Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Kostenentscheidungen bei Klagen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Feststellung von Versicherungspflicht. objektive Klagehäufung
Leitsatz (amtlich)
Erlässt der Versicherungsträger in einem Verfahren über die Feststellung von Versicherungspflicht gesonderte Bescheide gegenüber Arbeitnehmer und Arbeitgeber und erheben diese getrennte Klagen, so liegt auch im Falle einer späteren Verbindung der Rechtsstreitigkeiten eine objektive Klagehäufung vor, die getrennte Kostenentscheidungen nach § 193 SGG und nach § 197a SGG erfordert.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 13.02.2012 - S 11 R 387/08 - hinsichtlich Ziffer 2. des Tenors abgeändert. Der Streitwert für den Rechtsstreit der Klägerin zu 2 gegen die Beklagte wird auf 19.692,97 Euro festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Über die zulässige Beschwerde entscheidet der Senat, da der Berichterstatter das Verfahren aufgrund der besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Art dem Senat übertragen hat (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 Gerichtskostengesetz - GKG -).
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, ob die Festsetzung des Streitwerts durch das Sozialgericht Speyer (SG) in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren (§ 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) S 11 R 386/08 und S 11 R 387/08 zutreffend erfolgt ist. Durch die Verbindung wurden die zuvor voneinander unabhängigen Verfahren zu einem einheitlichen Prozess zusammengeführt (vgl. Beschluss des SG unter Verweis auf Wendtland in BeckOK, ZPO, Stand 15.07.2013, § 147 RdNr. 11). Da eine Trennung der Verfahren nicht mehr erfolgt ist, konnte sich der Beschluss des SG vom 13.02.2012 nur auf das gesamte Verfahren erstrecken. Der Rechtsstreit S 11 R 387/08 war durch die Verbindung nicht erledigt, lediglich "das Aktenzeichen" fand seine statistische Erledigung. Der Senat hat demgemäß das Rubrum geändert.
Der Beschluss des SG vom 13.02.2012 ist hinsichtlich der Kostenentscheidung nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Da nach einer Verbindung der Rechtsstreitigkeiten eine einheitliche Kostenentscheidung zu ergehen hat (vgl. Hk-SGG/Roller, 4. Auflage, § 113 RdNr. 10) - die das SG im Urteil vom 17.11.2010 wohl auch getroffen hat -, war kein Raum mehr für eine gesonderte Kostenentscheidung durch Beschluss nach § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das verbundene Verfahren ist nämlich hier durch Urteil beendet worden. Ob bei einer trotzdem durch Beschluss getroffenen Kostenentscheidung eine Unanfechtbarkeit nach § 158 Abs. 2 VwGO besteht, kann offen bleiben. Auch braucht nicht entschieden werden, ob das SG hinsichtlich der Kostenentscheidung vielmehr eine Berichtigung des Urteils (§ 138 SGG) oder eine Ergänzung des Urteils (§ 140 Abs. 1 SGG) vorgenommen hat. Jedenfalls hat die Beklagte ihre Beschwerde in zulässiger Weise auf die Festsetzung des Streitwerts beschränkt.
II.
Die zulässige Beschwerde hinsichtlich des Streitwerts (Tenor des Beschlusses des SG vom 13.02.2012 Ziffer 2) ist teilweise begründet. Der Streitwert hinsichtlich des Verfahrens der Klägerin zu 2 ist auf 19.692,97 Euro festzusetzen. Eine Begrenzung der zeitlichen Festsetzung bis zur Verbindung der Rechtsstreitigkeiten ist nicht vorzunehmen. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 und 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.
Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass der Kläger zu 1 dem sozialgerichtlichen System für kostenrechtlich privilegierte Beteiligte (§ 183 Satz 1, §§ 184 bis 195 SGG) und die Klägerin zu 2 dem System für die sonstigen Beteiligten (§ 197 a SGG; GKG; §§ 154 bis 162 VwGO) unterfiel. Diese beiden unterschiedlichen Konzepte des SGG müssen innerhalb einer Instanz miteinander verbunden werden. Ist bei einem Streit mit einheitlichem Streitgegenstand in einer Instanz ein kostenrechtlich privilegierter Hauptbeteiligter, greift - auch bei subjektiver Klagehäufung mit einem nicht Kostenprivilegierten - die Regelung für Kostenprivilegierte ein. Sind dagegen in Fällen objektiver Klagehäufung (§ 56 SGG) die Hauptbeteiligten hinsichtlich eines Streitgegenstandes nicht kostenprivilegiert, wohl aber zumindest einer der Hauptbeteiligten hinsichtlich des anderen, besteht kein Grund, zu einer Kostenprivilegierung für beide Streitgegenstände zu gelangen. Vielmehr ist bei der Kostenentscheidung dann zwischen den Streitgegenständen zu differenzieren (vgl. BSG, Beschluss vom 26.07.2006 - B 3 KR 6/06 B -, SozR 4 - 1500 § 197a Nr. 4; BSG, Urteil vom 26.09.2006 - B 1 KR 1/06 R -, SozR 4 - 2500 § 31 Nr. 5).
Zunächst ist daher festzulegen, ob ein einheitlicher Streitgegenstand oder eine objektive Klagehäufung verschiedener, voneinander zu trennender Streitgegenstände vorliegt. Der Begriff des "Streitgegenstandes" im Sinne des SGG (§ 123) deckt sich mit dem Begri...