Nachgehend

BSG (Beschluss vom 20.06.2006; Aktenzeichen B 1 KR 29/06 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.11.2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Klägerin Anspruch auf Kostenerstattung für Krankenbehandlungen in Jordanien und Indien hat.

Die Klägerin ist als Rentenbezieherin Mitglied der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und wird von der Beklagten als versicherungspflichtiges Mitglied geführt. Von 1995 bis April 2000 lebte sie in Jordanien und seitdem in Indien. In der Bundesrepublik Deutschland, in der sie sich für einige Wochen jährlich aufhält, hat sie keinen Wohnsitz. Wegen der Berufstätigkeit ihres Ehemannes, der als Landesvertreter der G-Stiftung im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit tätig ist, hält die Klägerin sich in den genannten Ländern auf. Der Ehemann der Klägerin ist nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, da er privat krankenversichert ist.

Im Jahre 1999 übersandte die Klägerin verschiedene Rechnungen für ärztliche Behandlungen in Jordanien und später (nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens) in Indien mit der Bitte um Kostenerstattung. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21.10.1999 ab und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2001 zurück. Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) V ruhe der Anspruch auf Leistungen, so lange Versicherte sich im Ausland aufhielten, und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthaltes erkrankten. Ausnahmen bestünden nur für die Fälle, die auf Grund einer EG/EU-Verordnung oder von Sozialversicherungsabkommen ausdrücklich ausgenommen seien. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Ein Erstattungsanspruch nach § 17 SGB V scheide aus, da die Klägerin nicht im Ausland beschäftigt sei, vielmehr nur ihren Ehemann ins Ausland begleitet habe. Damit zähle sie nicht zu dem Personenkreis, der nach § 17 SGB V Anspruch auf Leistungen von seinem Arbeitgeber habe, die Klägerin sei auch nicht gemäß § 10 SGB V familienversichert. Eine Erstattung nach § 18 SGB V scheide aus, da hierfür Voraussetzung sei, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich sei. Die Klägerin habe sich jedoch nicht gezielt zur Krankenbehandlung ins Ausland begeben.

Hiergegen richtet sich die am 29.08.2001 beim Sozialgericht Köln eingegangene Klage. Die Beklagte lasse die Besonderheiten des vorliegenden Falles außer Betracht und lege die Vorschrift des § 16 SGB V apodiktisch aus. Die Berücksichtigung verfassungsrechtlicher und anderer gesetzlicher Vorschriften führe dazu, dass der Klägerin während ihres Auslandsaufenthaltes in Begleitung ihres Ehemannes kein Nachteil in der Sozialversicherung entstehen dürfte. Sie wirke im Gegensatz zu Urlaubern bei gemeinnützig und politisch erwünschter Arbeit mit. Bei der Tätigkeit ihres Ehemannes handele es sich um eine staatlich geförderte gemeinnützige Arbeit im Rahmen der durch die G-Stiftung geförderten Entwicklungszusammenarbeit. Insofern müsse ihr Ehemann als Arbeitgeber betrachtet werden. Es liege auch ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) vor, wenn für den Versicherungsschutz darauf abgestellt werde, ob für das entsprechende Ausland ein Sozialversicherungsabkommen existiere. Es sei auch nicht einsehbar, dass sie Beiträge zur Krankenversicherung zahle, ohne einen entsprechenden Versicherungsschutz zu erhalten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklage unter Aufhebung des Bescheides vom 21.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2001 zu verurteilen, die Kosten für die in Jordanien und Indien durchgeführten Behandlungen zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Ablehnung der Kostenerstattung sei rechtmäßig.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 28.11.2002 die Klage abgewiesen. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Auslandsaufenthalt der Klägerin entwicklungspolitisch verursacht war, komme keine einengende Auslegung des § 16 SGB V in Betracht. Ausdrücklich ergebe sich aus § 16 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, dass der Gesetzgeber eine derartige Einschränkung nicht gewollt habe, denn selbst für Entwicklungshelfer ruhe der Krankenversicherungsanspruch während der Zeit des Entwicklungsdienstes. Insoweit habe der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum. Für Mitarbeiter der G-Stiftung, die anders als Entwicklungshelfer in einem Beschäftigungsverhältnis mit Gehaltsbezug stünden, existierten tarifvertragliche Regelungen über die Gewährung von Beihilfen in Krankheitsfällen des Auslandsmitarbeiters und seiner Familienangehörigen (Manteltarifvertrag für Auslandsmitarbeiter der G- und anderer Stiftungen vom 29.05.1980). Ein Anspruch aus § 17 SGB V komme nicht Betracht, da die Klägerin wede...

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