Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. Weitergewährung. keine uneingeschränkte Verweisbarkeit auf allgemeinen Arbeitsmarkt
Orientierungssatz
Nach § 44 iVm § 49 SGB 5 gibt es keine uneingeschränkte Verweisbarkeit des Versicherten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Vielmehr muß eine konkrete Tätigkeit benannt werden, die die gleiche bzw eine lediglich um 10 % geringere Entlohnung ermöglicht, die vom körperlichen Leistungsvermögen her zumutbar und der bisherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers ähnlich ist.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Weitergewährung von Krankengeld.
Die ... 1959 geborene Klägerin arbeitete ab Oktober 1989 als Briefverteilerin bei der Deutschen Bundespost mit einer Arbeitszeit von 19 1/2 Stunden wöchentlich. Die Tätigkeit wurde im Sitzen verrichtet und erforderte zweimal täglich das Heben und Tragen von Kisten mit einem Gewicht von ca 15 kg. Das zuletzt gezahlte Bruttogehalt belief sich auf 2.014,96 DM.
Ab 30.8.1995 war die Klägerin gemäß Bescheinigungen von D wegen Osteoporose und Wirbelsäulenbeschwerden arbeitsunfähig erkrankt und erhielt nach Ende der Lohnfortzahlung ab 10.10.1995 Krankengeld von der Beklagten.
D ... vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) kam in einem Gutachten, das er im Auftrag der Beklagten erstattete, am 11.12.1995 zu dem Ergebnis, wegen der Schmerzen im BWS-Bereich und am lumbosakralen Übergang sei der Klägerin ein längeres Sitzen oder ein längeres Stehen nicht möglich. Eine Berentung auf Zeit sei sinnvoll, bis zum Berentungstermin sei durchgehende Arbeitsunfähigkeit anzunehmen.
Zum 29.2.1996 endete das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der Post wegen Dienstunfähigkeit, da sie ab 1.3.1996 eine Rente von der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost erhielt. Ein Antrag auf Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit wurde von der LVA Rheinland-Pfalz mit Bescheid vom 8.10.1996 abgelehnt. Die Klägerin meldete sich ab März 1996 und auch später nicht arbeitslos.
Vom 3.4. bis 1.5.1996 befand sie sich auf Kosten der LVA Rheinland-Pfalz in einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, die Entlassung erfolgte als weiterhin arbeitsunfähig. In einer weiteren Stellungnahme vom 31.7.1996 kam D ... nach Auswertung des Entlassungsberichts zu dem Ergebnis, die Klägerin könne ab sofort leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus zwischen Sitzen und Stehen verrichten. D ... bescheinigte zuletzt am 20.8.1996 Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres.
Nach Anhörung der Klägerin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13.8.1996 die Gewährung von Krankengeld ab 31.8.1996 ein, da ab diesem Zeitpunkt keine Arbeitsunfähigkeit mehr vorliege. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.4.1997 zurückgewiesen. Da das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit Ablauf des 29.2.1996 geendet habe, könne sie auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden.
Mit Urteil vom 4.3.1999 hat das Sozialgericht Speyer (SG) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe über den 31.8.1996 hinaus kein Anspruch auf weiteres Krankengeld mehr zu. Die Klägerin sei, da das Beschäftigungsverhältnis beendet gewesen sei, auf ähnliche oder gleich geartete Tätigkeiten verweisbar. Für die Tätigkeit als Briefverteilerin sei eine Ausbildung nicht erforderlich gewesen, die Klägerin habe nach einer Anlernzeit von wenigen Wochen dieser Arbeit nachgehen können. Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin Ende Februar 1996 geendet habe und sie seitdem arbeitslos gewesen sei, wobei es auf eine Meldung beim Arbeitsamt nicht ankomme, sei der Zumutbarkeitsrahmen heranzuziehen, der gemäß § 103 Abs 2 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) durch die Zumutbarkeits-Anordnung der Bundesanstalt für Arbeit abgesteckt worden sei. Nach der Zumutbarkeits-Anordnung vom 16.3.1982 sei der Zumutbarkeitsrahmen jedenfalls sechs Monate nach Beginn der Arbeitslosigkeit derart erweitert, dass die Klägerin, die lediglich eine Anlernausbildung durchlaufen habe, in alle übrigen Beschäftigungen habe vermittelt werden können. Während dieses Zeitraumes der Arbeitslosigkeit sei jedenfalls bei Ungelernten bzw bei einer Anlerntätigkeit wie bei der Klägerin keine konkrete gleich geartete Tätigkeit zu benennen. Es kämen jedenfalls ab 1.9.1996 eine Vielzahl von leichten Arbeiten in Betracht, die entsprechend dem Leistungsbild der Klägerin vollschichtig im Wechsel von Sitzen und Stehen, ohne besonderen Zeitdruck und ohne die weiteren im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik genannten Funktionseinschränkungen verrichtet werden könnten. Hilfsweise sei es auch möglich, sie auf Tätigkeiten des Büro- und Verwaltungsbereichs zu verweisen, die in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes genannt seien. Diese Tätigkeiten entsprächen dem Leistungsbild der Klägerin, wobei zusätzlich darauf hinzuweisen sei, dass sie bereits früher als Büroschreibkraft gearbeitet habe.
Gegen das ihr am 22.4.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.5.1999 Berufung eingelegt.
S...