Verfahrensgang
SG Speyer (Beschluss vom 10.01.1992; Aktenzeichen S 7 I 657/90) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des Sozialgerichts Speyer vom 10.1.1992 geändert und der Klägerin Rechtsanwalt M. R. K. im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnet.
Gründe
Die zur Gewährung der Prozeßkostenhilfe erforderlichen Voraussetzungen gemäß §§ 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 ff Zivilprozeßordnung (ZPO), sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin, deren monatliches Renteneinkommen ausweislich des Bescheides der Beklagten vom 10.7.1991 sich auf 847,74 DM beläuft, ist nicht in der Lage, die Kosten der Prozeßführung aufzubringen. Nach der Tabelle in der Anlage zu § 114 ZPO ist bei einem Monatseinkommen bis zu 850,– DM kein Zahlbetrag zumutbar.
Die Klage hat auch, wie § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO voraussetzt, hinreichende Erfolgsaussicht. Denn bei der im Rahmen der Gewährung von Prozeßkostenhilfe vorzunehmenden summarischen Prüfung ergibt sich durchaus die Möglichkeit, daß der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossene Darlehensvertrag vom 12.12.1983 gemäß § 138 BGB gegen die guten Sitten verstößt, damit nichtig ist und zugleich die Unwirksamkeit der sicherungsweise erfolgten Abtretung des Rentenanspruches der Klägerin an die Beigeladene bewirkt.
Bei der derzeitigen Aktenlage erscheint es durchaus als möglich, daß ein auffälliges Mißverhältnis zwischen der Leistung in Gestalt der Kreditgewährung und der Gegenleistung in Gestalt des vereinbarten Darlehenszinssatzes besteht. Der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossene Kreditvertrag beinhaltet einen effektiven Jahreszins von 22,1 % und nicht von – wie im Kreditvertrag angegeben – 20,9 %. Die hierzu vorzunehmende Berechnung beruht auf der sogenannten Uniformmethode, welche für Kreditverträge mit einer Laufzeit bis zu 48 Monaten anzuwenden ist (Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 48. neu bearbeitete Auflage, 1989 Anm 2 r zu § 246 BGB mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes).
Hiernach gilt folgende Formel:
2.400 × Kreditkosten: Laufzeit in Monaten + 1 × Nettokredit. Dies ergibt hier folgende Rechnung:
2.400 × 1.326: 48 × 3.000 = 3.182.400: 144.000 = 22,1 (%).
Bei dieser Berechnung setzen sich die Gesamtkreditkosten zusammen wie folgt: Kreditgebühren in Höhe von 1.075,– DM zuzüglich 120,– DM mitfinanzierter fremder Kosten zuzüglich 131,– DM Auftragsgebühren, dies ergibt zusammen 1.326,– DM. Bei dieser Berechnung waren mitfinanzierte fremde Kosten – bei denen es sich offenbar um Kreditvermittlungsprovision handelte – und Auftragsgebühren zu berücksichtigen, während die Restschuldversicherungsprämie von 148,– DM nicht mehr zu den Kreditkosten zu zählen ist (BGH NJW 1988, S 1661; vgl hierzu kritisch Reifner, Die Kosten des sittenwidrigen Kredits, NJW 1988, S 1948 ff, 1949 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BGH). Die Laufzeit des vorliegenden Kreditvertrages beträgt 47 Monate, so daß oben genannte Uniformmethode hier angewendet werden kann. Der Nettokreditbetrag stellt sich nach dem genannten Vertrag auf 3.000,– DM. Der oben errechnete Effektivzins von 22,1 % liegt ganz offensichtlich weit über dem damaligen fiktiven Marktzins (vgl hierzu das Urteil des Senats vom 23.3.1989 L 2 I 106/87 = S 4 I 34/86 SG Koblenz; danach belief sich im Dezember 1982 der unter Berücksichtigung der Monatsberichte der Deutschen Bundesbank vom Dezember 1982, statistischer Teil, errechnete fiktive Jahreszins auf 14,39 %). Im Verlaufe des weiteren Verfahrens wird es zweckmäßig sein, den Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom Dezember 1983, dem Monat des erstmaligen Vertragsschlusses, beizuziehen, und sodann den fiktiven Marktzins im Dezember 1983 zu errechnen, der dem oben berechneten Effektivzins gegenüberzustellen ist. Je nach dem, in welchem Umfange der effektive Jahreszins den fiktiven Marktzins überschreitet, wird dann weiter zu prüfen sein, ob allein schon der Grad der Überschreitung ausreicht, um die Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages und somit die Unwirksamkeit der Abtretung zu bejahen. Insoweit wird auf die im genannten Urteil des Senats vom 23.3.1989 sowie in der Beschwerdeschrift zitierte Rechtsprechung des BGH hingewiesen. Sollte sich nicht schon allein unter Berücksichtigung des Unterschiedes zwischen effektivem Jahreszins und fiktivem Marktzins die Sittenwidrigkeit ergeben, so wird weiter zu prüfen sein, ob die Gesamtumstände den Kreditvertrag vom 12.12.1983 sittenwidrig machen. Hierbei ist nicht zuletzt auch zu prüfen, ob der Darlehensvertrag und insbesondere die Sicherungsabtretung gegen Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) verstoßen und deshalb unwirksam sind (vgl hierzu das Urteil des Senats vom 25.9.1989 L 2 I 88/87 = S 4 I 434/85 SG Koblenz; der Senat hatte in dem dort entschiedenen Falle wegen mangelnder Bestimmtheit der Abtretungsklausel einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AGBG und somit die Unwirksamkeit der Abtretung festgestellt).
Soweit aus der Akte der Beklagten er...