Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Honorar für besondere Leistungen. Vergütung von elektrophysiologischen Untersuchungen. Konkretisierung des Honorarrahmens. keine analoge Anwendung von § 10 Abs 2 JVEG
Leitsatz (amtlich)
1. Der Honorarrahmen nach Nr 305 der Anlage 2 zu § 10 Abs 1 JVEG ist durch die Verwendung des 1,0-fachen Gebührensatzes der GOÄ (juris: GOÄ 1982) zu konkretisieren.
2. § 10 Abs 2 JVEG kann nicht analog auf den Honorarrahmen nach Nr 305 der Anlage 2 zu § 10 Abs 1 JVEG angewendet werden.
Orientierungssatz
Zum Vorliegen von elektrophysiologischen Untersuchungen iS von Anl 2 Nr 305 JVEG als abrechnungsfähige Leistungen (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 14.2.2017 - L 2 SF 370/15 E und LSG Stuttgart vom 21.6.2018 - L 10 KO 1935/18).
Normenkette
JVEG § 10 Abs. 1-2, § 1 Abs. 5, § 4 Abs. 3, 4 S. 3, Abs. 7 S. 2, Abs. 8, § 5 Abs. 2, §§ 9, 12 Abs. 1 S. 1, § 14; JVEG Anl. 2 Nr. 305; JVEG Nrn. 201, 203, 300, 306; GOÄ Nrn. 1403-1404, 1407-1409, 1413, 1415; SGG § 173 S. 1
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird die Entschädigung des Antragstellers für das Gutachten vom 10.1.2019 auf 789,34 Euro festgesetzt.
2. Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
3. Dieser Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei.
4. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist niedergelassener Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Flugmedizin, Allergologie, Umweltmedizin, Naturheilverfahren und Tauchmedizin und wird in diesen Bereichen auch als Fachgutachter tätig.
Zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner, vertreten durch den Präsidenten des Sozialgerichts Speyer, besteht eine Vereinbarung über die Entschä-digung von Sachverständigenleistungen nach § 14 des Justizvergütungs- und-entschädigungsgesetzes (JVEG). In Teil III der Vereinbarung in Verbindung mit Ziff. 1 der Erläuterungen hierzu ist geregelt, dass neben der pauschalen Vergütung für den Zeitaufwand die Kosten für die von dem Antragsteller in seiner Praxis erbrachten notwendigen Leistungen gemäß § 10 Abs. 1 und 2 JVEG unter Beachtung der Bestimmungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erstattet werden.
Aufgrund Beweisbeschlusses des Sozialgerichts Speyer vom 23.11.2018 erstellte der Antragsteller in einem Schwerbehindertenrechtsstreit ein Gutachten vom 10.1.2019. Mit Liquidation vom 10.1.2019 berechnete er unter anderem die folgenden Sachleistungen nach Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG:
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Nr. 1403 GOÄ |
Tonschwellenaudiogramm |
Nr. 1404 GOÄ |
Sprachaudiogramm |
Nr. 1407 GOÄ |
Impedanzaudiometrie |
Nr. 1408 GOÄ |
Hirnstammaudiometrie |
Nr. 1409 GOÄ |
DPOAE bds. |
Nr. 1409 GOÄ |
TEOAE bds. |
Nr. 1413 GOÄ |
Kopfimpulstest |
Nr. 1415 GOÄ |
Binokularmikroskopie des Trommelfells. |
Unter Hinzurechnung der vertraglich vereinbarten Gutachtenpauschale für den Zeitaufwand, der Portokosten, der Schreibgebühr und der gesetzlichen Umsatzsteuer machte der Antragsteller einen Gesamtbetrag vom 873,90 Euro geltend.
Die Kostenbeamtin der Sozialgerichts Speyer stellte am 24.1.2019 eine Vergütung von 783,22 Euro als sachlich und rechnerisch richtig fest. Zur Begründung stellte sie darauf ab, die Nrn. 1403, 1404, 1407 und 1415 GOÄ seien nicht entschädigungsfähig, da sie nicht in der Anlage zum JVEG oder im Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen im Abschnitt O aufgeführt seien. Die Ziffern 1408 und 1409 GOÄ seien nur einmal und nicht zweifach berechnungsfähig. Die Ziffer 1413 GOÄ wurde von der Kostenbeamtin als vergütungsfähig anerkannt.
Der Antragsteller hat daraufhin die richterliche Festsetzung der Vergütung beantragt. Er hat im Wesentlichen vorgebracht, er akzeptiere, dass die Nr. 1408 nur einmal in Ansatz gebracht werde. Bei der Nr. 1409 GOÄ handele es sich um otoakustische Emissionen. Der zweifache Ansatz beziehe sich nicht auf die Messung beider Ohren. Vielmehr handele es sich zwei unterschiedliche Messansätze mit unterschiedlichen Aussagen, nämlich die TE-OAE, die eine objektive Auskunft für das Hörvermögen bis 30 dB ermögliche, und die DP-OAE, die sich auf den Messbereich bis 50 dB beziehe. Der doppelte Ansatz werde daher von den privaten Krankenversicherungen, den Unfallversicherungsträgern und allen anderen Sozialgerichten in Deutschland akzeptiert. Bei den Nrn. 1403, 1404, 1407 und 1415 GOÄ handele es sich um Sachkosten, die er mit dem halben Satz abgerechnet habe. Sie seien gerechtfertigt, da er sich in einer Gemeinschaftspraxis befinde und sein Praxispartner einen Anspruch auf Ausgleich dieser Kosten habe, wie es auch in Kliniken üblich sei.
Durch Beschluss vom 8.4.2019 hat das Sozialgericht Speyer die Vergütung des Antragstellers für das Gutachten vom 10.1.2019 auf 865,80 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach richterlicher Festsetzung sei zusätzlich zu der von der Kostenbeamtin des Sozialgerichts vorgenommenen Festsetzung der Nrn. 1408 und 1409 GOÄ, jeweils einmal und der Nr. 1413 GOÄ noch die Leistung nach Nr. 1407 GOÄ als elektrophysiologische Untersuchung eines Menschen nach Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10...