rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Duisburg (Entscheidung vom 11.12.2001; Aktenzeichen S 9 KR 116/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11. Dezember 2001 geändert. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 19. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2000 verurteilt, dem Kläger auf entsprechende ärztliche Verordnung zukünftig das Arzneimittel "Viagra" als Sachleistung zu gewähren. Die Beklagte trägt die dem Kläger entstandenen Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Verpflichtung der beklagten Krankenkasse zur Übernahme der Kosten des Arzneimittels Viagra zur Behebung einer erektilen Dysfunktion.

Der 1939 geborene Kläger leidet nach einer radikalen perinealen Prostatektomie, die infolge eines Prostatakarzinoms am 19.05.1999 durchgeführt wurde, an einer erektilen Dysfunktion. Der Urologe Dr. K ... verordnete am 10.08.1999 2 Tabletten Viagra, welche seit 1998 für den europäischen Arzneimittelmarkt zur Behebung der erektilen Dysfunktion als Arzneimittel zugelassen ist. Der Kläger zahlte hierfür 50,-- DM. Aufgrund einer weiteren Verordnung des Dr. K ... vom 23.08.1999 über 12 Tabletten Viagra beschaffte der Kläger sich diese in Venlo (Niederlande) für 254,-- DM. Mit Schreiben vom 19.11.1999 beantragte der Kläger die Erstattung dieser Beträge von der Beklagten, bei der er freiwillig gegen Krankheit versichert ist und gegenüber der er nicht das Kostenerstattungsprinzip gewählt hat, und gab an, am 17. oder 18.08. sowie nochmals am 18.11.1999 sei ihm zwar durch die Geschäftsstelle in G ... mitgeteilt worden, dass diese Medikamentenkosten nicht übernommen werden könnten, dieser Rechtsauffassung könne er sich jedoch nicht anschließen. Mit Bescheid vom 19.01.2000 lehnte die Beklagte die Erstattung der Kosten ab, da Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion und Mittel, die der Anreizung und Steigerung der sexuellen Potenz dienten, nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgrund der Arzneimittelrichtlinien (AMRl) verordnet werden dürften.

Am 21.01.2000 verordnete Dr. K ... weitere 30 Tabletten Viagra, die sich der Kläger wiederum in den Niederlanden zu einem Preis von 550,-- DM beschaffte. Ebenfalls am 21.01.2000 legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, durch Viagra würde seine Potenzstörung in befriedigender Weise behoben. Die ablehnende Auffassung der Beklagten finde in der Rechtsprechung keine Stütze.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 20.06.2000 vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, Viagra sei ein zugelassenes Mittel, welches in wirtschaftlicherer Weise und mit geringeren Nebenwirkungen als das zwischenzeitlich ebenfalls von Dr. K ... verordnete Mittel Caverject (SKAT) den Behandlungserfolg herbeiführe.

Infolge einer weiteren Verordnung vom 28.08.2000 hat sich der Kläger noch mals 30 Tabletten Viagra zu einem Preis von 575,-- DM in den Niederlanden beschafft.

Das SG hat Auskünfte des Dr. K ... vom 21.09.2000 und 25.01.2001 eingeholt, wonach der Einsatz einer Vakuumpumpe sich nicht als erfolgversprechend darstelle und die Mittel Viagra wie auch die Injektionstherapie mit Alprostadil (SKAT) zu einem befriedigenden Behandlungserfolg führten.

Mit Urteil vom 11.12.2001 hat das SG die auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Erstattung von 1.439,-- DM gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 28.12.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.01.2002 Berufung eingelegt. Er ist der Ansicht, dass die AMRl, soweit sie Potenzmittel ausschlössen, unwirksam seien. Die SKAT-Methode sei ihm aufgrund ihrer Nebenwirkungen und Begleiterscheinungen unzumutbar. Viagra stelle das bessere und wirtschaftlichere Mittel dar.

Der Kläger beantragt, nachdem sich die Beteiligten über den Kostenerstat tungsanspruch vergleichsweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geeinigt haben,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11.12.2001 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 19.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2000 zu verurteilen, ihm das Medikament "Viagra" entsprechend ärztlicher Verordnung in der Zukunft als Sachleistung zu gewähren.

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Beigeladene weist darauf hin, dass er aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen das Mittel Viagra von der Verordnungsfähigkeit ausgenommen habe, weil sich hinreichende Abgrenzungskriterien für die Erkrankungsbilder, bei denen Viagra zu verordnen sei, nicht hätten aufstellen lassen. Unter diesen Umständen sei insbesondere eine Mißbrauchsgefahr bei der Verordnung und Verwendung dieses Mittels gegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungn...

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