Entscheidungsstichwort (Thema)
Fremdrentenrecht. Aufenthalt in einem Übergangswohnheim als gewöhnlicher Aufenthalt. Beitrittsgebiet
Orientierungssatz
Ein Aufenthalt in einem Übergangswohnheim (hier: im Beitrittsgebiet) ist als gewöhnlicher Aufenthalt iS des § 30 Abs 3 S 2 SGB 1 anzusehen, ohne dass es rechtserheblich darauf ankommt, dass die Absicht besteht, dieses so bald als möglich zu verlassen und sich an einem anderen Ort niederzulassen (vgl BSG vom 3.4.2001 - B 4 RA 90/00 R = SozR 3-1200 § 30 Nr 21).
Gründe
Der Senat entscheidet nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er einstimmig die Berufung der Klägerin für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Klägerin ist vorher dazu gehört worden.
I.
Streitig ist die Höhe der Halbwaisenrente der 1990 geborenen Klägerin, der Tochter des ... 2001 verstorbenen W O (nachfolgend Versicherter genannt).
Die Klägerin ist im Ausweis A für Vertriebene und Flüchtlinge ihrer Mutter eingetragen. Sie war am 30.1.1992 mit ihrer Familie von Russland in das Bundesgebiet zugezogen und hielt sich bis zum 2.2.1992 in Baden-Württemberg auf. Nach Zuweisung einer Wohnung in einem Übergangswohnheim war sie anschließend in Peitz und Cottbus (siehe Bl. 10 R VA, Eintragung im o.g. Ausweis) wohnhaft bis zum 13.2.1993.
Danach zog die Familie um nach Ehingen in Baden-Württemberg und ist seitdem im Gebiet der alten Bundesländer wohnhaft.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin auf den im Juni 2001 gestellten Antrag mit Bescheid vom 18.7.2001 Halbwaisenrente.
Auf den Widerspruch der Klägerin erging Bescheid vom 15.11.2001, mit welchem die von dem Versicherten in der ehemaligen UdSSR zurückgelegten Versicherungszeiten einer höheren Qualifikationsgruppe zugeordnet wurden.
Die Klägerin hielt ihren Widerspruch mit Schreiben vom 3.12.2001 aufrecht und legte eine Bestätigung des Wohnungsamts der Stadt Cottbus vom 9.2.1993 vor, wonach sie bisher dort im Übergangswohnheim für Aussiedler wohnhaft war.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4.3.2002 wurde der darüber hinausgehende Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Begrenzung der Entgeltpunkte auf 60 v.H. ergebe sich aus § 22 Abs. 4 FRG. Es seien nach Art. 6 § 4 Abs. 6 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) die Entgeltpunkte (Ost) zugrunde zu legen, weil nach der Übersiedlung der Aufenthalt in den neuen Bundesländern als gewöhnlicher Aufenthalt zu werten sei. Er habe auch länger als ein Jahr gedauert, wie sich aus der Arbeitslosmeldung ergebe.
Die Beitragszeiten des Versicherten in der UdSSR seien nur zu 5/6 und nicht wie von der Klägerin geltend gemacht zu 6/6 zu berücksichtigen, weil das russische Arbeitsbuch (Bl. 89 - 92 VA) lediglich zur Glaubhaftmachung geeignet sei, weil es keine Aufzeichnungen über Zeiten der Arbeitsunterbrechung enthalte.
Mit Schreiben vom 25.3.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie lasse das Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Begrenzung der Entgeltpunkte nach § 22 Abs. 4 FRG auf 60 v.H. ruhen.
Die von der Klägerin erhobene Klage, mit der sie die Zugrundelegung von Entgeltpunkten anstatt der Entgeltpunkte (Ost) und die Berücksichtigung der Beiträge zu 6/6 geltend gemacht hat, hat das Sozialgericht Koblenz (SG) mit Urteil vom 2.4.2003 abgewiesen. Gemäß Art. 6 § 4 Abs. 6 b) FANG seien für Berechtigte nach dem FRG, die nach dem 31.12.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der BRD ohne das Beitrittsgebiet verlegten und dort nach dem 31.12.1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG erwarben, die Entgeltpunkte (Ost) zugrunde zu legen. Die Klägerin habe vom 3.2.1992 bis zum 14.2.1993 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Übergangswohnheim in Peilz gehabt.
Die Anrechnung der Beitragszeiten des Versicherten zu 5/6 beruhe auf § 22 Abs. 3 FRG, weil das Arbeitsbuch nur zur Glaubhaftmachung geeignet sei.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 10.4.2003 zugestellte Urteil am Montag, dem 12.5.2003, Berufung eingelegt und trägt vor, es sei von vornherein beabsichtigt gewesen, nach der Ausreise in Baden-Württemberg zu wohnen, wo bereits ein Teil der Familie wohnhaft gewesen sei. Daher habe der Lebensschwerpunkt dort gelegen, zumal sie sich etwa ein Jahr darum bemüht hätten, dort einen Wohnsitz zu erhalten.
Die Klägerin beantragt erkennbar,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 2.4.2003 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 18.7.2001 und 15.11.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.3.2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihre Halbwaisenrente unter Zugrundelegung von Entgeltpunkten statt Entgeltpunkten (Ost) sowie unter Anrechnung der russischen Beitragszeiten des Versicherten zu 6/6 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand des Berufungsverfahrens war.
II.
Die zulässige Be...