Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretungsbefugnis eines Rentenberaters in Angelegenheiten der sozialen Pflegeversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Ob die einem Rentenberater erteilte Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nach Art 1 § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) die Vertretung in Angelegenheiten der sozialen Pflegeversicherung umfasst, ist unter Berücksichtigung des von der Erlaubnisbehörde im Verfahren der Erlaubniserteilung zu Grunde gelegten zulässigen Tätigkeitsumfangs zu ermitteln.

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Beschluss vom 11.02.2000; Aktenzeichen S 2 P 98/98)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Rentenberaters Erich Kreid wird seine Zurückweisung als Bevollmächtigter des Klägers durch Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 11.2.2000 aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der als Rentenberater zugelassene Beschwerdeführer den Kläger in einem Verfahren der sozialen Pflegeversicherung vertreten darf.

In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Koblenz (SG) begehrt der Kläger als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau Pflegegeld nach Stufe I rückwirkend ab Antragstellung im November 1996. Mit seiner Vertretung hat der Kläger den Beschwerdeführer beauftragt. Im Hinblick auf eine entsprechende Rüge der beklagten Pflegekasse in einem Parallelverfahren hat das Sozialgericht nach vorheriger Anhörung mit Beschluss vom 11.2.2000 den Beschwerdeführer als Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Vertretung in Angelegenheiten der sozialen Pflegeversicherung sei nicht von der dem Beschwerdeführer vom Präsidenten des Landgerichts Koblenz erteilten und auf Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) gestützten Erlaubnis gedeckt. Die Teilerlaubnis als Rentenberater erfasse vor allem die Bereiche der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte sowie das Versorgungsrecht; angestrebter Zweck sei die zu erwartende Rente. Demgegenüber habe die soziale Pflegeversicherung keine Rentengewährung zum Gegenstand, ihre Leistungen würden nicht als Ausgleich für Einbußen an Erwerbsfähigkeit erbracht. Eine Annexkompetenz folge insoweit vorliegend auch nicht aus dem Begriff des Rentenberaters. Denn sie komme nur in Betracht, wenn im Einzelfall die umstrittene Tätigkeit in einem so engen Zusammenhang mit der eigentlichen Berufstätigkeit stehe, dass ohne sie die erlaubte Tätigkeit unmöglich gemacht würde (Hinweis auf BSG 5.11.1998 – B 11 AL 31/98 R, SGb 2000, 25 ff mit abl. Anmerkung Hansen). Ein solch enger Zusammenhang sei vorliegend nicht gegeben, weil die Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber der Pflegeversicherung offenkundig keinen Einfluss auf die Gewährung einer Versichertenrente habe.

Der gegen den am 15.2.2000 zugestellten Beschluss form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde hat das Sozialgericht nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde ist sachlich begründet. Grundsätzlich kann das Sozialgericht zwar einen geschäftmäßig tätigen Prozessbevollmächtigten, der die nach dem Rechtsberatungsgesetz notwendige Erlaubnis nicht besitzt, von dem gesamten Verfahren, auch dem schriftlichen, ausschließen (Meyer-Ladewig, § 73 SGG RdNr. 11 d). Sachlich ist der angefochtene Beschluss jedoch unzutreffend, denn der Beschwerdeführer besitzt die notwendige Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten auch auf dem Gebiet der sozialen Pflegeversicherung.

Gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen, geschäftsmäßig – ohne Unterschied zwischen haupt- und nebenberuflicher oder entgeltlicher und unentgeltlicher Tätigkeit – nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist. Hierbei handelt es sich um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, das grundsätzlich jede geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vom Vorliegen einer Erlaubnis abhängig macht. Dem Beschwerdeführer ist die in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBerG vorgesehene Teilerlaubnis als „Rentenberater” erteilt worden. Hinsichtlich des Umfangs der Erlaubnis wird in der Erlaubnisurkunde des Präsidenten des Landgerichts Koblenz vom 26.7.1996 auf „die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes sowie der hierzu ergangenen Ausführungsverordnungen” verwiesen, die zulässigen Tätigkeitsfelder werden jedoch nicht näher benannt; sie sind auch aus den in Bezug genommenen Rechtsvorschriften nicht zweifelsfrei ableitbar. Da allerdings die Erlaubniserteilung allein in die Zuständigkeit der Justizverwaltung fällt, ist in erster Linie maßgeblich, von welchem grundsätzlich möglichen Inhalt des gesetzlich nicht definierten Begriffs „Rentenberatung” die Verwaltung ausgegangen ist. In Betracht kommen insoweit nach den in der Literatur vertretenen Auffassungen drei Modelle (vgl. im Einzelnen Hessisches Landessozialgericht 1....

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