Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung des Versorgungsvertrags für eine Pflegeheim
Orientierungssatz
Zur Kündigung des Versorgungsvertrags für ein Pflegeheim wegen fehlender Kooperation des Heimträgers bei einer anlaßlosen Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26.4.2005 wird zurückgewiesen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
3. Die Beklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die durch die Beklagten ausgesprochene Kündigung des Versorgungsvertrages für die Seniorenpflegeeinrichtung F; die Beklagte begehrt im Wege der Widerklage die Feststellung, dass sie berechtigt ist, bei der Klägerin eine Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) vorzunehmen.
Die Klägerin, die früher unter D Gesundheitsdienste W gGmbH firmierte und Mitglied des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes ist, betreibt u. a. die Seniorenpflegeeinrichtung F in Bayern. Ab dem 1.7.2000 galt zwischen der Klägerin und den Beklagten der im Einvernehmen mit dem Bezirk S als dem örtlich zuständigen überörtlichen Sozialhilfeträger geschlossene Versorgungsvertrag gemäß § 72 SGB XI für vollstationäre Pflege.
Mit Schreiben vom 10.8.2001 teilten die Beklagten der Klägerin mit, sie beabsichtigten, in der Einrichtung F eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 79 Abs. 1 Satz 1 SGB XI durchzuführen. Die Klägerin werde vor Bestellung des Sachverständigen gehört. Anhaltspunkte für eine Prüfungsverpflichtung bestünden nicht. Die Einrichtung sei wegen der höheren Pflegesätze im Vergleich zu anderen Einrichtungen ausgewählt worden. Ferner benannten die Beklagten den Prüfungszeitraum, bezifferten die Prüfungskosten, schlugen einen Sachverständigen namentlich vor und baten um Zustimmung zur Auswahl des Sachverständigen. Im Schreiben an die Beklagten vom 13.9.2001 bat die Klägerin u. a. um Mitteilung, welche objektiven Kriterien dem Vergleich der Pflegesätze der eigenen Einrichtung mit denen anderer Einrichtungen zu Grunde gelegt würden. Die Pflegesätze der eigenen Einrichtung seien niedrig. Ferner mögen die weiteren Vergleichseinrichtungen benannt werden. In ihrem Schreiben an die Klägerin vom 18.10.2001 erteilten die Beklagten ergänzende Hinweise zur beabsichtigten Wirtschaftlichkeitsprüfung und teilten mit, dass unter Berücksichtigung entsprechender Sorgen der Einrichtungen die Daten zur Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nur dem Prüfer übergeben und von diesem nicht weitergeleitet werden sollten. Mit Schreiben vom 24.10.2001 beanstandete die Klägerin, dass die Vergleichsmaßstäbe bislang noch nicht mitgeteilt worden seien; es bestünden keine detaillierten Regelungen über die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze; daher sei eine vorherige Aufklärung unumgänglich. Ein Einvernehmen mit dem benannten Prüfer und den angesprochenen Verfahrensabläufen werde nicht erklärt, weil eine Wirtschaftlichkeitsprüfung gesetzeskonform nicht erfolgen könne. Mit Schreiben vom 29.10.2001 teilten die Beklagten mit, bei Methodik und Maßstäben der Prüfung setze sie auf Vergleichbarkeit und internen Zeitreihenvergleich; der Verfahrensablauf sei im Einzelnen mit dem Prüfer zu besprechen. Mit Schreiben vom 3.6.2002 erklärte die Klägerin, nach Auffassung ihres Spitzenverbandes, des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, seien die Prüfungsgrundsätze zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen bisher nicht geklärt; die derzeitige Rechtslage lasse Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach einheitlichen Maßstäben nicht zu. Mit Schreiben vom 4.12.2002 erklärte die Beklagte, sie beabsichtige das bestehende Vertragsverhältnis wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 74 SGB XI zum 31.12.2003 zu kündigen; die Klägerin erhalte Gelegenheit, sich hierzu bis zum 18.12.2002 zu äußern. Der Bezirk S erteilte am 5.12.2002 sein Einverständnis zur Kündigung des Versorgungsvertrages. Mit Schreiben vom 17.12.2002 bestätigte die Klägerin ihre bisherige Auffassung. Mit Bescheid vom 29.1.2003, der Klägerin zugegangen am 3.2.2003, kündigten die Beklagten den mit der Klägerin seit dem 1.6.1998 bestehenden Versorgungsvertrag für die Einrichtung F gemäß § 74 SGB XI außerordentlich zum 31.1.2004, hilfsweise ordentlich. Sowohl die generelle Verweigerung wie auch die Weigerung, dem Sachverständigen die für die Wahrnehmung seiner Aufgaben notwendigen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, stelle einen erheblichen Verstoß gegen gesetzlich und vertraglich begründete Mitwirkungspflichten dar, der geeignet sei, die Vertrauensbasis der Zusammenarbeit zu erschüttern und die Fortsetzung des Versorgungsvertrags unzumutbar zu machen.
Hiergegen hat die Klägerin am 3.3.2003 Klage beim Sozialgericht (SG) Mainz erhoben. Durch Beschluss vom 12.1.2004 - S 4 ER 42/03 P - hat das SG die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Mit Urteil...