Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Betreuungskosten bzw Betreuungspauschale nach Mietvertrag für Seniorenwohnung. abweichende Festlegung des Regelbedarfs. unabweisbarer Bedarf
Orientierungssatz
1. Ein Sozialhilfeempfänger hat Anspruch auf Einstellung von Betreuungskosten in die Bedarfsberechnung nach § 28 Abs 1 S 2 Alt 2 SGB 12.
2. Bei der geltend gemachten "Betreuungspauschale" handelt es sich nicht um Unterkunftskosten iS des § 29 SGB 12, sondern trotz der Koppelung mit dem Mietvertrag um einen Bedarf des Lebensunterhaltes.
3. Für die Feststellung der Unabweisbarkeit ist allein das Bestehen einer mietvertraglichen Koppelung maßgeblich. Es lassen sich nur solche Dienstleistungen über eine Koppelungsvereinbarung als unabweislich erfassen, deren Erbringung oder Sicherstellung der Vermieter seinerseits gegenüber der öffentlichen Hand als Gegenleistung für eine Förderung durch öffentliche Mittel schuldet. Dies gilt dann, wenn die öffentliche Förderung die Zielsetzung verfolgt, den Adressatenkreis des SGB 12 zu begünstigen.
4. Dem Begriff der Unabweisbarkeit ist im übrigen die Begrenzung der Kostentragung auf solche Betreuungsleistungen immanent, die einer einfachen Lebensführung entsprechen.
5. Die in der RSV anerkannten Positionen zielen weitestgehend auf die Befriedigung eines Sach- nicht aber eines Betreuungsbedarfs.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Köln vom 28.11.2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch auf Tragung einer "Betreuungspauschale" im Zusammenhang mit der Anmietung einer Seniorenwohnung.
Die Klägerin wurde am 00.00.1940 geboren und bezieht seit dem 09.04.2005 ergänzend zu ihrer Regelaltersrente Leistungen nach dem 4. Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) von der Beklagten.
Im Rahmen der erstmaligen Antragstellung übersandte die Klägerin eine Mietbescheinigung ihrer Vermieterin, der B Siedlungsgesellschaft mbH vom 06.04.2005. Diese wies für die öffentlich geförderte Wohnung von 42 qm neben der Nettogrundmiete von 177,74 EUR Betriebskosten von 56,00 EUR, Heizkosten von 45 EUR, Aufzugkosten von 4,75 EUR und eine "Vergütung für Betreuung" von 7,50 EUR aus.
Bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB XII wurden die Kosten für die Unterkunft von der Beklagten zunächst in voller Höhe, also einschließlich der Betreuungskosten übernommen.
Im Zuge einer internen Prüfung im Juli 2006 kam die Beklagte zu dem Ergebnis, dass die Betreuungspauschale für die Seniorenberatung in Höhe von 7,50 EUR monatlich nicht hätte anerkannt werden dürfen.
Bei der Berechnung der Leistungen ab August 2006 wurden die anerkannten Unterkunftskosten daraufhin um 7,50 EUR gekürzt. Nach Vorlage der Heizkostenabrechnung für die Zeit von Juni 2005 bis Mai 2006 berechnete die Beklagte den monatlich zu tragenden Heizkostenabschlag anhand des durch 12 geteilten tatsächlichen Jahresverbrauchs neu. Der in die Bedarfsrechnung eingestellte Heizkostenbetrag betrug nunmehr 37,27 EUR. Die Beklagte verwies die Klägerin in einem Merkblatt darauf, dass sie den Vermieter anhalten solle, den festzulegenden Abschlag auf diesen Betrag zu beschränken. In entsprechender Vorgehensweise bestimmte die Beklagte den monatlichen Betriebskostenbedarf anhand der Betriebskostenjahresabrechnung auf nunmehr 58,14 EUR.
Ab 01.01.2007 wurden die Kosten für die Seniorenberatung von der Vermieterin auf 9,00 Euro monatlich erhöht. Unverändert verlangte die Vermieterin einen Heizkostenabschlag von 45,00 EUR und einen Betriebskostenabschlag von 56,00 EUR monatlich.
Mit Bescheid vom 24.04.2007 wurden der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für die Zeit vom 01.05.2007 bis 28.02.2008 bewilligt. Berücksichtigt wurde eine Nettokaltmiete von 192,20 EUR, Betriebskosten in Höhe von nunmehr aktualisiert 59,25 EUR und eine Heizkostenpauschale von 37,27 EUR. Von der Kaltmiete wurden die 9,00 EUR Betreuungspauschale und von den Heizkosten ein Betrag von 6,71 EUR wieder abgesetzt. Dies ergab einen gesamten Betrag an Unterkunftskosten in Höhe von 273,01 EUR. Unter Zugrundelegung eines Regelsatzes von 345,00 EUR und Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von 139,68 EUR ergab sich ein Gesamtbedarf von 757,69 EUR, dem Renteneinkünfte in Höhe von 179,33 EUR entgegen gestellt wurden. Hieraus ergab sich ein Bewilligungsbetrag von 578,36 EUR.
Gegen den Bewilligungsbescheid erhob die Klägerin am 30.05.2007 Widerspruch. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.09.2006 - S 15 SO 6319/05 - machte sie geltend, die Betreuungspauschale von 9,00 EUR sei Bestandteil der Unterkunftskosten und daher von der Beklagten zu übernehmen. Die Klägerin übersandte zudem eine detaillierte Stellenbeschreibung der Seniorenberaterin.
Die Rente der Klägerin wurde ab 01.07.2007 auf einen Zahlbetrag von 180,29 EUR erhöht.