Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeldanspruch. Verweisung auf ähnliche oder gleichgeartete Tätigkeiten
Orientierungssatz
1. Bei der Beurteilung der Frage, ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt, ist bei beendetem Arbeitsverhältnis auf das berufliche Bezugsfeld der ähnlichen oder gleichgearteten Tätigkeit abzustellen. Nur wenn der Versicherte bereits bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit arbeitslos war, ist nicht die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zugrunde zu legen, sondern der Tätigkeitsbereich, der für eine Vermittlung des Arbeitslosen in Betracht kommt (vgl BSG vom 25.7.1985 - 7 RAr 74/84 = SozR 4100 § 105b Nr 4).
2. Die Möglichkeit der Verweisung auf eine ähnliche und gleichgeartete Tätigkeit hängt nicht nur von der Art der Arbeit, sondern auch von deren Entlohnung ab.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses als Zustellerin bei der Bundespost weggefallen ist.
Die 1941 geborene Klägerin hat nach eigenen Angaben keinen Beruf erlernt. Bei der Deutschen Bundespost hat sie zunächst 15 Jahre eine Poststelle betreut und war zuletzt weitere 15 Jahre als Postzustellerin tätig. Diese Tätigkeit erforderte das Heben und Tragen von zumindest mittelschwere Lasten und das Bewältigen größerer Gehstrecken im Freien mit Exposition gegenüber Hitze, Kälte, Nässe und Zugluft. Das zuletzt gezahlte Bruttogehalt belief sich auf monatlich 2.638,75 DM.
Ab dem 31.3.1995 war die Klägerin gemäß Bescheinigungen des praktischen Arztes Dr. D. wegen einer Rhizarthrose beiderseits und eines rezidivierenden Wirbelsäulensyndroms arbeitsunfähig erkrankt und erhielt von der Beklagten nach dem Ende der Lohnfortzahlung ab dem 12.5.1995 Krankengeld in Höhe von täglich 58,02 DM (brutto).
Wegen Dienstunfähigkeit endete das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Post mit Ablauf des 30.9.1995; sie bezieht seither eine Rente von der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost. Ein Antrag auf Gewährung von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit wurde von der LVA Rheinland-Pfalz mit Bescheid vom 13.9.1995 abgelehnt.
Zur Klärung der Arbeitsfähigkeit für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Arzt R. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 31.10.1995. Dieser diagnostizierte bei der Klägerin folgende Erkrankungen:
Degeneratives HWS-LWS-Syndrom,
Rhizarthrose bds.,
Schmerzzustand li. Außenknöchel und V. Mittelfußstrahl re.,
Frakturen in diesem Bereich durch private Unfälle,
arterielle Hypertonie,
rezidivierende Gastritiden,
rezidivierende Nasennebenhöhlenentzündungen,
depressive Verstimmungen,
Epicondylitis re. Ellenbogen,
Schwerhörigkeit
Der Gutachter hielt überwiegend leichte körperliche Arbeiten ohne Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne häufiges oder ständiges Arbeiten in gebückter Haltung, ohne lange Gehstrecken oder häufiges Besteigen von Treppen und Leitern und ohne höhere Anforderungen an die Greiffunktion der Hände vollschichtig für zumutbar.
Nach Anhörung der Klägerin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12.3.1996 die Krankengeldzahlung zum 31.3.1996 ein, weil keine Arbeitsunfähigkeit mehr gegeben sei. Nach dem Gutachten des MdK könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten.
Auf den Widerspruch der Klägerin zahlte die Beklagte das Krankengeld unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zum Ende der Höchstbezugsdauer am 6.10.1996 fort. Nach nochmaliger Beteiligung des MDK - Aktengutachten Dr. T. vom 5.2. sowie 30.4.1997 - wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.8.1997 den Widerspruch der Klägerin zurück.
Die am 15.9.1997 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Speyer nach Beiziehung eines Befundberichtes von Dr. D. sowie Einholung eines internistischen Gutachtens nach Aktenlage von Dr. K. durch Urteil vom 10.5.1999 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe über den 31.3.1996 hinaus kein Anspruch auf weiteres Krankengeld mehr zu. Die Klägerin sei, da das Beschäftigungsverhältnis beendet gewesen sei, auf ähnliche oder gleichgeartete Tätigkeiten verweisbar. Für die Tätigkeit als Briefzustellerin sei eine Ausbildung nicht erforderlich gewesen, sie sei im Hinblick auf Anlernzeit und qualitativer Anforderungen der Gruppe der Angelernten im unteren Bereich zuzuordnen. Nach der Rechtsprechung des Landessozialgericht Rheinland-Pfalz beruhe der Einsatz auf einem Beamtendienstposten zumindest auch auf qualitätsfremden Merkmalen, sodass eine Einstufung als Facharbeiterin nicht gerechtfertigt sei. Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin bereits mit Ablauf des 30.9.1995 geendet habe und sie seitdem arbeitslos gewesen sei, wobei es auf eine Meldung beim Arbeitsamt nicht ankomme, sei der Zumutbarkeitsrahmen heranzuziehen, der gemäß § 103 Abs 2 S 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) idF bis 31.3.1997 durch die Zumutbarkeits-An...