Leitsatz (amtlich)

Bis zum Ablauf gesetzlicher Ausschlußfristen zur Nachentrichtung von Beiträgen aufgrund des RRG bestand trotz bereits durchgeführter Nachentrichtung das Recht, die Beiträge zu erhöhen oder überhaupt die Beitragsleistung zu ändern.

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 29.06.1977; Aktenzeichen S 3 A 218/76)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29. Juni 1977 und der Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1976 in der Gestalt das Widerspruchsbescheides vom 14. September 1976 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, anstelle der für Januar 1956 bis Januar 1959 geleisteten Beiträge der Klasse 100 die Nachentrichtung von neun Beitragen der Klasse 600 für das Jahr 1996 und von 12 Beiträgen der Klasse 800 für das Jahr 1959 zuzulassen.

3. Die Beklagte hat die in beiden Rechtszügen entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Änderung einer bereits durchgeführten Beitragsnachentrichtung zulässig ist oder nicht.

Der Kläger ist seit 1954 selbständiger Wirtschaftsprüfer. Er beantragte Anfang Dezember 1974 bei der Beklagten seine Übernahme in die Pflichtversicherung und die Zulassung einer Beitragsnachentrichtung für die Zeit vom Januar 1956 bis Januar 1959 in der Klasse 100 zu einem Monatsbeitrag von 18,– DM, Die Beitragszahlung von insgesamt 666,– DM ist am 4. Dezember 1974 bei der Beklagten verbucht worden. Sie hat dem Kläger darüber im März 1975 eine Beitragsbescheinigung erteilt. Im Dezember 1973 beantragte der Kläger eine Änderung dieser Beitragsnachentrichtung. Er begehrte anstelle der bereits geleisteten Beiträge die Zulassung zur Zahlung von neun Beiträgen der Klasse 600 zu monatlich 108,– DM für das Jahr 1956 und von 12 Beiträgen der Klasse 800 zu einen Monatsbeitrag von 144,– DM für das Jahr 1959 im Gesamtwert von 2.700,– DM.

Durch Bescheid vom 19. Mai 1976 lehnte die Beklagte den Änderungsantrag unter Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. August 1967 – 11 RA 338/64 – als unzulässig ab. Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, eine Berichtigung der Beitragsnachentrichtung müsse zulässig sein, da er sie noch vor Ablauf der gesetzlich festgelegten Nachentrichtungsfrist bis zum 31. Dezember 1975 beantragt habe. Durch Widerspruchsbescheid vom 14. September 1976 hat die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurückgewiesen.

Mit der am 12. Oktober 1976 zum Sozialgericht Koblenz erhobenen Klage hat dar Kläger sein Begehren mit der zusätzlichen Begründung weiterverfolgt: Die Beklagte habe über die im Dezember 1974 beantragte Beitragsnachentrichtung für die Zeit von Januar 1956 bis Januar 1959 nicht förmlich entschieden. Deshalb sei diese Beitragsnachentrichtung nicht wirksam geworden, so daß sie schon aus diesem Grunde innerhalb der gesetzlichen Frist zur Beitragsnachentrichtung habe geändert werden können.

Die Beklagte hat an ihrer Ansicht festgehalten und auf weitere Urteile des BSG vom 24. Januar 1973 – 4 RJ 227/71 – und vom 14. Februar 1973 – 1 RA 267/71 – verwiesen.

Durch Urteil vom 29. Juni 1977 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat dazu im wesentlichen ausgeführt, die Nachentrichtung des Klägers nach Artikel 2 § 49 a Abs. 2 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) könne wie jede andere bereits durchgeführte und damit abgeschlossene Beitragsentrichtung nachträglich nicht mehr durch eine Erhöhung oder andere Verteilung der Beiträge geändert werden. Das Sozialgericht hat sich außer auf die von der Beklagten bereits zitierten Urteile auf ein weiteres Urteil des BSG vom 16. März 1977 – 1 RA 53/76 – gestützt.

Das Urteil ist dem Kläger am 15. Juli 1977 zugestellt worden. Er hat dagegen am 3. August 1977 die Berufung eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29. Juni 1977 und den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1976 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, anstelle der für Januar 1956 bis Januar 1959 geleisteten Beiträge der Klasse 100 die Nachentrichtung von neun Beitragen der Klasse 600 für das Jahr 1956 und von 12 Beiträgen der Klasse 800 für das Jahr 1959 zuzulassen,

hilfsweise,

32 der für Januar 1956 bis Januar 1959 geleisteten Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten das Tatbestands wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Nr. … Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und auch begründet.

Zunächst ist festzustellen, daß entgegen der Ansicht des Sozialgerichts die bereits durchgeführte Beitragsnachentrichtung nicht nach Artikel 2 § 49 a Abs. 2 AnVNG, sondern nach Artikel 2 § 49 a Abs. 1 b AnVNG erfolgte. Der Kläger hatte zusammen mit seinem Antrag auf Zulassung der Beitragsnachentrichtung...

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