Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Institutsermächtigung für Geburtshilfe. Ermessensentscheidung der Zulassungsinstanz. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Institutsermächtigung nach § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä bzw § 9 Abs 2 Nr 2 EKV-Ä ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich wegen des Erfordernisses einer Genehmigung nach der Ultraschallvereinbarung um qualifikationsgebundene Leistungen handelt.

2. Im Rahmen der Ermessensentscheidung über eine solche Institutsermächtigung kann die Zulassungsinstanz berücksichtigen, dass wegen vorhandener und noch möglicher persönlicher Ermächtigungen ein Schutzbedürfnis des Krankenhauses nicht besteht.

 

Orientierungssatz

Der Schutz der Gesundheit der Patienten, der mit dem Genehmigungserfordernis nach der Ultraschallvereinbarung sichergestellt wird, rechtfertigt den mit der Ablehnung einer Institutsermächtigung verbundenen Eingriff in die Freiheit eines Krankenhauses, ein Gewerbe zu betreiben.

 

Normenkette

BMV-Ä § 5 Abs. 2 Nr. 2; EKV-Ä § 9 Abs. 2 Nr. 2; SGB V § 135 Abs. 2; GG Art. 12

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.01.2017; Aktenzeichen B 6 KA 11/16 R)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 28.1.2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Erteilung einer Institutsermächtigung für die geburtshilfliche Abteilung des Krankenhauses der Klägerin.

Die Klägerin, ein nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus, beantragte im August 2011 bei dem zuständigen Zulassungsausschuss für ihre geburtshilfliche Abteilung die Erteilung einer Institutsermächtigung. Zur Begründung führte sie aus, um die Geburtsplanung unabhängig von einzelnen Krankenhausärzten sicherzustellen, sei es erforderlich, das Krankenhaus als Institut für diese Leistung zu öffnen. Im Zeitpunkt der Antragstellung waren zwei Ärzte des Klinikums persönlich zur Erbringung der Leistung nach der Gebührenordnungsposition (GOP) 01780 (Planung der Geburtsleitung durch den betreuenden Arzt der Entbindungsklinik gemäß den Mutterschafts-Richtlinien) ermächtigt. Der Versorgungsgrad im Planungsbereich Stadt L betrug 117,6 %; es waren Zulassungssperren angeordnet.

Mit Bescheid vom 4.1.2012 lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag auf Erteilung einer Institutsermächtigung nach § 31 Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - Ärzte-ZV - iVm § 5 Abs 2 Nr 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte - BMV-Ä - ab, da eine Institutsermächtigung im Verhältnis zu den persönlichen Ermächtigungen der Krankenhausärzte nachrangig sei; einer Institutsermächtigung stehe ferner entgegen, dass die Durchführung und Berechnung der beantragten Leistung nach GOP 01780 die Genehmigung der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) voraussetze. Zur Begründung ihres Widerspruchs machte die Klägerin geltend, § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä sei kein Vorrang-Nachrangverhältnis zugunsten persönlicher Ermächtigungen zu entnehmen; der Zulassungsausschuss habe verkannt, dass organisatorische Belange des Krankenhauses nicht nur zu berücksichtigen, sondern ausschlaggebend seien und anspruchsbegründend wirkten.

Durch Bescheid vom 30.3.2012 (der Klägerin zugestellt am 2.4.2012) wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er aus: Eine Institutsermächtigung nach § 31 Abs 1 Ärzte-ZV komme wegen Fehlens eines Versorgungsdefizits nicht in Betracht. Aber auch eine Ermächtigung nach § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä scheide aus, selbst wenn man davon ausgehe, dass § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä nicht von einem Vorrangverhältnis von Ermächtigungen für Krankenhausärzte gegenüber Institutsermächtigungen ausgehe. Die Erteilung einer Ermächtigung nach § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Zulassungsstelle. Einer Institutsermächtigung ohne jede Einschränkung stehe vorliegend von vornherein entgegen, dass die Abrechnung von Leistungen nach der GOP 01780 eine Genehmigung der KÄV nach der Ultraschallvereinbarung gemäß § 135 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erfordere. Solche Leistungen könnten nicht Gegenstand einer Institutsermächtigung sein (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - 11.12.2002 - B 6 KA 32/01; BSG 1.7.1998 - B 6 KA 44/97 R). Das decke sich mit der Regelung in Nr 4 der Mutterschaftsrichtlinien in Verbindung mit deren Abschnitt A 6, wonach nur die Ärzte sonographische Untersuchungen ausführen dürften, die die Leistungen nach ihren Kenntnissen und Erfahrungen erbringen könnten. Anderenfalls sei nicht gewährleistet, dass die Qualitätserfordernisse, derentwegen die Abrechnungsberechtigung an eine Genehmigung geknüpft sei, in jedem Fall eingehalten würden. Zwar sei nicht zu verkennen, dass bei dieser Auslegung der einschlägigen Vorschriften eine uneingeschränkte Institutsermächtigung regelmäßig nicht in Betracht komme, obwohl § 5 Abs 2 Nr 2 B...

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