Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 25.06.1996; Aktenzeichen S 10 A 98/95) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25.6.1996 wird als verspätet verworfen.
Tatbestand
I
Im Rechtsstreit des Klägers um Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit hat das Sozialgericht Koblenz in der mündlichen Verhandlung vom 25.6.1996, in der der Kläger selbst und Rechtsanwalt S. in Untervollmacht für Rechtsbeistand W. anwesend waren, gemäß Sitzungsniederschrift durch Richter am Sozialgericht Wittenbrock ein klageabweisendes Urteil verkündet. Das mit Entscheidungsgründen versehene schriftliche Urteil, das demgegenüber im Rubrum Richter am Sozialgericht Grajewski als Vorsitzenden auswies, wurde dem Klägervertreter durch Empfangsbekenntnis am 17.7.1996 zugestellt. Nachdem am gleichen Tag Rechtsanwalt S. die fehlerhafte Bezeichnung des Vorsitzenden gerügt hatte, hat das Sozialgericht die Urteilsausfertigungen zurückgefordert und mit Beschluß vom 23.8.1996 das Rubrum berichtigt und Richter am Sozialgericht Wittenbrock als Vorsitzenden aufgeführt. Der Beschluß enthält die Rechtsmittelbelehrung, daß Beschwerde zulässig ist. Der Beschluß wurde gemäß Empfangsbekenntnis dem Klägervertreter am 27.8.1996 zugestellt und zugleich das Urteil mit dem Berichtigungsvermerk. Mit Schriftsatz vom 11.9.1996, beim Landessozialgericht am 12.9.1996 eingegangen, hat der Klägervertreter „zunächst aus Fristgründen” Berufung eingelegt.
Nachdem der Senat mit Schreiben vom 18.11.1996 darauf hingewiesen hat, daß das Urteil am 17.7.1996 zugestellt wurde und somit die am 12.9.1996 eingegangene Berufungsschrift die Frist nicht gewahrt hat, hat der Klägervertreter mit am Montag, dem 23.12.1996 eingegangenen Schriftsatz vom 19.12.1996 eingewandt, das Urteil sei am 17.7.1996 nicht ordnungsgemäß, weil im Rubrum fehlerhaft, zugestellt worden. Erst mit der Zustellung der berichtigten Ausfertigung am 27.8.1996 sei die Berufungsfrist in Lauf gesetzt worden. Erst zu diesem Zeitpunkt seien die Urteilsgründe dem Kläger bekannt geworden und er habe erst dann beurteilen können, ob Berufung eingelegt werden solle. Jedenfalls müsse der Berufungsantrag vom 11.9.1996 als Wiedereinsetzungsantrag ausgelegt werden. Eine Fristversäumnis an 11.9.1996 sei nicht auf Verschulden des Klägers oder seines Prozeßbevollmächtigten zurückzuführen. Hilfsweise beantrage er „nochmals ausdrücklich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand”. Anschließend begründete der Kläger seine Berufung.
Entscheidungsgründe
II
Der Senat entscheidet gemäß § 158 Satz 2 SGG durch Beschluß.
Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsfrist nicht gewahrt ist und Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist nicht gewährt werden kann.
Das Urteil wurde dem durch schriftliche Vollmacht ausgewiesenen Prozeßbevollmächtigten durch Empfangsbekenntnis ordnungsgemäß am 27.8.1996 zugestellt. Die Urteilsausfertigung ist gemäß § 137 SGG ordnungsgemäß, denn sie enthält das Rubrum, Urteilsformel, Urteilsbegründung sowie die Wiedergabe der Unterschrift (s. BSG 11.2.1981 – 2 RU 37/80 – in SozR 1500 § 134 Nr. 3 = § 135 Nr. 1) des Richters. Demgegenüber ist die falsche. Bezeichnung des Vorsitzenden im Rubrum lediglich ein Fehler, der gemäß § 138 SGG zu berichtigen war. Die Zustellung des Berichtigungsbeschlusses vom 23.8.1966 am 27.8.1996 setzte, darauf wurde ordnungsgemäß in der Rechtsmittelbelehrung hingewiesen, (nur) die Beschwerdefrist gegen den Berichtigungsbeschluß (§ 172 SGG) in Lauf. Jedoch setzte die gleichzeitige – erneute – Zustellung des – nunmehr berichtigten – Urteils die Berufungsfrist nicht, auch nicht erneut in Lauf.
Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist ist nicht zu gewähren.
Zum einen ist schon der im Schriftsatz vom 19.12.1996 „hilfsweise” gestellte ausdrückliche „Wiedereinsetzungsantrag” nicht ordnungsgemäß, denn es fehlt die versäumte Rechtshandlung, die Angabe, daß Berufung eingelegt wird (§ 67 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die – verspätete – Berufungsschrift vom 11.9.1996 kann schon deshalb nicht als Wiedereinsetzungsantrag ausgelegt werden, weil allein aus ihr die Fristversäumnis nicht zu erkennen ist.
Im übrigen ist die Versäumung der Berufungsfrist infolge der irrtümlichen Annahme, die erneute Zustellung des berichtigten Urteils habe erst die Berufungsfrist in Lauf gesetzt, nicht unverschuldet. Sie wäre es selbst nicht bei einem nicht rechtskundig vertretenen Kläger. Denn es ist nicht diejenige Sorgfalt angewendet worden, die einem gewissenhaften Prozeßführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist (vgl. Meyer-Ladewig SGG 5. Auflage 1993, § 67 Anm. 3 ff). Die Rechtsmittelbelehrung in dem formell ordnungsgemäß am 17.7.1996 zugestellten Urteil weist ordnungsgemäß auf die Rechtsmittelfrist „nach Zustellung” dieses „Urteils” hin. Es liegt nur ein verschuldeter Irrtum über den Beginn der Berufungsfrist vor. Daß die Versäumung nicht unverschuldet ist, beweist auch der Schriftsatz vom...