Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrt von der Arbeitsstätte zur Wohnung. betrieblicher Zusammenhang
Leitsatz (amtlich)
Der betriebliche Zusammenhang ist für die Fahrt zwischen Arbeitsstätte und Wohnung (Heimfahrt) auch dann anzunehmen, wenn der Versicherte im Anschluß an die Heimfahrt noch eine Dienstfahrt Unternehmen soll.
Normenkette
RVO § 550
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 23.03.1981; Aktenzeichen S 6 U 170/80) |
Nachgehend
Tenor
1. Das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 23. März 1981 sowie der Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 1980 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Unfall des Klägers vom 22. Dezember 1978 als Arbeitsunfall zu entschädigen.
2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
Der 1949 geborene Kläger erlitt am 22. Dezember 1978 – dem letzten Arbeitstag vor Weihnachten – auf der Fahrt von seinem Arbeitsort bei der Firma S., L. nach seinem Wohnort in N. bei D. einen Verkehrsunfall mit Gehirnerschütterung, Rippenserienfrakturen rechts, Schienbeinkopfbruch links, Sprungbeinbruch links und Sprunggelenkverrenkungsbruch rechts. Er hatte zuvor von seiner Firma den Auftrag erhalten, eine geschäftliche Besorgung in Mainz zu erledigen. Da er an diesem Tage mit seiner Frau über die Feiertage nach Trier fahren wollte, wurde ihm genehmigt, vor der Fahrt nach Mainz seine Frau in N. abzuholen und anschließend nach Mainz zu fahren. Der Unfall ereignete sich gegen 15.15 Uhr als der Kläger von der B. nach links in Richtung F. abbiegen wollte.
Mit Bescheid vom 27. Februar 1980 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigung ab, da ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe. Zwar habe sich der Kläger auf dem Weg zu seiner Wohnung befunden, es habe sich jedoch um eine Privatfahrt gehandelt, die er vor Antritt der Geschäftsfahrt aus eigenwirtschaftlichen Gründen vorgenommen habe.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, er habe sich auf dem direkten Weg zwischen Arbeitsstätte und Wohnung befunden und habe daher unter Versicherungsschutz gestanden, auch wenn er anschließend noch eine Dienstfahrt habe unternehmen sollen.
Das Sozialgericht Speyer hat durch Urteil von 23. März 1981 die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei nicht zu beanstanden, da ein Versicherungsschutz nach § 550 RVO nicht gegeben sei. Der Kläger habe sich nicht auf dem Heimweg von der Arbeit befunden, habe vielmehr vor Antritt einer Dienstreise von L. nach Mainz seine Ehefrau abholen wollen. Die Fahrt nach N. habe eigenwirtschaftlichen Zwecken gedient und sei deshalb auch nicht als Betriebsweg (Dienstfahrt) aufzufassen.
Gegen das mit Einschreiben vom 2. April 1981 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. April 1981 Berufung eingelegt.
Der Unfall habe sich auf einem geschützten Weg ereignet und sei deshalb zu entschädigen, zumal die Fahrt sogar mit Erlaubnis des Betriebsvorgesetzten vor Antritt der Dienstreise vorgenommen worden sei.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des angefochtenen Bescheids die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 22. Dezember 1978 zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Gründen des angefochtenen Urteils an.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die nach §§ 143 ff SGG zulässige Berufung ist begründet. Die Folgen des Unfalles vom 22. Dezember 1978 sind von der Beklagten zu entschädigen, da es sich um einen versicherten Wegeunfall gehandelt hat (§ 550 RVO).
Unstreitig ist der Kläger auf dem direkten Weg zwischen Arbeitsstätte und Wohnung auf der Heimfahrt von seiner Arbeitsstätte verunglückt. Die Voraussetzungen des § 550 RVO sind jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten auch insofern gegeben, als es sich um eine Fahrt gehandelt hat, die mit der betrieblichen Tätigkeit in Zusammenhang stand. Ein betrieblicher Zusammenhang ist für den Weg zwischen Arbeitsstätte und Wohnung in der Regel anzunehmen, gleichgültig ob die Fahrt nach Beendigung der regulären Arbeitszeit, in einer Arbeitspause (Mittagspause) oder etwa wie im gegebenen Fall vorzeitig durchgeführt wird, weil besondere Gründe vorgelegen haben. Die besonderen Gründe, die darin bestanden, daß der Kläger noch eine dienstliche Angelegenheit in Mainz erledigen sollte, haben den betrieblichen Zusammenhang der Fahrt nach seiner Wohnung nicht auf, sondern verstärken ihn sogar. Weil der Kläger ein Dienstgeschäft auswärts verrichten mußte, konnte er die Arbeit im Betrieb vorzeitig einstellen und den Heimweg antreten. Dies war ihm vom Betriebsleiter ausdrücklich gestattet. Daß der Kläger auf der anschließend geplanten Fahrt mit seiner Ehefrau von seinem Wohnort nach Trier gemäß der Absprache mit seinem Dienstherrn in Mainz eine dienstliche Angelegenheit erledigen sollte, ihm deshalb auch für die Fahrt nach Mainz eine Entsch...