Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Höhe der Umsatzsteuer. Lieferung von Sondennahrung an Versicherte
Orientierungssatz
Zur Verpflichtung einer Krankenkasse auf Zahlung des Regelsteuersatzes im Bereich der Umsatzsteuer bei Lieferung von Sondennahrung an die Versicherten.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, auf die von der Klägerin an Versicherte der Beklagten gelieferte Sondennahrung, abweichend von dem bis 31.12.2002 berechneten ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 v.H., ab 1.1.2003 den Regelsteuersatz von 16 v.H. an die Klägerin zu zahlen.
Die Klägerin versorgt auf entsprechende ärztliche Verordnung Versicherte der Beklagten mit Sondennahrung und stellt diese jeweils der Beklagten in Rechnung. In den Rechnungen der Klägerin waren jeweils der Einzel- und Gesamtpreis der gelieferten Ware, eventuelle Abzüge wegen Eigenanteils des Versicherten sowie der Rechnungsendbetrag angegeben. Darunter enthielten die Rechnungen die Mitteilung, welcher Mehrwertsteuersatz im Rechnungsendbetrag enthalten sei (bis 30.6.2003 = 7 v.H., ab 1.7.2003 = 16 v.H.), sowie die Angabe des Netto- und des Mehrwertsteuerbetrags. Im Januar 2004 führte das Finanzamt bei der Klägerin eine Umsatzsteuersonderprüfung durch und beanstandete, dass die Klägerin über den 31.12.2002 hinaus statt des Regel-Umsatzsteuersatzes von 16 v.H. nur den für Lebensmittel geltenden ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 v.H. berechnet habe. Das Bundesministerium der Finanzen habe klargestellt, dass für flüssige Lebensmittelzubereitungen - wozu auch unmittelbar trinkbare Sondennahrung zähle - der ermäßigte Umsatzsteuersatz nicht gelte; die bisherige Praxis, für Sondennahrung nur den ermäßigten Steuersatz zu berechnen, könne im Rahmen einer Nichtbeanstandungsregelung nur noch bis 31.12.2002 geduldet werden. Die nach diesem Zeitpunkt erzielten Umsätze aus der Lieferung von Sondennahrung seien mit dem Regelsatz zu versteuern. Mit Bescheiden vom 25.2.2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3.2.2005 setzte das Finanzamt unter Änderung der für die Monate Januar bis Juni 2003 ergangenen Bescheide über die Umsatzsteuervorauszahlung den Umsatzsteuersatz für die Sondennahrung auf den vollen Umsatzsteuersatz fest. Die Klägerin hat die Nachforderungen an das Finanzamt gezahlt (Bescheinigung des Steuerberaters Blatt 122 der Gerichtsakte).
Unter Hinweis auf die Nachforderung des Finanzamts stellte die Klägerin daraufhin am 3.9.2004 der Beklagten für einzeln aufgeführte Lieferungen von Sondennahrung an deren Versicherte in der Zeit vom 1.1. bis 30.6.2003 den Differenzbetrag zwischen dem Mehrwertsteuersatz von 7 v.H. und dem Mehrwertsteuersatz von 16 v.H. in Höhe von insgesamt 699,65 € in Rechnung. Seit 1.7.2003 stellt die Klägerin den auch von ihren Vorlieferanten berechneten Regel-Mehrwertsteuersatz von 16 v.H. in Rechnung. Die Beklagte verweigerte die Zahlung der nachträglich geforderten Beträge und setzte von den ab 1.7.2003 in Rechnung gestellten Beträgen für Sondennahrung jeweils den Differenzbetrag zwischen dem ermäßigten und dem Regel-Mehrwertsteuersatz ab.
Am 29.9.2004 hat die Klägerin Zahlungsklage zum Sozialgericht Koblenz erhoben. Das Sozialgericht hat eine Auskunft der Oberfinanzdirektion K vom 30.5.2005 eingeholt. Die Klägerin hat die Klage erweitert auf die bis 25.7.2005 von der Beklagten gekürzten Rechnungsbeträge und den Gesamtbetrag mit 2523,09 € beziffert. Mit Urteil vom 21.11.2005 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Gegen das ihr am 8.12.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.12.2005 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, mit der Klägerin bestehe kein Rahmenvertrag; die Sondennahrung werde auf Grund einzelner Kaufverträge an die Versicherten geliefert. Der eigentliche Preis für die gelieferte Sondennahrung sei unstreitig, streitig sei allein die Höhe der Umsatzsteuer. Die Berechnung des höheren Regel-Umsatzsteuersatzes beruhe auf einer geänderten Rechtsauffassung des Bundesfinanzministeriums und der Finanzbehörden, die deshalb zum Rechtsstreit notwendig beizuladen seien, da die Frage des zutreffenden Steuersatzes nur einheitlich entschieden werden könne. Die im Urteil des Sozialgerichts zitierten Urteile des Bundesgerichtshofs seien nicht einschlägig, da es im vorliegenden Rechtsstreit nicht um den Anspruch auf Ausstellung einer Rechnung mit gesondert ausgewiesener Mehrwertsteuer, sondern um die zutreffende Höhe des Steuersatzes gehe. Wenn die Finanzbehörde gegenüber dem Leistungserbringer die Höhe des Steuersatzes feststelle, folge daraus nicht notwendig, dass dieser Steuersatz auch vom Leistungsempfänger zu zahlen sei. Das Finanzamt habe auch nicht festgestellt, dass die Klägerin Nachforderungsbeträge bei der Beklagten einzutreiben habe oder die Beklagte zur Zahlung verpflichtet sei. Steuerschuldner sei allein die Klägerin. Aus den steuerbehördlichen Feststellungen ergebe sich keine Anspruchsgru...