Leitsatz (amtlich)
1. Eine mindestens 6-monatige Erwerbstätigkeit iS des § 48 Abs 2 Nr 2 SGB 5 setzt nicht voraus, dass diese Erwerbstätigkeit die Anforderungen des § 119 Abs 4 S 1 Nr 2 oder 3 SGB 3 erfüllt.
2. Ist die Klage im Hauptsacheverfahren offensichtlich zulässig und begründet, vermindern sich bei einem Antrag auf einstweilige Anordnung die Anforderungen an den Anordnungsgrund.
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 4.1.2005 aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Krankengeld wegen der Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgrund seiner psychischen Erkrankung ab dem 22.11.2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Tatbestand
Umstritten ist im Hauptsacheverfahren ein Anspruch auf Krankengeld. Vorliegend geht es darum, ob im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzuordnen ist, dass dem Antragsteller diese Leistung zu gewähren ist.
Der 1959 geborene Antragsteller, der beruflich bis Oktober 2000 als selbstständiger Versicherungskaufmann tätig war, war seit 1993 freiwillig bei der Techniker Krankenkasse (TK) krankenversichert. Am 10.10.2000 wurde er wegen eines grippalen Infekts und psychischer Erschöpfung krank geschrieben. Am 30.10.2000 wurde ihm ab dem 22.10.2000 wegen einer depressiven Episode Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Für die Zeit ab dem 17.10.2000 bis zum 15.4.2002 erhielt er von der TK Krankengeld.
Vom 16.4.2002 an war der Antragsteller als Geschäftsführer der Firma W W & Partner GmbH tätig. Zu dieser Tätigkeit gab er an (Bl 389 VA): Vom 16.4.2002 bis zum 31.3.2003 sei er täglich eine halbe bis eine Stunde (mit erheblichen Pausen) mit Tätigkeiten wie Öffnen des Posteingangs, Sortieren der Post und Zuteilen an die Aushilfen, Leistung von Unterschriften sowie Kontenverwaltung befasst gewesen. Vom 1.4.2003 bis zum 31.8.2003 habe er zusätzlich Registraturarbeiten und die Kontrolle von Courtagelisten mit einer Arbeitszeit von insgesamt 1 – 1 ½ Stunden täglich erledigt. Vom 1.9. bis zum 8.9.2003 sei wieder eine Reduzierung der Arbeitszeit auf eine bis eine halbe Stunde täglich erfolgt; vom 9. bis zum 30.9.2003 habe er erneut ein bis 1 ½ Stunden täglich gearbeitet. Ab dem 1.10.2003 sei die Arbeitszeit auf zwei Stunden täglich erhöht worden, wobei an Tätigkeiten die Bestandspflege der Computer und die Terminvereinbarung für die Aushilfen hinzugekommen sei, auch in dieser Zeit seien erhebliche Pausen während der Arbeitszeit erforderlich gewesen. Die Antragsgegnerin wertete die Tätigkeit für diese Firma als selbständige Tätigkeit und behandelte den Antragsteller versicherungsrechtlich als freiwillig versicherten Selbstständigen (Bescheid vom 20.2.2003); diese Zuordnung ist – jedenfalls hinsichtlich der Zeit bis zum 1.10.2003 - zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Neben dieser Tätigkeit war der Antragsteller vom 16.8.2002 bis zum 30.9.2003 bei der Firma A mit 15 Stunden wöchentlich bei einer Vergütung von 480 € monatlich beschäftigt, wobei er einfache Hilfsarbeiten zu verrichten hatte, ab dem 1.10.2003 vereinbarte er eine ähnliche Tätigkeit mit der Firma H (Bl 338 VA).
Ab dem 11.4.2003 bis zum 30.5.2003 wurde der Antragsteller, der ab dem 1.6.2003 bei der Antragsgegnerin krankenversichert war, von seinem behandelnden Arzt Dr R wegen eines psychovegetativen Erschöpfungszustandes und dann ab dem 2.10.2003 (107 VA) wegen einer depressiven Episode krankgeschrieben. Die Krankschreibung erfolgte bis zum 31.3.2004 (Bl 487 VA). Später war der Antragsteller nochmals vom 1.7. bis 30.10.2004 (Bl 62 GA) wegen psychischer Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben. Ab dem 31.10.2004 erhielt der Antragsteller Arbeitslosengeld (62 GA). In einem Rentenverfahren gegen die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) wies das Sozialgericht (SG) Wiesbaden die Klage durch Urteil vom 26.2.2004 ab, da der Antragsteller auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mehr als 6 Stunden eine Erwerbstätigkeit verrichten könne.
Die Antragsgegnerin lehnte die Gewährung von Krankengeld anlässlich der ab dem 2.10.2003 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ab. Zur Begründung verwies sie darauf, die Arbeitsunfähigkeit beruhe auf derselben Erkrankung, wegen welcher der Antragsteller bis zum 15.4.2002 Krankengeld erhalten habe; da die neue Erkrankung innerhalb der bis zum 21.11.2003 laufenden Blockfrist eingetreten sei, stehe dem Antragsteller kein Krankengeld zu (Schreiben vom 17.11.2003, Bl 137 VA). Durch Widerspruchsbescheid vom 21.10.2004 wurde der hiergegen eingelegte Widerspruch zurückgewiesen. Hinsichtlich des Anspruchs auf Krankengeld wegen der Arbeitsunfähigkeit ab dem 2.10.2003 ist ein Hauptsacheverfahren beim SG Wiesbaden anhängig (S 3 KR 364/04).
Am 6.10.2004 hat der Antragsteller beim SG Wiesbaden einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Das SG Wiesbaden hat dieses Verfahren wegen ört...