Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzungsfeststellungsklage. Anfechtung einer Meldeaufforderung wegen in der Rechtsfolgenbelehrung angedrohter Sanktion bei Meldeversäumnis. Berufungszulassung. Unterschreitung des Beschwerdewerts
Orientierungssatz
Die Fortsetzungsfeststellungsklage bzw die Berufung, mit der eine gem § 59 SGB 2 iVm § 309 SGB 3 erlassene Meldeaufforderung wegen der in der Rechtsfolgenbelehrung für den Fall eines Meldeversäumnisses angedrohten Sanktion (§ 32 SGB 2) angefochten wird, ist unzulässig, da der Beschwerdewert gem § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 Alt 2 SGG unter Berücksichtigung der Höhe und der Dauer der in der Rechtsfolgenbelehrung genannten einzelnen Sanktion unterschritten wird.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.05.2014 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung des Beklagten an den Kläger, zu einem Termin bei der für ihn zuständigen Sachbearbeiterin zu erscheinen.
Der Kläger bezieht von dem Beklagten seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 14.01.2013 lud der Beklagte den Kläger zu einem Termin am 12.02.2013, 09:00 Uhr, Raum 727 in der 7. Etage im Jobcenter L, G-weg 00 in L ein. Frau S wolle mit ihm über die aktuelle berufliche Situation sprechen. Der Bescheid enthielt eine Belehrung über die Rechtsfolgen, die bei einem Nichterscheinen zum Termin eintreten. So wurde der Kläger u.a. darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass er ohne wichtigen Grund der Einladung nicht Folge leiste, das ihm zustehende Arbeitslosengeld II um 10 Prozent des für ihn maßgebenden Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II für die Dauer von drei Monaten gemindert werde. Wegen des weiteren Inhalts wird auf den Bescheid verwiesen.
Am 01.02.2013 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 14.01.2013 Widerspruch. Sein existenznotwendiger Bedarf müsse stets sichergestellt sein. In dem Bescheid vom 14.01.2013 würden in der Rechtsfolgenbelehrung unter bestimmten Bedingungen die Kürzung des Arbeitslosengeldes II und der vollständige Wegfall angedroht. Diese angedrohten Sanktionen seien an ein bestimmtes Verhalten von ihm geknüpft. Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums sei jedoch allein seine Bedürftigkeit. Sanktionen dürften nicht zu einer Unterschreitung des menschenwürdigen Existenzminimums führen.
Der Kläger nahm den Termin am 12.02.2013 bei dem Beklagten wahr.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Für die Dauer des Leistungsbezugs nach dem SGB II bestehe eine Meldepflicht. Die Aufforderung zur Meldung sei zur Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit erforderlich gewesen. Der Bescheid genüge den formellen Anforderungen, da Ort, Tag und Tageszeit bestimmt gewesen seien und der Meldezweck mitgeteilt worden sei. Die Rechtsfolgenbelehrung sei nicht zu beanstanden. Die Möglichkeit einer Absenkung der Leistungen nach dem SGB II sei verfassungsgemäß.
Am 26.03.2013 hat der Kläger beim Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 14.01.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2013 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 02.05.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Richtige Klageart sei aufgrund Zeitablaufs die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG. Das Feststellungsinteresse ergebe sich aus der Wiederholungsgefahr. Der Beklagte habe nach Ablauf der Geltungsdauer des Bescheides vom 14.01.2013 weitere Einladungen an den Kläger versandt, welche die vom Kläger als verfassungswidrig eingestufte Rechtsfolgenbelehrung mit identischem Wortlaut enthielten. Die Rechtsfolgenbelehrung entspreche den Vorgaben des Bundessozialgerichts. Der Kläger sei über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung konkret, verständlich, richtig und vollständig belehrt worden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Inhalt des Bescheides bestünden nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebiete die Verfassung nicht die Gewährung bedarfsunabhängiger, voraussetzungsloser Sozialleistungen. Mitwirkungspflichten und Eigenbemühungen könnten daher verfassungskonform als Voraussetzungen für den Erhalt von Sozialleistungen vorgesehen werden. Im Übrigen habe der Gesetzgeber die Kürzung bzw. den Wegfall von Leistungen nicht alternativlos angeordnet. Das Gesetz sehe vielmehr modifizierende Regelungen vor, durch die das Existenzminimum auch im Falle einer Sanktion gesichert sei.
Gegen das ihm am 05.06.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.07.2014 Berufung eingelegt. Er teile die verfassungsrechtliche Beurteilung der Rechtsfolgenbelehrung durch das Sozialgericht nicht. Sanktionen dürften nicht zu einer Unterschreitung des durch das Grundgesetz garantierten menschenwürdigen Existenzminimums führen.