Entscheidungsstichwort (Thema)
Neue Berufskrankheit. Staubbronchitis. Stichtagsregelung. Quasi-Berufskrankheit. Noch nicht abgeschlossenes Verfahren
Orientierungssatz
Kein Anspruch auf Entschädigung wegen einer Staubbronchitis als Berufskrankheit gem BKV Anl 4111 bzw. als Berufskrankheit gem § 551 Abs 2 RVO, wenn der Versicherungsfall vor der Stichtagsregelung gem § 6 Abs 1 BKV (1.1.1993) eingetreten war (vgl BSG vom 30.9.1999 - B 8 Kn 5/98 U R = SozR 3-2200 § 551 Nr 13).
Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 09.02.1999; Aktenzeichen S 6 KnU 5/98) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 9.2.1999 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, weil er die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Klägerin ist hierzu mit Schreiben vom 10.3.2000, zugestellt am 15.3.2000, rechtliches Gehör gewährt worden.
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Hinterbliebenenrente.
Die Klägerin ist die Witwe des am … 1930 geborenen und am … 1994 verstorbenen Versicherten F. Sch.. Der Versicherte war von 1948 bis 1951 bei der W. AG im Untertagebergbau beschäftigt, danach arbeitete er mit Unterbrechungen bis 1968 im Rheinisch-Westfälischen Steinkohlebergbau unter Tage, zuletzt als Hauer und Grubensteiger. Nach einem Ingenieurstudium war er ab 1968 außerhalb des Bergbaus beschäftigt. Der Versicherte, der im Mai 1994 die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) beantragt hatte, verstarb an den Folgen eines Adeno-Karzinoms mit Knotenbildung im rechten Lungenoberlappen. Der Antrag der Klägerin auf Hinterbliebenenleistungen wurde mit Bescheid vom 4.7.1995 abgelehnt, da keine Berufskrankheit nach Nr. 4101 oder 4102 (Silikose bzw Siliko-Tuberkulose) der Anlage 1 zur BKVO vorgelegen habe und der Tod des Versicherten deshalb nicht Folge einer solchen Berufskrankheit sei.
Im Dezember 1995 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen, da der Versicherte vor seinem Tod an einer chronisch obstruktiven Bronchitis mit Emphysem schwer erkrankt gewesen sei. Die Beklagte zog zahlreiche medizinische Unterlagen bei. Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten stellte im September 1996 fest, dass das Kriterium „100 Feinstaubjahre” erreicht werde. Prof. Dr. R. kam in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 9.10.1996 zu dem Ergebnis, dass der Versicherte an den Folgen der wiederholt durchgeführten Karzinomoperationen und der als Berufserkrankung anzusehenden schwergradig chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung mit Cor pulmonale verstorben sei. Die vorbestehende chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung und das chronische Cor pulmonale stellten eine wesentliche Mitursache des Todes dar und hätten den Tod des Versicherten um mindestens ein Jahr vorverlegt.
Die Beklagte ermittelte daraufhin die Einkommensverhältnisse der Klägerin und des Versicherten. Mit Bescheid vom 12.8.1997 lehnte sie den Antrag ab, weil bei dem Versicherten zu Lebzeiten kein Anspruch auf Entschädigung nach § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) wegen einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder eines Emphysems von Bergleuten unter Tage im Steinkohlenbergbau bestanden habe. § 551 Abs. 2 RVO gestatte eine Durchbrechung des Listenprinzips der BKVO. Ihr Sinn sei es, durch die Arbeit verursachte Krankheiten wie eine Berufskrankheit zu entschädigen, wenn sie nur deshalb nicht in die BK-Liste aufgenommen worden seien, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen durch ihre Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden gewesen seien oder nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Es liege jetzt ein Entwurf des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zur Neuordnung der BKVO vor, danach sollten künftig die chronische obstruktive Bronchitis und das Emphysem unter bestimmten Voraussetzungen als Berufskrankheit in die Anlage zur BKVO aufgenommen werden. Entsprechende Erkrankungen seien nach dem Entwurf auch rückwirkend als Berufskrankheit anzuerkennen, wobei diese Rückwirkung auf Versicherungsfälle begrenzt sei, die nach dem 31.12.1992 eingetreten seien. Sei der Entwurf der neuen BKVO bereits bekannt, so bleibe zwar zunächst § 551 Abs. 2 RVO die gültige Entschädigungsnorm, allerdings sei dem bereits erkennbaren Willen des Verordnungsgebers über eine zeitlich begrenzte Rückwirkung zu entsprechen. Anderenfalls würde es zu einer nur mit den Zufälligkeiten des Verfahrensablaufs begründbaren und damit nicht mehr gerechtfertigten Besserstellung gegenüber denjenigen Versicherten und deren Hinterbliebenen kommen, über deren Ansprüche erst nach Inkrafttreten der Änderung der BKVO entschieden werden könne. Beim V...