederungsbescheid.
Am 11.03.2013 hat der Kläger unter Wiederholung der Widerspruchsbegründung beim Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 07.12.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 02.05.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Richtige Klageart sei aufgrund des Zeitablaufs die Fortsetzungsfeststellungsklage, § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG. Das Feststellungsinteresse ergebe sich aus einer Wiederholungsgefahr. Der Beklagte habe ...