Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunftskosten. selbst genutztes Hausgrundstück bzw Eigentumswohnung. Leibrentenzahlung
Leitsatz (amtlich)
Zahlungen auf ein Leibrentenversprechen können Kosten der Unterkunft iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 sein.
Tenor
1. Auf die Beschwerden der Beschwerdeführer wird der Beschluss des Sozialgerichts M vom 01.08.2012 aufgehoben und der Beschwerdegegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Beschwerdeführern vorläufig für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2013, längstens jedoch bis zur Bestands- bzw. Rechtskraft in der Hauptsache, höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung von weiteren Kosten der Unterkunft in Höhe von 440,00 € monatlich zu gewähren.
2. Der Beschwerdegegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer in beiden Rechtszügen.
3. Den Beschwerdeführern wird für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens ab Antragstellung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwältin L A , W , beigeordnet.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Beschwerdegegners ihnen vorläufig höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung der von ihnen zu zahlenden Leibrente in Höhe von 440,00 € monatlich als Kosten der Unterkunft zu zahlen.
Der 1955 geborene Beschwerdeführer zu 1) und die 1960 geborene Beschwerdeführerin zu 2) beziehen seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beschwerdegegner. Sie sind (je zur Hälfte) Eigentümer einer selbstbewohnten Immobilie mit einer Wohnfläche von 85 m² und einer Grundstücksfläche von 310 m² in W . Die Beschwerdeführer hatten die Immobilie aufgrund eines notariellen "Übergabevertrages mit Auflassung" vom 16.06.2003 (mit notariellem Nachtrag vom 20.02.2004) übertragen. Die damalige Eigentümerin (Übergeberin), die am 21.01.1946 geboren ist, hatte sich nach II. des Vertrages verpflichtet, das Eigentum an dem Grundstück an die Beschwerdeführer zu übertragen. Der Wert wurde zu Kostenzwecken mit 80.000 € angegeben. Nach III. 1. des Vertrages (mit "Gegenleistungen" überschrieben), verpflichteten sich die Beschwerdeführer an die Übergeberin und ihren am 27.01.1939 geborenen Ehemann als Gesamtberechtigte eine monatliche Rente i.H.v. 440 € zu zahlen, solange einer von beiden noch lebt. Die Rentenhöhe soll unter gewissen, näher beschriebenen Umständen, dem Verbraucherindexpreis angepasst werden können. Zur Sicherung der Zahlungsverpflichtung wurde zugunsten der Übergeberin und ihres Ehemannes eine auf deren Lebenszeit beschränkte Reallast eingetragen. Nach III. 2. des Vertrages ist die Übernehmerin bzw. nach deren Tod ihr Ehemann berechtigt vom Vertrag zurückzutreten, sollten die Beschwerdeführer mit der Zahlung von mehr als drei Monatsraten in Verzug geraten. In diesem Fall ist das Grundstück wieder an die Übergeberin bzw. ihren Ehemann zurück zu übertragen. Zur Sicherung wurde eine (bedingte und befristete) Rückauflassungsvormerkung zugunsten der Übergeberin und eine Auflassungsvormerkung zugunsten ihres Ehemannes eingetragen. Eine Rückzahlung der bereits erbrachten Rentenzahlungen soll nicht stattfinden (III. 2. des Vertrages). Die Beschwerdeführer sind im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.
Ausweislich des Abgabenbescheides der Verbandsgemeinde Wöllstein vom 06.01.2012 haben die Beschwerdeführer Abgaben (Grundsteuer, Schmutzwasser, wiederkehrender Beitrag, Wasser, Müll) in Höhe von insgesamt 640,86 € zu zahlen, von denen am 15.02.2012 ein Betrag von 190,35 €, am 15.05.2012 ein Betrag von 115,15 €, am 15.08.2012 ein Betrag von 220,15 € und am 15.11.2012 ein Betrag von 115,21 € fällig wird. Der Betrag für die Wohngebäudeversicherung beläuft sich seit 2011 auf 180,93 € jährlich und wird jeweils am 01.07. des Jahres fällig.
Nachdem der Beschwerdegegner zunächst den Leibrentenbetrag in Höhe von 440,00 € als Kosten der Unterkunft anerkannt hatte, berücksichtigte er für den Bewilligungsabschnitt vom 01.03.2012 bis zum 31.07.2012 lediglich noch die übrigen (Neben-)Kosten der Unterkunft in Höhe eines auf den Monat umgerechneten Durchschnittbetrages (Bescheid vom 10.01.2012 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 27.07.2012). Ein Antrag der Beschwerdeführer auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die weiteren Kosten der Unterkunft war insofern erfolgreich, als die 10. Kammer des Sozialgerichts (SG) Mainz den Beschwerdegegner mit Beschluss vom 20.03.2012 (S 10 AS 178/12 ER, juris) verpflichtete, den Beschwerdeführern vorläufig höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft ab dem 01.03.2012 bis zum 31.07.2012, längstens jedoch bis zur Bestands- bzw. Rechtskraft in der Hauptsache, zu gewähren und zwar im März und April ausgehend von einem monatlichen Bedarf für die Kosten der Unterkunft i.H.v. jeweils 440 €, im Mai von 555,15 €, im Juni von 44...