Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. Ausschluss aus der Familienversicherung. Überschreiten des zulässigen Gesamteinkommens iS des § 16 SGB 4 durch Hinzurechnung einer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlten einkommensteuerpflichtigen Abfindung
Orientierungssatz
1. Abfindungen, die ausschließlich für Zeiten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, stellen kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt dar (vgl BSG vom 21.2.1990 - 12 RK 20/88 = BSGE 66, 219 = SozR 3-2400 § 14 Nr 2). Vielmehr handelt es sich hierbei um der Einkommenssteuer unterliegende Einkünfte gem § 2 Abs 1, § 24 Nr 1b, § 34 Abs 1 und 2 Nr 2 Einkommenssteuergesetz - EStG. Derartige Einkünfte werden - abzüglich des Freibetrages nach § 3 Nr 9 EStG - gem § 25 Abs 1 EStG idF vom 16.4.1997 nach Ablauf des Kalenderjahrs veranlagt, in dem sie bezogen wurden. Dieser steuerrechtlichen folgt auch die sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Abfindung.
2. Die Zurechnung der Abfindung zum Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) in analoger Anwendung der steuerrechtlichen Vorgabe des § 25 EStG verletzt kein Verfassungsrecht und verstößt insbesondere nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
Tatbestand
Streitig ist die Fortführung der Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der sozialen Pflegeversicherung (PV) für die Zeit vom 01.01.1999 bis 30.04.2000.
Die ...1957 geborene Klägerin ist die Ehefrau des bei der Beklagten versicherten Beigeladenen. Die Klägerin war ab September 1974 als Angestellte des Postscheckamtes E beschäftigt und wurde im November 1979 in das Beamtenverhältnis bei der Deutschen Bundespost berufen. Nach bereits Anfang 1998 mit ihrer Arbeitgeberin geführten Gesprächen wurde sie auf eigenen Antrag mit Ablauf des 30.06.1998 aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit bei der Deutschen Bundespost entlassen und setzte ihre Tätigkeit bei der Deutschen Postbank AG ab 01.07.1998 im Angestelltenverhältnis fort. Die Klägerin erzielte zuletzt ein monatliches Bruttoeinkommen von DM 4.931,00. Das Arbeitsverhältnis wurde auf Veranlassung der Postbank aus betriebsbedingten Gründen mit Aufhebungsvertrag zum 30.11.1998 beendet. Gem. § 2 des (undatierten) Aufhebungsvertrages zahlte die Postbank – im Dezember 1998 – auf der Grundlage des Abfindungstarifvertrages zwischen der Deutschen Postbank AG und der Deutschen Postgewerkschaft vom 18.12.1997 an die Klägerin eine steuerpflichtige Abfindung in Höhe von DM 108.000,00 brutto. Die Abfindungssumme wurde nach Abzug eines Freibetrags von DM 24.000,00 dem ermäßigten Steuersatz unterworfen und als Einnahme bei der Berechnung der Einkommenssteuer der Klägerin für das Jahr 1998 berücksichtigt (Finanzamt Essen-Nord, Bescheid vom 20.05.1999). Aus dem als Kapitalvermögen angelegten Teil der Abfindungssumme erzielte die Klägerin seitdem monatlich ca. DM 130,00 Zinsen; weitere Einkünfte hatte die Klägerin nicht.
Die Klägerin beantragte am 19.11.1998 die Durchführung der Familienversicherung in der knappschaftlichen Kranken- sowie Pflegeversicherung ab dem 01.12.1998. Diesem Antrag entsprach die Beklagte zunächst, beendete diese jedoch – nach Erhalt des Aufhebungsvertrages – wieder, weil nach den Angaben zum Abfindungsvertrag das Gesamteinkommen im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße überstieg (Bescheid vom 10.12.1998 – zugestellt am 11.12.1998). Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.1999 zurückgewiesen. Die gewährte Abfindung rechne in Höhe des bisherigen Monatsbetrages der Einkünfte zum Gesamteinkommen, so dass die Einkommensgrenze sowohl für das Jahr 1998 als auch für das Jahr 1999 überschritten werde. Eine Familienversicherung sei somit kraft Gesetzes ausgeschlossen. Um die Abfindung einem Zeitraum zuzuordnen, müsse das berücksichtigungsfähige Einkommen in Höhe (des zu versteuernden Anteils) von DM 84.000 durch das zuletzt bezogene Gehalt in Höhe von DM 4.931 dividiert werden. Gerundet ergebe sich so ein Zeitraum von 17 Monaten, in welchem die Abfindung "verbraucht" wäre. Daraus errechne sich der Ausschluss der Familienversicherung für die Zeit vom 01.12.98 bis 30.04.2000.
Mit Beendigung der Familienversicherung führte die Beklagte die Kranken- sowie Pflegeversicherung der Klägerin als freiwilliges Mitglied durch (Bescheide vom 19.12.1998). Mit Bescheid vom 19.12.1998 (geändert durch Bescheid vom 22.12.1998) berechnete sie u.a. den Krankenversicherungsbeitrag ab 01.01.1999 in Höhe von DM 679,37 und ab 01.02.1999 von DM 613,62. Mit Bescheid vom 19.12.1998 berechnete sie u.a. den Beitrag für die Pflegeversicherung ab 01.01.1999 in Höhe von DM 84,92 und ab 01.02.1999 von DM 76,70. Mit Bescheiden vom 14.01.1999 berechnete sie die Höhe des Krankenversicherungsbeitrags ab 01.03.1999 mit DM 679,37 und den der Pflegeversicherung mit DM 84,92. Mit Bescheiden vom 18.02.1999 wurde der Beitrag der Krankenversicherung ab 01.04.1999 auf DM 657,45 und der der Pflegeversicherung auf DM 82,18 berechnet. Mit Bescheiden vom 0...