Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleichsrente. Einkommensberechnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Als Einkommen bei der Berechnung der Ausgleichsrente (§ 41 BVG) ist auch ein Nießbrauchrecht zu berücksichtigen, das einen wirtschaftlichen Wert darstellt, der dem des Grundstückswerts entspricht. Verzichtet der nach dem BVG Versorgungsberechtigte auf das Nießbrauchrecht, ist ein fiktives Einkommen anzurechnen, wenn ein verständiger Grund iS des § 1 Abs 2 S 2 Ausgleichsrentenverordnung für die Aufgabe der Nießbrauchs ohne Gegenleistung nicht vorgelegen hat.

2. Wird das mit einem anzurechnenden Nießbrauch belastete Grundstück verkauft und kann wegen des Verzichts des Berechtigten auf den Nießbrauch dessen Wert nicht mehr durch die tatsächlichen Verhältnisse nach § 12 Abs 2 Ausgleichsrentenverordnung bestimmt werden, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Versorgungsverwaltung zur Berechnung des anzurechnenden Nießbrauchswerts auf den Durchschnittswert der Einkünfte der letzten 10 Jahre zurückgreift.

3. Nach § 12 Abs 1 S 1 Ausgleichsrentenverordnung bleiben Einkünfte aus Hausbesitz bei der Feststellung der Ausgleichsrente unberücksichtigt, wenn der Einheitswert des Hausgrundstücks nicht höher als 15.000,00 DM ist. Hierbei ist der Wert mehrerer Grundstücke zusammenzurechnen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin gewährten einkommensabhängigen Versorgungsleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Die Klägerin ist die Witwe des 1915 geborenen und im Oktober 1965 verstorbenen J L (Beschädigter). Zusammen mit dem Beschädigten war die Klägerin zu 1/2 Eigentümerin des Hausgrundstücks in K-M. Nach dem Tode des Beschädigten erbte die Klägerin zusammen mit ihren Kindern A, I und F J u.a. den zweiten Miteigentumsanteil am Grundstück N sowie ein weiteres Grundstück. Der Einheitswert des Grundstücks wurde vom Finanzamt K durch Bescheid vom 05.01.1965 auf 11.000,-- DM festgesetzt.

Mit notariellem Vertrag vom 24.10.1974 hoben die Klägerin und ihre Kinder die bis dahin bestehende ungeteilte Erbengemeinschaft auf und teilten den gemeinschaftlichen Grundbesitz dergestalt auf, dass die Klägerin eine Teilfläche von 561 m2 eines Grundstücks in M mit einem Wert von 10.000,-- DM, ihre Tochter I L das Grundstück und ihr Sohn F J L das Grundstück Z erhielten. Die Kinder räumten der Klägerin an den von ihnen übernommenen Grundstücken auf Lebenszeit einen unentgeltlichen Nießbrauch ein.

Mit Bescheiden vom 14.06.1977/ 04.10.1977 berechnete das Versorgungsamt die Versorgungsbezüge der Klägerin neu unter Beachtung der Tatsache, dass sie als Nießbraucherin der beiden Häuser in der und in der weiterhin wirtschaftliche Besitzerin der Häuser sei; deshalb müssten weiterhin die Einkünfte aus Hausbesitz bei der Berechnung der einkommensabhängigen Leistungen nach dem BVG berücksichtigt werden.

Im März 1983 teilte die Klägerin mit, sie habe ab 01.01.1983 auf die Nießbrauchrechte verzichtet. Sie habe sich von den alten Häusern trennen und diese den erwachsenen Kindern übertragen wollen, deren Einkommenslage es eher zulasse, notwendige und kostspielige Investitionen zu tätigen. Mit Bescheid vom 01.10.1984 stellte das Versorgungsamt die Versorgungsbezüge der Klägerin bis 31.12.1982 endgültig und ab 01.01.1983 vorläufig fest. Hierbei wurden ab Januar 1983 weiterhin (fiktiv) die Nießbrauchrechte an den Grundstücken berücksichtigt, da die Klägerin ohne verständigen Grund auf die Rechte verzichtet habe. Mit Teilabhilfebescheiden vom 03.05.1985 und 19.12.1985 wurde dem Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 01.10.1984 hinsichtlich der Berechnung der einkommensabhängigen Leistungen teilweise stattgegeben. Mit Bescheiden vom 12.02.1986 und 18.04.1986 wurden die Versorgungsbezüge der Klägerin für die Zeit bis 31.12.1982 bzw. bis 31.12.1984 endgültig festgestellt und teilweise den Widersprüchen der Klägerin abgeholfen. Mit weiterem Bescheid vom 16.05.1986 wurden die Versorgungsbezüge vom 01.01.1978 bis 31.12.1985 endgültig festgestellt und ein von der Klägerin zu erstattender Betrag von 2.055,-- DM festgesetzt. Den darüber hinausgehenden Widerspruch nahm die Klägerin zurück.

Mit notariellem Vertrag vom 14.10.1993 verkaufte die Tochter Ilse das Hausgrundstück.

Mit Bescheid vom 18.11.1994 stellte das Versorgungsamt Koblenz die Versorgungsbezüge der Klägerin ab Januar 1993 endgültig fest, wobei weiterhin fiktive Mieteinnahmen des Wohnhauses in Höhe von 41,73 DM ab 01.01.1994 (Durchschnittswert der letzten zehn Jahre) berücksichtigt wurden. Zusätzlich wurden -- wie bisher -- fiktive Einnahmen aus dem Grundbesitz von monatlich 46,33 DM angerechnet. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.1995 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Tochter das Grundstück verkauft habe, ändere nichts an der bisherigen Rechtsauffassung, dass nach wie vor fiktive Einkünfte aus dem genannten Hausbesitz anzurechnen seien. Ausschlaggebend hierfür sei, dass ein objektiv verständiger Grund für den Verzicht auf den Ni...

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