Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Beitragsrecht. berufsgenossenschaftliches Ausgleichsverfahren. Fußballverein: ideeller Betrieb und wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. vollständige Befreiung von der Zahlung der Anteile zur Lastenteilung und zum Lastenausgleich gem § 180 Abs 2 SGB 7. gemeinnützige Einrichtung. entsprechende Anwendung der §§ 51ff AO. Regel-Ausnahme-Verhältnis. vorläufige Bescheinigung vom Finanzamt. Körperschaftssteuerbescheid: keine Befreiung von der Steuerpflicht hinsichtlich des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs
Orientierungssatz
1. Ein Fußballverein, der neben dem ideellen und gemeinnützigen Betrieb (Kinder- und Jugendfußball) auch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Erste Fußballmannschaft in der Regionalliga, Bistro) unterhält, hat gem §§ 153 Abs 4 S 1, 180 Abs 2 SGB 7 iVm §§ 51ff AO keinen Anspruch auf vollständige Befreiung von der anteiligen Zahlung zum Lastenausgleich und zur Lastenteilung.
2. Ob eine Einrichtung gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt, kann die Berufsgenossenschaft nach Maßgabe der steuerrechtlichen Normen als Vorfrage zwar eigenständig entscheiden. Liegt aber eine entsprechende vorläufige Bescheinigung des Finanzamtes vor, nach der die gesamte Körperschaft gemeinnützigen Zwecken dient, reicht dies zur Bejahung der Gemeinnützigkeit auch iSd § 180 Abs 2 SGB 7 aus.
3. Bei der Prüfung, ob ein Unternehmen als gemeinnützig im Sinne der Vorschrift anzusehen ist, sind die Regelungen der §§ 51ff AO heranzuziehen. Einen eigenständigen unfallversicherungsrechtlichen Begriff der Gemeinnützigkeit gibt es nicht; der Begriff ist vielmehr nach der Entstehungsgeschichte der Freistellungsvorschrift, ihrem systematischen Zusammenhang mit den anderen Regelungen des § 180 SGB 7 sowie dem Zweck der Freibeträge unter Rückgriff auf die Vorschriften der Abgabenordnung zu bestimmen (vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 4/11 R = BSGE 111, 24 = SozR 4-2700 § 180 Nr 1 ).
4. Zu dem in den §§ 51ff AO vorgesehenen Regel-Ausnahme-Verhältnis.
5. Zum Nichtvorliegen eines Zweckbetriebes iS des § 65 AO.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.04.2018 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird endgültig auf 37.854,12 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist im Berufungsverfahren noch die Aufhebung der Befreiung des Klägers von den Anteilen an der gemeinsamen Lastentragung nach §§ 176 ff. Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) durch die Beklagte.
Der Kläger ist ein Fußballverein, der nach seiner Neugründung am 00.00.2010 in das Vereinsregister eingetragen wurde. Die Erste Herrenmannschaft des Klägers trat zunächst in der NRW-Liga an und nahm seit der Saison 2012/2013 am Spielbetrieb der Regionalliga West (vierthöchste Spielklasse) teil. Der Kläger betreibt außerdem weitere Fußballmannschaften insbesondere im Kinder- und Jugendbereich.
Im August 2011 meldete sich der Kläger bei der Beklagten als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung an. Dabei übersandte er u.a. auch eine vorläufige Bescheinigung des Finanzamtes L vom 29.07.2010, wonach er nach der eingereichten Satzung ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken i.S.d. §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO) diene und zu den in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftssteuergesetz (KStG) bezeichneten Körperschaften gehöre. Weiter ergab sich aus dieser Bescheinigung, dass sie, abgesehen vom Widerruf, ihre Gültigkeit verliere, sobald ein Steuerbescheid oder Freistellungsbescheid für die bezeichnete Körperschaft ergangen sei. Die Bescheinigung gelte längstens 18 Monate ab Ausstellungsdatum.
Mit Schreiben vom 04.08.2011 bestätigte die Beklagte ihre Zuständigkeit und befreite den Kläger mit Bescheid vom 09.08.2011 von der Zahlung des Anteils zum Lastenausgleich und der Anteile zur Lastenverteilung gemäß § 180 Abs. 2 SGB VII. Die Finanzverwaltung habe mit Bescheid vom 29.07.2010 die Einrichtung des Klägers als gemeinnützig anerkannt. Davon unberührt sei die grundsätzliche Beitragspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung. Es werde um zeitnahe Information gebeten, wenn die Gemeinnützigkeit durch die Finanzverwaltung nicht mehr anerkannt werde.
Auf der Grundlage jeweils zuvor ergangener Veranlagungsbescheide setzte die Beklagte die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für die Jahre 2011 und 2012 fest (Beitragsbescheid für das Jahr 2011 vom 20.04.2012, Beitragsbescheid für das Jahr 2012 vom 22.04.2013). Anteile zum Lastenausgleich und zur Lastenverteilung wurden nicht erhoben. Auch für das Jahr 2013 setzte die Beklagte auf Grundlage eines Veranlagungsbescheides den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung ohne Anteile zum berufsgenossenschaftlichen Ausgleichsverfahren fest (Beitragsbescheid vom 22.04.2014).
Bereits mit Schreiben vom 30.10.2013 bat die Beklagte den Kläger um Mitteilung, ...