Entscheidungsstichwort (Thema)
Neue Berufskrankheit. Staubbronchitis. Stichtagsregelung. Quasi-Berufskrankheit. Noch nicht abgeschlossenes Verfahren
Orientierungssatz
Kein Anspruch auf Entschädigung wegen einer Staubbronchitis als Berufskrankheit gem BKV Anl 4111 bzw als Quasi-Berufskrankheit gem § 551 Abs 2 RVO, wenn der Versicherungsfall vor der Stichtagsregelung gem § 6 Abs 1 BKV eingetreten war (1.1.1993) (vgl BSG vom 30.9.1999 - B 8 Kn 5/98 U R = SozR 3-2200 § 551 Nr 13).
Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 23.06.1999; Aktenzeichen S 6 KnU 24/98) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 23.6.1999 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, weil er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Dem Kläger ist hierzu mit Schreiben vom 10.3.2000 rechtliches Gehör gewährt worden.
I.
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4111 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO).
Der am … 1936 geborene Kläger war von 1952 bis 1987 im Steinkohlebergbau unter Tage als Jungarbeiter, Schlepper, Hauer und Kolonnenführer beschäftigt.
Im Dezember 1995 beantragte der Kläger die Anerkennung einer Bronchitis und eines Emphysems als Berufskrankheit. Die Beklagte zog zahlreiche medizinische Unterlagen bei. Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Entstehung einer chronischen Bronchitis durch Überschreitung des Grenzwertkriteriums von 100 Feinstaubjahren gegeben seien. Dr. T. erstattete am 6.12.1996 für die Beklagte ein internistisches Gutachten. Er kam zu dem Ergebnis, dass beim Kläger seit 1986 eine chronisch-obstruktive Emphysembronchitis und ein Lungenemphysem vorliege. Ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen der Untertagetätigkeit und der chronischen Emphyserabronchitis sei gegeben. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 20 vH zu veranschlagen.
In einer gutachterlichen Stellungnahme vom 23.1.1997 stimmte Prof. Dr. W. dem Gutachten zu.
Mit Schreiben vom 17.2.1997 teilte die Beklagte der Bundesknappschaft daraufhin mit, sie habe eine Erkrankung gemäß § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) – § 9 Abs. 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) anerkannt. Zeitpunkt des Versicherungsfalles sei der 5.6.1986. Die Beklagte führte anschließend Ermittlungen hinsichtlich des Entgelts des Klägers durch.
Mit Bescheid vom 7.8.1997 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Nach einem vorliegenden Entwurf des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zur Neuordnung der BKVO solle künftig die chronische obstruktive Bronchitis und das Emphysem unter bestimmten Voraussetzungen als Berufskrankheit in die Anlage zur BKVO aufgenommen werden. Nach Art. 2 § 1 Abs. 1 des Entwurfs seien entsprechende Erkrankungen auch rückwirkend als Berufskrankheit anzuerkennen, wobei diese Rückwirkung auf Versicherungsfälle begrenzt sei, die nach dem 31.12.1992 eingetreten seien. Aus Sinn und Zweck des § 551 Abs. 2 RVO folge, dass mit Inkrafttreten der Verordnung die zu diesem Zeitpunkt anhängigen Verfahren nur noch über § 551 Abs. 1 RVO, also nicht mehr nach der Einzelfallregelung von § 551 Abs. 2 RVO entschieden werden dürften. Sei der Entwurf der neuen BKVO bereits bekannt, so bleibe zwar zunächst § 551 Abs. 2 RVO die gültige Entschädigungsnorm; allerdings sei dem bereits erkennbaren Willen des Verordnungsgebers über eine zeitlich begrenzte Rückwirkung zu entsprechen. Anderenfalls würde es zu einer mit den Zufälligkeiten des Verfahrensablaufs begründbaren und damit nicht mehr gerechtfertigten Besserstellung gegenüber denjenigen Versicherten kommen, über deren Ansprüche erst nach Inkrafttreten der Änderung der BKVO entschieden werden könne. Der Versicherungsfall des Klägers sei spätestens am 5.6.1986 und damit noch vor dem 31.12.1992 eingetreten, so dass eine Verletztenrente nicht gewährt werden könne.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.1998 zurückgewiesen.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Koblenz (SG) mit Urteil vom 23.6.1999 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, auch wenn bei dem Kläger vom Vorliegen einer chronischen obstruktiven Bronchitis auszugehen sei, könne für ihn gleichwohl die Anerkennung dieser Berufskrankheit nicht in Betracht kommen. Gemäß § 6 Abs. 1 der BKVO vom 31.10.1997 sei die Berufskrankheit Nr. 4111 der Anlage 1 als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31.12.1992 eingetreten sei. Dies sei beim Kläger aber nicht der Fall. Mithin lägen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 der BKVO vom 31.10.1997 gerade nicht vor. Es bestehe auch kein Anspruch auf Entschädigung der Erkrankung als Quasi-Berufskrankheit gemäß § 551 Abs. 2 RVO. Im Fall d...