Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleichsrente. Berechnung der einkommensabhängigen Leistung. Schenkung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Grundsatz der Nutzung eigener Einkommensquellen vor der Inanspruchnahme der subsidiären einkommensabhängigen Leistungen nach dem BVG verbietet es, die von der Allgemeinheit für die Kriegsopferversorgung aufgebrachten Mittel zum Ausgleich solcher Einkommensverluste heranzuziehen, die sich aus freiwilligen, ohne Verpflichtung erbrachten Vermögensopfern ergeben.

2. Wenn ein Versorgungsberechtigter ohne verständigen Grund über Vermögenswerte in einer Weise verfügt, daß dadurch sein bei der Feststellung der Ausgleichsrente (§ 41 BVG) zu berücksichtigendes Einkommen gemindert wird, ist nach § 1 Abs 2 S 2 Ausgleichsrentenverordnung die Ausgleichsrente so festzustellen, als hätte er die Verfügung nicht getroffen. Verständig im versorgungsrechtlichen Sinne ist ein Grund nicht schon, wenn für die Verfügung plausible, private, persönliche, familiäre oder wirtschaftliche Interessen des Versorgungsberechtigten sprechen; ebenso sind auch die im Zweck der einzelnen Versorgungsleistung zum Ausdruck gekommenen objektiven Interessen der Allgemeinheit (des Staates) zu berücksichtigen.

3. Schenkungen allein aus moralischen Gründen oder die Übertragung von Grundbesitz in vorweggenommener Erbfolge sind nicht als aus verständigem Grund erfolgt anzusehen.

4. Eine Gegenleistung für die Übertragung von Grundbesitz kann in einem lebenslänglichen Wohnrecht liegen, das als eigentumsähnliches Recht einen wirtschaftlichen Wert darstellt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berechnung der einkommensabhängigen Leistungen der Klägerin nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Die 1920 geborene Klägerin bezieht vom Beklagten -- wiederaufgelebte -- Witwenversorgung nach ihrem ersten Ehemann E G (Bescheid vom 31.03.1987). Mit Bescheid vom 18.04.1988 bewilligte das Versorgungsamt Koblenz der Klägerin Ausgleichsrente nach § 41 BVG. Hierbei wurden als ua Einkünfte 400,-- DM an Pachteinnahmen aufgrund der Verpachtung eines Kranzbindebetriebes angerechnet.

Mit Bescheid vom 23.06.1994 passte das Versorgungsamt Koblenz die Bezüge der Klägerin ab 01.07.1994 neu an und rechnete hierbei neben der Pacht aus Gewerbebetrieb in Höhe von 400,-- DM weitere 9,87 DM aus der Verpachtung einer landwirtschaftlichen Fläche als Einkommen an.

Mit notariellem Vertrag vom 22.12.1994 übertrug die Klägerin ihr Grundvermögen unentgeltlich auf ihren Sohn D A (Übernehmer). Hierbei erhielt sie ein lebenslängliches unentgeltliches Wohn- und Mitbenutzungsrecht an ihrem Wohnhaus; außerdem verpflichtete sich der Übernehmer zur unentgeltlichen Pflege der Klägerin bei Pflegebedürftigkeit.

Mit Bescheid vom 28.09.1995 gewährte das Versorgungsamt Koblenz der Klägerin die zuvor eingestellte Ausgleichsrente nach § 67 SGB I ab 01.1.1995 wieder, rechnete ab 01.01.1995 fiktive Einkünfte aus Hausbesitz in Höhe von 400,-- DM monatlich sowie fiktive Pachteinnahmen in Höhe von 9,87 DM monatlich an und führte aus, dass ab 01.07.1995 die Anrechnung des Rentenbetrages aus der Rentenversicherung des zweiten Ehemanns der Klägerin entfalle. Zur Begründung der Anrechnung von fiktiven Einkünften wurde ausgeführt, die Ausgleichsrente sei so festzustellen, als habe die Klägerin ihr Grundvermögen nicht unter Verzicht auf die bisher erzielten Miet- und Pachteinnahmen auf den Sohn übertragen. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.1996 zurück.

Die Klage hat das Sozialgericht Koblenz mit Urteil vom 27.01.1998 abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, grundsätzlich seien bei der Feststellung der Ausgleichsrente die Mieteinkünfte in Höhe von 400,-- DM sowie die Pachteinnahmen von 9,87 DM anzurechnen gewesen. Nachdem die Klägerin diese Einkünfte aufgrund der Übertragung ihres Haus- und Grundbesitz auf ihren Sohn nicht mehr erzielt habe, sei der Beklagte berechtigt, weiterhin diese Einkünfte bei der Zahlung von einkommensabhängigen Versorgungsleistungen (fiktiv) zu berücksichtigen. Denn die Klägerin habe ohne verständigen Grund über Vermögenswerte in einer Weise verfügt, dass dadurch ihr bei der Feststellung der Ausgleichsrente zu berücksichtigendes Einkommen gemindert werde.

Am 04.03.1998 hat die Klägerin gegen das ihr am 09.02.1998 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

Die Klägerin trägt vor,

von einer unentgeltlichen Übertragung des Wohneigentums könne nicht die Rede sein; ihr Sohn habe ihr im notariellen Vertrag lebenslängliches unentgeltliches Wohn- und Mitbenutzungsrecht eingeräumt und sei eine Pflegeverpflichtung und eine Verpflichtung zur hauswirtschaftlichen Versorgung eingegangen. Allein der Wert dieser Pflegevereinbarung sei mit täglich 20,-- DM angegeben worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 27.01.1998 aufzuheben, den Bescheid des Versorgungsamtes Koblenz vom 28.09.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1996 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr ...

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